Christl
erfahrenes Mitglied
Bei einer Podiumsdiskussion der Leipziger Buchmesse unter dem Titel "Zerfällt die EU, wenn "wir" beitreten?" brachten slowenische und kroatische Autoren Befürchtungen zum Ausdruck, die EU-Mitgliedschaft ihres Landes könnte zu einem Sozialabbau führen.
Der kroatische Anglist, Germanist und Romanautor Franjo Janeš meinte, als Angehöriger der jungen Generation könne er von der neuen Flexibilität und Mobilität profitieren. Als Werftarbeiter hingegen würde er Angst haben, weil die Werften geschlossen würden und es für Arbeiter schwer werde. "Ich sehe Europa als kulturellen Raum, zu dem man selbstverständlich dazugehören sollte", sagte der kroatische Herausgeber, Literaturkritiker und Autor, Robert Peričić. Doch werde die Tradition des Sozialstaats zerstört. Politisch bringe die EU Gutes, nämlich Stabilität, wirtschaftlich nicht. "Ich glaube nicht, dass wir das Glück haben werden, den Euro einzuführen", sagte Peričić. Die südlichen Länder hätten den Nachteil deindustrialisiert zu sein.
Die slowenische Schriftstellerin Mojca Kumerdej sieht für Europa "keine helle Zukunft": Die richtige ethische Position wäre es jetzt, sich dem Kapitalismus entgegenzustellen. Ihr Landsmann, der Autor Miha Mazzini, sagte, bis in die 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts wären die Gehälter angestiegen, dann wäre die Produktivität der Menschen nicht mehr zu steigern gewesen, weshalb die amerikanischen Arbeiter begonnen hätten länger zu arbeiten. "Da wir auch Schlaf brauchen, ist das Prinzip in den 80ern stehen geblieben", meinte Mazzini. "Dann hatten Thatcher und Reagan eine geniale Idee: Die Kreditkarte." Arbeiter hätten von da an auf Kredit leben können. "Wir haben jetzt keine Krise, sondern es sind die Rechnungen für die Kredite gekommen", sagte der Autor aus Ljubljana. Ein System sei auseinandergebrochen.
"Nicht mit allen Thesen" einverstanden erklärte sich sein kroatischer Kollege Peričić, der mehr auf die Ideologie abstellte: Der Neoliberalismus präsentiere sich als Wahrheit. Im ehemaligen Jugoslawien und im östlichen Europa könne man aber nicht behaupten, dass es die Überzeugung gebe, die freie Marktwirtschaft sei eine Lösung. "In Kroatien hat sie sich als massenweise Privatisierung von sozialen Einrichtungen dargestellt. Wenn es so einen Prozess in Schweden gäbe, würde dort auch das Chaos ausbrechen, und es würde Korruption geben." Es habe kein Nachdenken über die Logik einer freien Marktwirtschaft stattgefunden, weil die sozialistische Vergangenheit ein Tabu sei, klagte Robert Peričić. "Die osteuropäischen Länder sind deshalb viel mehr im Neoliberalismus verwurzelt als andere Länder."
Es wäre falsch den Staat Jugoslawien zu idealisieren, entgegnete demgegenüber Franjo Janeš. "Es war ein abscheuliches System, ein besseres Vorbild wäre in Skandinavien zu finden." Gleichzeitig räumte er ein, dass seine Heimat "eine wilde Variante des Neoliberalismus erlebt" habe. Allerdings habe es gar keinen freien Markt gegeben: "Ohne Bestechung und Verbindungen konnten wir im Markt gar nichts erreichen", sagte Janeš. Dem müssten sich die Staatsmänner und -frauen entgegenstellen, um den Sozialstaat zu retten, forderte die slowenische Autorin Kumerdej. "Das Problem ist jetzt, dass die Kultur als Parasit angesehen ist", sagte sie. "Die Neoliberalisten sehen die Kultur zum Abschuss bereit", denn was auf dem Markt nicht überleben könne, habe von dort zu verschwinden.
Quelle: ORF Volksgruppen
Der kroatische Anglist, Germanist und Romanautor Franjo Janeš meinte, als Angehöriger der jungen Generation könne er von der neuen Flexibilität und Mobilität profitieren. Als Werftarbeiter hingegen würde er Angst haben, weil die Werften geschlossen würden und es für Arbeiter schwer werde. "Ich sehe Europa als kulturellen Raum, zu dem man selbstverständlich dazugehören sollte", sagte der kroatische Herausgeber, Literaturkritiker und Autor, Robert Peričić. Doch werde die Tradition des Sozialstaats zerstört. Politisch bringe die EU Gutes, nämlich Stabilität, wirtschaftlich nicht. "Ich glaube nicht, dass wir das Glück haben werden, den Euro einzuführen", sagte Peričić. Die südlichen Länder hätten den Nachteil deindustrialisiert zu sein.
Die slowenische Schriftstellerin Mojca Kumerdej sieht für Europa "keine helle Zukunft": Die richtige ethische Position wäre es jetzt, sich dem Kapitalismus entgegenzustellen. Ihr Landsmann, der Autor Miha Mazzini, sagte, bis in die 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts wären die Gehälter angestiegen, dann wäre die Produktivität der Menschen nicht mehr zu steigern gewesen, weshalb die amerikanischen Arbeiter begonnen hätten länger zu arbeiten. "Da wir auch Schlaf brauchen, ist das Prinzip in den 80ern stehen geblieben", meinte Mazzini. "Dann hatten Thatcher und Reagan eine geniale Idee: Die Kreditkarte." Arbeiter hätten von da an auf Kredit leben können. "Wir haben jetzt keine Krise, sondern es sind die Rechnungen für die Kredite gekommen", sagte der Autor aus Ljubljana. Ein System sei auseinandergebrochen.
"Nicht mit allen Thesen" einverstanden erklärte sich sein kroatischer Kollege Peričić, der mehr auf die Ideologie abstellte: Der Neoliberalismus präsentiere sich als Wahrheit. Im ehemaligen Jugoslawien und im östlichen Europa könne man aber nicht behaupten, dass es die Überzeugung gebe, die freie Marktwirtschaft sei eine Lösung. "In Kroatien hat sie sich als massenweise Privatisierung von sozialen Einrichtungen dargestellt. Wenn es so einen Prozess in Schweden gäbe, würde dort auch das Chaos ausbrechen, und es würde Korruption geben." Es habe kein Nachdenken über die Logik einer freien Marktwirtschaft stattgefunden, weil die sozialistische Vergangenheit ein Tabu sei, klagte Robert Peričić. "Die osteuropäischen Länder sind deshalb viel mehr im Neoliberalismus verwurzelt als andere Länder."
Es wäre falsch den Staat Jugoslawien zu idealisieren, entgegnete demgegenüber Franjo Janeš. "Es war ein abscheuliches System, ein besseres Vorbild wäre in Skandinavien zu finden." Gleichzeitig räumte er ein, dass seine Heimat "eine wilde Variante des Neoliberalismus erlebt" habe. Allerdings habe es gar keinen freien Markt gegeben: "Ohne Bestechung und Verbindungen konnten wir im Markt gar nichts erreichen", sagte Janeš. Dem müssten sich die Staatsmänner und -frauen entgegenstellen, um den Sozialstaat zu retten, forderte die slowenische Autorin Kumerdej. "Das Problem ist jetzt, dass die Kultur als Parasit angesehen ist", sagte sie. "Die Neoliberalisten sehen die Kultur zum Abschuss bereit", denn was auf dem Markt nicht überleben könne, habe von dort zu verschwinden.
Quelle: ORF Volksgruppen