Ein Herbst in Istrien

Heiko705

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Teil 13:

Am frühen Nachmittag fuhren wir in Richtung der Halbinsel Stoja. Richtig heiß war es geworden – die optimale Zeit zum Baden. In der Bucht Valovine hielten wir. Es war windig und wir hatten einen fantastischen Wellengang. Das Wasser peitschte nur so gegen das Ufer und schaukelte die kleinen Boote mal richtig durch. Inmitten der Bucht liegt die Lounge Bar Mares, zu der ein Steg hinaus führt. Das sah klasse aus. Ein beeindruckender Ort. Unser Ziel war jedoch der Möwenfelsen in der benachbarten Bucht Mužilj. Im Wald zwischen den beiden Buchten waren einige Camper anzutreffen und manche von ihnen hatten das gleiche Ziel wie wir. Wir parkten im Wald und liefen den Rest. Der Schweiß tropfte auf den staubigen Boden – es schrie geradezu nach einer Abkühlung. Auf der linken Seite schaute die Festung Ovine am Kap Valovine aus dem noch immer satten Grün hervor. Dann ging es auf Treppenstufen hinunter an den kleinen Ciklonska Plaža. Bei dem Strand ist der Name wohl Programm. Monströse Wellen wälzten sich den Kies hinauf. Marcos und meine Augen leuchteten. Und von diesem kleinen Strand aus kraxelten wir nach Westen über die Felsen. Hier waren wir – der Möwenfelsen. Unterhalb der grünen Kiefern klatschte das Wasser an die schroffen Felsen. Das Wasser spritze derart, dass man noch 15 Meter weiter nass wurde. Richtig spektakulär. Das ist die wilde Küste Istriens.

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Die Bar in der Bucht Valovine

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Raue See

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Ciklonska Plaža

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An den Felsen

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Die Möwenfelsen

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Felsen-Spaziergang

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Einfach nur herrlich!

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Klatschende Wellen

Wir entschlossen uns spontan, am kleinen, wilden „Zyklonenstrand“ zu bleiben und hier zu baden. Ursprünglich wollten wir am Njive Strand am Kap Kamenjak baden, doch hier war es einfach zu schön. Meine Badesachen hatte ich noch im Auto, rannte also schnell zurück und holte sie. In der Festung zog ich mich schnell um. Und dann hatten wir eine einfach nur herrliche Zeit hier. Wir waren ja erst das zweite Mal baden im Urlaub und genossen es, uns hier am Strand der Sonne und dem Wind ganz hinzugeben. Vor uns stürzten sich auch Andere waghalsig in die Fluten, doch an ein geordnetes Schwimmen war bei dem Wellengang natürlich nicht zu denken. Dann versuchte auch ich es und stürzte bei einer Welle über einen Felsen. Mein Bein blutete, doch es sah natürlich schlimmer aus als es war. Marco war erfolgreicher. Dann dösten wir am Strand vor uns hin. Es war herrlich. Wir lagen dort so lang, bis sich der Himmel wieder zuzog.

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Beim Baden

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Willkommene Erfrischung

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Im Wasser

Gegen halb vier parkten wir oberhalb der Safari Bar am Aussichtsturm am Kap Kamenjak. Man muss über die staubigen Pisten weit hier herunter fahren. Es ging eine unglaubliche Brise. Richtig stürmig. Ein einsames Segelboot zog in der Ferne seine Bahnen. Man musste sich die Mütze festhalten, sonst flog sie davon. Auf den Turm kommt man über eine Art Strickleiter. Oben war es noch windiger. Zum ersten Mal war ich am Kap Kamenjak und sah den Porer Leuchtturm in der Ferne. Unser erster Weg führte uns hinunter zu den Klippen am Strand Mala Kolumbarica. Das Wasser peitschte und schäumte über die Felsen wie ein wilder Stier. Nur wenige Menschen waren hier unterwegs, was angesichts des Windes auch nicht verwunderlich war. Ich habe mal gelesen, im Süden gehe ein guter Wind, auf den die Surfer sich stets verlassen könnten. Das hatte man ja auch bereits am Möwenfelsen gemerkt. Deshalb gibt es auch rund um das Kap etliche Surfstationen. Aber so extrem wird es ja wohl nicht immer sein, oder?

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Am kleinen Aussichtsturm

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Die Klippen am Kap

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Blick zum Leuchtturm

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Herrliche Aussichten

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Markante Felsformation

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Spaziergang am Kap

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Weg überm Wasser

Hier am Kap bei diesem Wetter über die Felsen zu springen war eine Erfahrung für sich und etwas Besonderes. Es gibt hier eine bestimmte Stelle, die bei Klippenspringern sehr beliebt ist. Wir schauten in die breite Felsnische und staunten. Im Osten liegt der Strand Velika Kolumbarica. Hier gibt es mitten in den Felsen ein abgesperrtes Loch. Wenn man hineinschaute, sah man unten das Wasser wüten. Direkt unterhalb steht eine markante Klippe mitten im Wasser, die sicher jedem geläufig ist, der ab und an hier vorbei kommt. Wir hatten mit dem Gedanken gespielt, vom Sportflugplatz Medulin aus einen Rundflug zu machen, sahen aber aufgrund der Windstärke und des dunklen Himmels davon ab.

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Felsen in der Nähe des Velika Kolumbarica

Dann liefen wir zurück und erkundeten die Safari Bar und die vielen kleinen Accessoires, die es in ihr zu entdecken gilt, als da wären Bambuswände und –tische, Schaukeln, alte Töpfe, hängende Lampen, Baumstümpfe zum Sitzen, alte Wagenräder und vieles mehr, und alles ist durch Schilf, Bambus und Bäume nahezu überdacht, so dass man hier nicht nass werden sollte, wenn es regnete. In manchen ruhigen Ecken hatten Besucher es sich bereits gemütlich gemacht. Ein Bambusiglu war von einer Dame in Beschlag genommen, und sie las gemütlich. Hier findet jeder sein Rückzugsgebiet. Wir kamen an eine Holzrutsche. Beim Herunterrutschen drehten sich die runden Holzkugeln und beförderten einen so bis nach unten. Ein junges Ehepaar lachte, als sie uns sahen, und sagten, dass die Rutsche keine angenehme Sache wäre. Das probierte ich kurzerhand aus. So schlimm war es gar nicht. Mein Hintern hatte bei Gelegenheit schon mehr weh getan. Der Herr hinter dem Verkaufstresen wollte schon zusperren, aber Marco überredete ihn, uns noch zwei Dosen Ožujsko zu verkaufen, die wir an einem Tisch mit Blick auf's Wasser genossen.

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In der Safari Bar

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Urige Sitzmöglichkeiten

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Bambus-Iglu

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Schaukel

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Marco auf der Schaukel

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Ein Ožujsko in der Safari Bar

Als wir genug Kap-Atmosphäre in uns aufgesogen hatten, fuhren wir 25 Kilometer nach Norden an die Westküste nach Fažana. Hier sprechen 90 % der 3.500 Einwohner Kroatisch. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Fažana eine der größten Sardellenfabriken in Istrien. Die Bewohner sind bis heute weitestgehend dem Fischfang treu geblieben. Das Auto wurde am Friedhof an der Crkva sv. Ivana Apostola abgestellt, und durch die hübschen, engen, mit bunten Fensterläden und sehenswerten Steinhäusern überzeugenden Gassen erkundeten wir den alten Ortskern. Es gibt hübsche Plätze mit nicht wenigen Konobas. Dann kamen wir zum kleinen Hafen und liefen die lange, gebogene Hafenmole herunter. Von hier zeigt sich die ganze Schönheit Fažanas. Die Silhouette des Ortes mit seinen bunten Häusern und der Kirche Sv. Kuzma i Damjan ist überwältigend – ein noch immer sehr hübscher, kleiner Fischerort. Wir waren nicht die Einzigen, die von hier Fotos schossen. Eine kleine Gruppe Jugendlicher tat es uns gleich. Die Seile an den Masten der Boote flatterten im Wind schlugen gegen die Masten. Von überall her kamen diese typischen Geräusche. Das Wasser klatschte regelmäßig über die Mauern auf die Gehwege und stand bereits auf dem ganzen Platz vor der Kirche. Auch Fažana hatte mit dem Wind zu kämpfen. Man musste aufpassen, wohin man trat, um trockenen Fußes ans Ziel zu kommen.

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In den Gassen Fažanas

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Fensteridyll

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Bunte Häuser

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Herrliche Plätze

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An der Hafenmole

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Schaukelnde Boote

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Sehenswerte Hafengebäude

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Das herrliche Fažana

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Der herrliche Hafen

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Kirche Sv. Kuzma i Damjan

Wir zogen weiter durch die Gassen und kamen gerade zur Maria-vom-Berg-Karmel-Kirche mit ihrer kleinen Loggia, als wir sahen, dass sich im Hafen ein herrlicher Sonnenuntergang anbahnte. Also nichts wie zurück. Der Horizont färbte sich gelb, orange, rot, rosa bis lila, was zusammen mit den klatschenden Wellen und den schaukelnden Booten eine ganz herrliche Stimmung ergab. Ich schmunzelte über Marco, der natürlich ganz nach vorn ans Wasser gehen musste, um das perfekte Bild zu machen, sich aber dann fürchterlich aufregte, als er auf einmal klatschnass war. So genug nun – wir wollten was essen und setzten uns in die gemütliche Konoba Stara Fažana. Kaum waren wir drinnen, begann wieder der Regen. Ich bestellte hausgemachtes Brot mit einer Kabeljau-Paté, was sehr lecker war, gefolgt von einer Minestrone und einer Goldbrasse mit Pampe – äh, ich meine natürlich Mangoldkartoffeln. Auch Marco hatte eine Goldbrasse, war aber etwas betrübt, weil sein Fisch nicht besonders fotogen war, ja etwas zerfleddert aussah. Ich stimmte ihm zu, dass man so einen Fisch eigentlich nicht mehr unbedingt einem Kunden vorsetzen muss. Aber wie auch immer – geschmeckt hat alles wirklich gut.

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Maria-vom-Berg-Karmel-Kirche

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Das Tageslicht schwindet

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Sonnenuntergang

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Rustikales Ambiente

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Goldbrasse

Zum Rauchen mussten wir uns natürlich vor den Eingang stellen, wozu ich dann regelmäßig mein Weinglas mitnehme. Ich mache das eben so. Ohne ein Bier oder ein Glas Wein brauche ich in der Regel auch keine Zigarette. Hier kamen wir dann mit einigen Saarländern ins Gespräch, die auf einem nahen Campingplatz wohnten. Eigentlich wollten sie nach Frankreich, doch da fast das ganze Land mittlerweile zum Risikogebiet ausgelobt wurde, hatten sie ihre Pläne kurzerhand geändert. Wir stellten fest, dass wir bis auf den Kilometer genau den gleichen Anfahrtsweg hatten. Welch ein Zufall! Mit dem bärtigen Herrn und seiner blonden Frau, welche Teil einer Gruppe waren, tauschten wir allerlei Kroatienerfahrungen aus und verabschiedeten uns schließlich.

Als wir in Rovinj ankamen, schauten wir spaßeshalber noch mal genau auf dem Parkplatz, ob denn unsere Kühlbox nicht noch irgendwo stehen würde, doch fanden selbstverständlich nichts. An unserer Ferienwohnung trafen wir Ivanka, die der Meinung war, beim Neubeziehen der Betten eine blaue Kühlbox in der Küche gesehen zu haben. Das konnte doch nicht sein, oder? Wir gingen hinauf, und da stand sie ganz unschuldig. Nicht zu fassen. Ich hätte schwören können, sie am Morgen mit zum Parkplatz genommen zu haben. Da hatte ich mich wohl gründlich geirrt. Wegen des Regens machten wir es uns heute am Küchentisch bequem und genossen den Rest unseres leckeren Teraninos.
 

baskafan

Adriasüchtiger
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Danke Heiko für diesen schönen Bericht. Auch ich genoss einen stürmischen Tag am Kamenjak. Es war vor nicht ganz 50 Jahren (etwa 1972) dieser Wellengang war so herrlich, da musste ich unbedingt rein. Ein zerschundenes Knie war die Folge, aber das war es wert.
Beim Rückweg kamen wir zur Ostseite von Kamenjak - dort war das Meer dann ganz ruhig - so konnte dann auch Hermi bequem schwimmen. (vom Wind abgelegene Seite)

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Julia 35

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Haha, wenn man in dieser "schwimmenden" Bar sitzt, und die Riesenwellen kommen, kann es auch lustig werden:p

Fazana ist der Hit, gefällt mir auch sehr gut. Ich war vor Jahrzehnten einmal dort.
Hat sich aber kaum verändert.

Danke Heiko für die wahnsinnig schönen Berichte und die tollen Bilder dazu.

Wünsche dir und Marco auch wunderbare Weihnachten.

Freue mich auf die Fortsetzung!
 

Heiko705

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Hehe, vielen Dank für Dein Bild, Hannes. Ja, auch mein Bein hat etwas geblutet. Egal. Ich musste einfach rein.
 

t-kal

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Moin Heiko,

kann mich nur wieder anschließen: Top Berichte und tolle Bilder!!!
Habe ein Foto an den Klippen beim Kap Kamenjak in fast gleicher Position wie du gemacht.
Allerdings in der Hochsaison in 2017 ... der Untschied ist schon krass. Diese Menschenmengen!
Damals ist alle Minute jemand von den verschiedenen Klippenhöhen gesprungen:

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claus-juergen

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hallo Heiko,

nun finde ich endlich Zeit, in Ruhe deinen letzten Teil des Reiseberichts noch einmal durchzulesen. Gleich vorab die Frage. Wo gefällt es euch besser: Valovine oder Kamenjak?

Da ich natürlich beide Örtlichkeiten recht gut kenne, habe ich hier noch den Verweis auf zwei Berichte von mir.

https://www.adriaforum.com/kroatien/threads/stoja-bei-pula-eine-idyllische-bucht-verändert-sich.84867/#post-954763

Ich gehe mal davon aus, daß es euch insbesondere an der Bar der Wakeboardanlage recht gut gefallen hat. Sind dort doch viele braun gebrannte und hübsche junge Mädels anzutreffen.

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Auch ich bin vor Ort plötzlich zum Fan dieser Sportart mutiert. :)

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Einen Ausflug in die jüngere Geschichte des Landes findest du hier:

https://www.adriaforum.com/kroatien...wie-zu-zeiten-jugoslawiens.74984/#post-850023

grüsse

jürgen
 
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Heiko705

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Die Bar in der Bucht Valovine haben wir leider nur von weitem gesehen. Die Möwenbucht (Bucht Mužilj) war fantastisch, doch lässt sie sich schlecht mit dem Kap Kamenjak vergleichen. Das Kap ist nunmal viel größer. Deswegen fällt es mir schwer zu sagen, was mir besser gefiel.
 

Heiko705

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Teil 14:

Tag 08 – Alte Gemäuer (Kroatische Frauen sind schwer zu bekommen)
Samstag, der 26.09.2020:

Die erste Woche des Urlaubs lag hinter uns. Wir frühstückten heute erst gegen 9, um uns etwas mehr Zeit zu lassen. Das Wetter war – na ja. Zunächst einmal zog es uns nur ca. 20 Kilometer in den Osten. Die Ruinenstadt Dvigrad war das anvisierte Ziel. Niemand war da. Wir wunderten uns über den kleinen Imbiss, der unterhalb der alten Stadt an der Seite des Parkplatzes seinen Standort hat. Irgendwie scheinen die Kroaten bei jeder sich bietenden Sehenswürdigkeit einen Imbiss aufzumachen oder Waren verkaufen zu wollen. Nun, in der Hauptsaison mag sich das vielleicht lohnen, aber Ende September – und noch dazu in diesem von der Coronakrise gebeutelten Jahr – natürlich nicht mehr. Kein Wunder, dass er bereits geschlossen war.

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Blick auf Dvigrad von der Straße

Erbaut wurde die verfallene Stadt auf den Resten einer prähistorischen Siedlung. Im Mittelalter wüteten die Pest und Malaria im Ort. Dvigrad wurde im Jahre 1631 von fast allen Einwohnern verlassen. Der Grund scheint unbekannt zu sein. Um 1700 waren dann auch die letzten Einwohner verschwunden. Im Mittelalter war es ein bedeutendes Handelszentrum. Der Name kommt wohl daher, dass hier ursprünglich zwei Burgen standen, zwischen denen eine Siedlung entstand, in der einst 1.000 Einwohner lebten.

Ein alter Turm und einige Mauern sind bereits von Weitem zu sehen. Wir stiegen hinauf. Viele Gebäude hat das Efeu erobert. Steigt man erst mal hinauf durch die verschieden Gänge zwischen den alten Mauern und gelangt hinter den Turm, merkt man, wie groß das Gelände ist. Die Ruinenstadt ist viel größer, als man es sich von unten erträumen mag. Auch hier war Marco schon einmal. Gelangt man an das Ende des Komplexes, steht man vor einem großen, wahrscheinlich dem größten Gebäude, welches bei Marcos erstem Besuch geschlossen war. Es gibt wahrlich sehr viele alte Gassen, die es zu erkunden galt und auch sehr viele einzelne Häuser. Ich war beeindruckt, denn ich liebe solche alten Gemäuer. Als wir ganz oben angelangt waren, gesellten sich doch wirklich drei weitere Schaulustige zu uns. Es waren Kroaten, wie wir später an deren Nummernschild erkannten, doch deren Interesse war nicht kleiner als das Unsrige.

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Der Turm

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Der Pfad hinauf

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Der Turm ist im Innern hohl

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Auch hier führt der Pfad hindurch

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Alte Mauern

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Der Weg hinauf

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Ganz oben angelangt

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Herrliche Atmosphäre

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Am oberen Platz

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Das große Gebäude

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Vor dem Eingangstor

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Im Hauptgebäude

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Blick in die andere Richtung

Ich setzte meine Erkundung fort. Ein Rundgang führt seitlich aus dem verfallen Ort hinaus. Auf ihm geht man am gesamten Objekt vorbei und kommt davor wieder hinaus. Dann entdeckte ich einen Bereich, der abgesperrt war. Hier plant man, einen Teil der alten Mauern wieder aufzubauen. Es sah ja niemand, also ging ich hinein. Auch diesen Teil wollte ich natürlich sehen. Mit den Arbeiten war man jedoch noch nicht weit vorangeschritten. Als wir wieder hinaus kamen, trauten wir unseren Augen nicht. Der Imbiss wurde aufgemacht. Haha. Also warteten wir, bis die Dame und der Herr soweit waren. Auf unsere Frage hin, ob sich das Öffnen der kleinen Lokalität denn jetzt wirklich noch lohne, wurden wir mit einem skeptischen Blick bedacht. Dann nahmen wir ein zweites Frühstück in Form zweier Schoko-Palačinke und einem türkischen Kaffee zu uns. Gegen Mittag brachen wir auf.

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Im Innern des Komplexes

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Hier führt der Weg aus dem Objekt hinaus

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Tor

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Rückweg

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Rundgang vorbei am Objekt

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Ruine am äußeren Weg

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Am Imbiss

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Kleine Pause

Dann erreichten wir das kleine Städtchen Svetvinčenat. Der Ort wurde bereits im 6. Jahrhundert erstmals geschichtlich erwähnt. Das manchmal eher etwas unscheinbar wirkende Kleinod ist im Sommer jedoch Schauplatz zahlreicher Weinfeste, Jazzfestivals und mittelalterlichen Events. Am großen Hauptplatz war ich durchaus beeindruckt. Dort befindet sich ein sehenswerter Brunnen, aber auch das venezianische Kastell Grimani-Morosini, die Stadtloggia und die Gemeindekirche Maria Verkündigung. Aber auch zahlreiche andere alte Gemäuer umgeben den auch als Placa bekannten Renaissance-Platz. Man hatte hier schon einen imposanten Rundumblick, wenn auch die Straßen feucht und der Himmel grau waren. In der Loggia war Einiges zugange. Probte man für ein Musikstück? Ich kann es nicht sagen. Einige Herren und Damen in feinsten Anzügen waren hier.

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Am Placa mit Brunnen und Gemeindekirche Maria Verkündigung

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Die Kirche

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In der Kirche

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Die Loggia

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Kastell Grimani-Morosini

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Der Turm des Kastells

Das Kastell ist natürlich die Sehenswürdigkeit des Ortes. Die große und breite Frontmauer mit dem Eingangstor und dem Uhrturm auf der rechten Seite ist etwas Besonderes. Wir begaben uns hinein. Im Innenhof kam uns ein werter Herr entgegen, der den Eintritt kassieren wollte, doch entschieden wir uns, dass uns das Begutachten des Innenhofs reichen sollte. Nur wenn man sich auf die Mauer begab oder in eine der Türen hinein, musste man Eintritt zahlen. Darin war wohl eine Art Museum, und wir sind jetzt nicht so sehr Museums-affin. Wenn es etwas Besonderes gibt, dann ja, aber nicht immer. Der mittelalterlich gewandete Herr posierte aber dann sehr nett für ein Foto vor einer alten Steinschleuder. Lustig, der Kerl. Die Kirche Maria Verkündigung hatte geöffnet. Das Deckengemälde ist sehr gelungen. In Der Folge erkundeten wir noch einige Gassen und umrundeten den großen, grünen Platz vor dem Kastell, den Gradski Trg.

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Zum Eingang

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Die Steinschleuder

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Ein werter Herr

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Truhe

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Gradski Trg

Der Ort ist nicht groß, gefiel mir aber recht gut. Auch in den umiegenden Gassen fanden wir noch einige hübsche, bunte Häuser, Läden und Cafés. Auch hier befinden sich einige Bauten, die schon vor langer Zeit verlassen wurden und langsam verfallen. Marco sagte vorher, ich wäre sicher von dem Ort enttäuscht, da er außer dem Kastell nicht wirklich viel zu bieten hätte, dem war aber nicht so. Mach’s gut, Svetvinčenat!

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Kleines Lokal

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Parkplatz zwischen Fässern

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Zwei Herren beim Fotografieren

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Ein weiterer Brunnen

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Alte Steinhäuser in Svetvinčenat
 

Julia 35

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Toll! Geisterstadt Dvigrad verliess man bestimmt wegen der Cholera und der Pest. Natürlich nur wenn man überlebt hat.
Da wäre ich auch nicht geblieben. Corona ist gegen diese Krankheiten harmlos. Damals hatte man keinen Impfstoff oder sowas.

https://www.kroati.de/kroatien-infos/dvigrad.html

Jetzt wohnen dort bestimmt genügend Schlangen;)
Die Palatschinken wären auch was für mich.
 
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claus-juergen

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hallo Heiko,

und wieder zeigst du mir Orte, die ich schon wiederholt aufgesucht habe. Deshalb erlaube ich es mir auch, weitere Infos beizusteuern. Vom Parkplatz am Ende des Limfjordes aus kann man eine gemütliche Wanderung über etwa eineinviertel Stunden bis Dvigrad auf einem relativ ebenen Feldweg unternehmen. Man unterquert dabei die Autobahnbrücke über den Limfjord und kommt hier vorbei.

https://www.adriaforum.com/kroatien...hof-an-der-kapelle-sv-marije-od-lakuca.85803/

Für diese Wanderung braucht man keine spezielle Ausrüstung. Es genügen feste Schuhe. Wie du schon erwähnst, gibt es seit einigen Jahren eine Verpflegungsstation an der Ruine.

Auch zu Svetvincenat habe ich ein paar Anmerkungen. Nordöstlich der Festung Grimani befindet sich eine Grünfläche. Dort schließt sich eine traditionelle Mühle an, wo im Herbst Getreide, vor allem Mais gemahlen wird.

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Ich war mal dort und konnte bei den Arbeiten zusehen.

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Mit Svetvincenat verbunden ist auch der Name Miroslav Bulesic. Neben der ZIsterne befindet sich ein Museum, welches an diesen Kirchenvertrer erinnert. Ich stehe hier praktisch vor diesem Museum.

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Er war ein später selig gesprochener Priester aus Svetvincenat, der im Jahr 1947 von den Kommunisten ermordet wurde. Er gilt seit einiger Zeit als der "Nationalheilige von Istrien".

Die google Übersetzung ist etwas holprig. Aber der Sinn dürfte wohl verstanden werden.

https://translate.google.com/translate?hl=de&sl=en&u=https://en.wikipedia.org/wiki/Miroslav_Bule%C5%A1i%C4%87&prev=search&pto=aue

grüsse

jürgen
 

Heiko705

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Sooo, jetzt hieß es für uns, uns 20 Kilometer nach Norden in das Bergstädtchen Gračišće zu begeben. Ich war gespannt. Das 8 Kilometer von Pazin entfernte und 460 Einwohner zählende „Gallignana“ steht vollständig unter Denkmalschutz. Es liegt auf dem Hügel Perunčevac, und der von einer Stadtmauer eingerahmte Ort ist ganz besonders durch sein mittelalterliches Erscheinungsbild bekannt. Da wollten wir doch mal schauen, ob der Ort das halten kann, was er verspricht. In der Mitte des Nachmittags trafen wir ein. Und – in der Tat – sofort waren wir vom antiken Charme des kleinen Ortes gefangen. Sofort war uns klar, dass sich der Besuch gelohnt hatte. Wir kamen an der kleinen Kirche der Seeligen Jungfrau Maria vorbei. Das spätgotische Kirchlein aus dem Jahre 1425 überzeugt vor allem mit seiner schönen Loggia. Es liegt an einem kleinen Platz und hat etliche Nägel in einer Wand. Einer Sage nach glaubten die unfruchtbaren Frauen, sie würden mit einem Kinde gesegnet, wenn sie einen Nagel in die Mauer schlugen. Alle Steinhäuser rundherum wirken sehr alt. Die Kirche selbst war natürlich nicht zugänglich, soll jedoch tolle Wandmalereien beherbergen. Daneben steht ein kleiner Brunnen.

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Kirche der Seeligen Jungfrau Maria

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An der Loggia

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Blick aus der Loggia

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Vor der Kirche

An der Ecke davor befindet sich die kleine Istarska Konoba Marino. Hier hingen einige bunte Bilder an den Außenwänden. Einige Einheimische vor der Konoba beäugten uns skeptisch. Dann kamen wir zum kleinen Stadttor. Die gepflasterten Gassen führen an manch verfallenem Haus vorbei. Kommt man dann den Hügel hinauf, gelangt man zur Hauptkirche, der Kirche Sankt Vitus (Župna Crkva sv. Vida) mit dem großen freistehenden Glockenturm. Vor der Kirche bekam ich einige Sprachnachrichten von einer Bekannten auf mein Handy. Sie war besorgt und sagte, es hätten sich nun manche Änderungen ergeben und ganz Kroatien sei ein Risikogebiet. In ein paar Tagen käme man nach Deutschland nicht mehr hinein. Gut, wir wussten ja, was von solchen Aussagen zu halten war, da viele Menschen einfach nicht richtig informiert sind, einfach nur die Schlagzeilen überfliegen und dann ihr „Wissen“ kundtun. Dennoch wollte ich auf Nummer sicher gehen und informierte mich sofort im Internet. Es war klar; die Ratschläge von Michaela waren vielleicht gut gemeint, doch entbehrten sie der notwendigen Grundlage.

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Wohnhäuser neben der Konoba

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Das kleine Stadttor

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Alte Gemäuer in Gračišće

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Ein Hauseingang

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Kleine Kirche

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Hier wohnt sicher niemand mehr

Der Friedhof besitzt einige alte Grabsteine, die mit düsteren Totenköpfen und gekreuzten Knochen geziert, eine finstere Atmosphäre verströmen. Von hier hat man eine schöne Aussicht auf die umliegende Landschaft, die am Horizont mit dem Učka-Gebirge verschmilzt, und auch auf die alten Steinhäuser des Ortes. Gračišće versprüht ein ganz besonderes Ambiente. Südlich davon gelangten wir zur Kirche der Heiligen Eufemija, die auch hübsch ist, mit der Stattlichkeit der Kirche Sankt Vitus jedoch nicht mithalten kann. Die Gassen und Durchgänge im Ort sind herrlich.

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Eingang zur Kirche und zum Friedhof

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Der Glockenturm

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Kirche Sankt Vitus

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Düstere Grabsteine

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Blick von der Kirche

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Bogengänge

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Kirche der Heiligen Eufemija

Als wir lasen, dass es in der Istarska Konoba Marino einen Boškarin-Burger gibt, kehrten wir kurzerhand für einen kleinen Snack ein. Die Konoba ist äußerst urig und rustikal eingerichtet, an den Steinwänden hängen einige Bilder ortsansässiger Bauern und Hörner der Rinder, alte Wagenräder hängen unter der Holzdecke, und es gibt sogar eine große Kaminecke. Um sie herum standen Stühle bereit – augenscheinlich für gemeinsame Grillaktivitäten. Die Konoba scheint eher bei Einheimischen Zulauf zu finden, und so kam es nicht von ungefähr, dass eine Gruppe von Kroaten sich an unseren Nebentisch setzte. Wir teilten uns sowohl den vorzüglichen Burger als auch die dazu gehörigen Kartoffelspalten. Da ich Biertulpen sammele, bat ich die Inhaberin, das Laško-Glas kaufen zu können. Zuerst lehnte sie ab, um es mir am Ende sogar schenken zu wollen, was ich aber ablehnte. Ich drückte ihr 30 Kuna in die Hand, musste zuhause aber später feststellen, dass ich ein solches Glas leider schon besitze. Es ist eine Karlovačko-Tulpe, die mir noch fehlt. So ein Glas ist jedoch äußerst selten.

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In der Konoba

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Rustikales Ambiente

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Halber Boškarin-Burger

Gegen Ende Nachmittags konnten wir nachholen, was wir einige Tage zuvor nicht mehr geschafft hatten. Wir fuhren 25 Kilometer nach Norden. Marco freute sich bereits seit vielen Monaten auf den schnuckeligen Bergort Draguć. Nun war es endlich soweit. Wir parkten oberhalb des Ortes am Friedhof und der Kirche St. Eliseus. Es ist die älteste Kirche des Ortes. Leider war sie natürlich verschlossen, weshalb uns wieder einmal tolle Wandmalereien durch die Lappen gingen. In Draguć wurden bereits einige Filme gedreht. Ursprünglich stand hier ein Kastell auf dem Hügel, und der Ort entstand drum herum. Am besten fotografiert man den Ort von der darüber gelegenen Landstraße.

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Blick auf das idyllische Draguć

Dann gingen wir hinab. Draguć ist nicht groß. Eigentlich besteht es aus drei Gassen, die sich vom Ortseingang nach Nordwesten bis zur großen Kirche Sv. Križ ziehen, die ebenfalls über einen freistehenden Glockenturm (1844) verfügt. Die mittlerste der Gassen ist die Beeindruckendste. Und so nahmen wir sie. Im Gegensatz zu den beiden anderen Gassen ist die mittlere Gasse gepflastert. Die Häuser sind allesamt relativ alt, barocke und klassizistische Bauten. Und schon bald waren wir am Platz der Pfarrkirche. Man ist schnell hindurchgewandert. Gegenüber der Kirche ist das Geburtshaus des Arztes Antonio Grossich, welcher der Erste gewesen sein soll, der Sterilisationen mit Hilfe einer Jodtinktur durchführte. Vom Kirchplatz kann man bis zum See Butoniga hinunterschauen. Die Häuser am Platz haben bunte Fensterläden. Außer einer kleinen Gruppe Jugendlicher hier am Platz sahen wir nur wenige Einheimische – eigentlich genauso viele Katzen wir Menschen. Hier befindet sich ein interresanter Brunnen aus dem Jahre 1888. Neben der Kirche stand eine alte, ausgediente Glocke.

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Kirche vorm Ortseingang

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Der Ort beginnt

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Durch die Hauptgasse

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In Draguć herrscht Ruhe

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Ein Blick zurück

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Platz vor der Kirche Sv. Križ

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Kirche mit Glockenturm und Brunnen

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Blick auf den See Butoniga

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Die alte Glocke

Im Nordwesten des Ortes führt ein Pfad hinab. Folgt man ihm, gelangt man zur kleinen Kapelle des Hl. Rochus. Auch diese soll wertvolle Fresken beinhalten, die der Meister Anton von Padova angefertigt hat. Wir warfen einen Blick durch das Fenster des Eingangsportals, sahen jedoch nur einige Regale. Das Kirchlein hat jedoch eine schöne, kleine Loggia. In früheren Zeiten war hier unten der Hauteingang in den Ort. Die Kirche sollte Draguć vor der Pest beschützen. Auf dem Rückweg durch den Ort kamen wir durch die nach allen Seiten offene Kirche des hl. Rosenkranzes aus dem 17. Jahrhundert. Ich habe sie zuerst gar nicht als solche erkannt. Wir durchwanderten die anderen Gassen und Marco lief zurück zum Friedhof.

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Kapelle des Hl. Rochus

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Auf dem Rückweg

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Tür mit Wappen

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Eine Nebengasse

Ich dagegen nutzte die Zeit anderweitig. Ich lief zurück zum freistehenden Glockenturm. Würde eh verschlossen sein. Ich fasste an die Türklinke – uups – die Tür war nur geschlossen, aber nicht verschlossen. Da konnte man doch nicht einfach reingehen, oder? Schauten die Jugendlichen? Nein! Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass man da einfach rauf durfte. Schwupps, war ich drin. Ich zog die Tür hinter mir wieder zu. Eine offen stehende Tür würde mich nur verraten. Es war ziemlich düster, und hier war auch das Glockenseil. Die alte, enge Holztreppe wandte sich über mir nach oben. Alles war voller Spinnweben und Staub. Na, dann los! Langsam arbeitete ich mich höher, bis ich an einen Punkt kam, an dem man so gut wie nichts mehr sah. Hier war nicht viel Platz. Ich tastete mich weiter, Schritt für Schritt. Es wurde langsam wieder heller, durch das Licht, welches oben durch die Fenster fiel. Wie mochte meine Kleidung nur aussehen? Irgendwann kam ich an eine schmale Leiter. Also hoch. Am Ende der Leiter fehlte ein halber Meter, um auf das betonierte Plateau direkt zu den beiden Glocken zu kommen. Sollte ich das wagen? Würde ich überhaupt wieder hinab kommen? Ich tat es. Dann kniete ich zwischen den beiden Glocken. Es war 17:37 Uhr. Das war gut, denn hätten sie nun geläutet, wäre ich sicher taub gewesen. Durch die Gitter schaute ich nach allen Seiten hinaus auf den Ort, darauf bedacht, dass mich niemand von unten sah. Vorsichtig machte ich ein paar Fotos. Dann stieg ich langsam wieder hinab. Die Leiter konnte ich mit dem Fuß dann doch gut erreichen. Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit unten wieder heraus kam, war ich glücklich. Niemand hatte mich bei meinem zweifelhaften Unterfangen beobachtet. Ich klopfte meine Kleidung aus und lief durch die Hauptgasse zurück. Draguć hatte mir außerordentlich gut gefallen.

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Eingang in den Glockenturm

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Unter den Glocken

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An den Glocken

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Blick aus dem Glockenturm

Gegen 19:00 Uhr kamen wir in Gradinje an der Konoba Dolina an. Die Parkplätze waren gut belegt. Um draußen zu essen, war es bereits ein wenig kühl. Die Konoba war voll mit Einheimischen. Wir bekamen einen Tisch an der Wand. Ein älterer Herr feierte hier seinen 70. Geburtstag. Ich fand, dass er dafür noch sehr gut aussah. Zum ersten mal hörte ich, wie man das Lied „Sretan Rođendan“ auf Kroatisch singt. Kinder, Enkel, alle waren anwesend, und der zufriedene Herr packte gemütlich seine Geschenke aus. An der gegenüber liegenden Wand saß ein einsamer Herr in unserem Alter. Er las Zeitung und verdrückte nebenbei ein sehr dickes Steak mit einem Berg von Trüffeln darauf. Ich musste ihn einfach fragen, was er da für ein Steak hatte. Er konnte Deutsch. Sieh an – es war ein Rumpsteak. Immer wieder schaute ich zu ihm und seinem Steak hinüber. Manchmal grinsten wir uns an. Sowas war doch genau das Richtige für mich, nach dem Studieren der Karte bestellte ich allerdings ein Bier, ein Glas Rotwein und ein Beefsteak, von dem ich mir noch mehr versprach, und eine Rindfleischsuppe, die ich mir mit Marco teilte. Marco hatte istrische Würste in der Karte gefunden, war aber etwas enttäuscht, da sie nicht so gut schmeckten wie im Bistro in Baderna. Mein „well done“ bestelltes Beefsteak war hervorragend, nur schmeckten die Trüffel nicht mehr besonders trüffelig. Der Herr gegenüber lachte, als es mir gebracht wurde. Er sprach sehr gut Kroatisch und wünschte dem Geburtstagskind alles Gute.

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Beefsteak mit Trüffeln

Nach dem Essen setzten wir uns draußen an den Tisch, um eine Zigarette zu rauchen. Der Besitzer brachte uns eine ganze Flasche mit selbstgemachtem Travarica. Offenbar konnten wir davon trinken, soviel wir wollten. Marco natürlich nicht so ganz, denn er musste noch fahren. Man kann die Konoba nur empfehlen. Wo sich viele Einheimische treffen ist es immer gut. Dann kam unser deutschsprachiger Kollege hinaus, um ebenfalls zu rauchen. Er hatte ein deutsches „F“ auf seinem Nummernschild. War er etwa ein Hesse? Nein, er käme aus Mannheim, würde aber in Frankfurt arbeiten, und er habe auch ein Büro in Labin. Seine Eltern kämen aus Kroatien und aus Bosnien. Er schien sehr locker drauf zu sein und wies uns auf eine Sache hin, die man zwar weiß, aber immer wieder gern falsch macht. Man betont stets die erste Silbe eines kroatischen Ortsnamens. Man sagt Laa-bin und Paa-zin. Wider besseren Wissens sagt man leider immer wieder La-biin und Pa-ziin. Dann erzählte er über seine Frauenbekantschaften in Kroatien. Die Kroatinnen seien ganz, ganz schlimm. Sie würden sich stets nur mit Ihresgleichen abgeben. Wenn man da kein Kroate sei, würden sie einen nicht ranlassen. Soso. Da hatten wir also schlechte Karten.

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Travarica

Wir verabschiedten uns und bezahlten. Es war ein gelungener Abend. Auf unserer Terrasse machten wir aber dann den Fehler, unser Trüffelbier zu trinken. Man kann nur schwer in Worte fassen, wie widerwärtig es schmeckte. Ekelhaft! Doch waren wir tapfer und tranken es aus, denn schließlich schüttet man ja kein Bier weg, was 5 € gekostet hat.
 

Julia 35

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Haha, da hat euch doch dieser "Casanova" aus Mannheim einen Bären aufgebunden:smuggrin: Sind nicht alle Kroatinnen gleich! Die trauen sich nur nicht:p Ihr müsst sie zu ihrem Glück zwingen.

Dieses Dörfle sieht auch ganz nett aus. Der Aufstieg zu den Glocken sieht nicht ungefährlich aus:)

Die Slowenen sagen auch Labiiin oder Paziiin.
 

Heiko705

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Teil 16:

Tag 09 – Wasserfall & Weißer Wein - Ein Besuch in Istriens Mitte
Sonntag, der 27.09.2020:

Mittlerweile waren wir dazu übergegangen, wegen des feuchten Wetters am Küchentisch zu frühstücken. Wir hatten auch einige Päckchen unseres geliebten Heidelbeersafts von Vindija ergattern können, der beim Frühstück in Kroatien nicht fehlen darf. Heute Morgen war es bislang noch trocken. Der Himmel schaute jedoch nicht freundlich drein. Baden war in den letzten Tagen leider nicht mehr möglich gewesen, und auch heute würde es nicht anders sein, doch wir gedachten, das Beste daraus zu machen. Wir hatten 11 Übernachtungen geplant. Mittlerweile lies der Wetterbericht hoffen, dass es wenigstens an unserem letzten Tag wieder warm sein könnte und Baden möglich wäre.

Wenn man zum ersten Mal in die Halbinsel Istrien eintaucht, kann manches etwas verwirrend sein. Die Orte heißen alle gleich – Valtura, Valalta, Valkanela, Valdibora. Wer soll allen Ernstes damit klarkommen? Gut, nur eines der Genannten ist ein Dorf, das Andere ist ein Hafen, die beiden Übrigen sind Campingplätze. Dennoch ist es nicht immer ganz einfach, alles richtig einzuordnen. Man verzeihe mir das als Meist-in-Dalmatien-oder-Kvarner Bucht-Urlauber. Doch Istrien ist schön – so viel war jetzt schon klar.

Unser erstes Ziel heute Morgen war die Chiesa di S.Tommaso (St. Thomas – Kirche), eine abgelegene, kleine Kirchenruine in Rovinjs Stadtteil Borik. Steht man davor, macht sie eigentlich einen recht ansehnlichen Eindruck, doch muss man von der richtigen Seite schauen. Ich hatte mir etwas mehr erwartet. Sie liegt direkt an der alten Eisenbahnverbindung Rovinj – Kanfanar. Die Kirche hat einen kreuzförmigen Grundriss; der Glockenturm wurde später angebaut. Sie wurde wohl im 9. Jahrhundert erbaut und ist ein Beispiel der Kirchenarchitektur aus der karolingischen Zeit. Später wurde sie jedoch radikalen baulichen Veränderungen unterzogen. Im Inneren befinden sich einige große Bögen. Als wir ankamen, fanden wir ein französisches Pärchen hinter der Kirche vor. Sie campten dort mit ihrem PKW. Ich begrüßte sie mit einem netten „Bon matin“. Wir betrachteten das Kirchlein von allen Seiten, doch besonders viel gibt es nicht zu sehen. Vom Stadtteil Borik hat man einen hervorragenden Blick auf Rovinjs Altstadt. Automatisch waren wir gezwungen, für einige Minuten zu verweilen.

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Vor dem alten Gemäuer

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Chiesa di S.Tommaso

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Blick von der Seite

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Wir gehen hinein

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Im Innern

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Der große Bogen

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Der Eingang

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Hübsches Vehikel

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Blick auf Rovinjs Altstadt vom Stadteil Borik

Im Anschluss fuhren wir 15 Kilometer gen Osten – nach Bale. Ich war gespannt. In Bale hob ich wieder Geld vom Automaten ab, was wie gewohnt gut klappte. Hier hielt ich jedoch zum ersten Mal in meinem Leben einen 500 Kuna-Schein in der Hand. Wir wussten gar nicht, dass es sowas überhaupt gibt. Neben der kroatischen und der italienischen Sprache soll in Bale von einigen älteren Einwohnern auch noch istriotisch gesprochen werden. Istri-was? Genau – istriotisch! Mir war ja schon immer bewusst, dass die Istrier gern ein eigenes Völkchen wären, aber dass sie sogar offiziell eine eigene Sprache hätten, war mir bis dato nicht bewusst. Die Einheimischen sagen dazu „Rovignese“. Offenbar spricht man es auch nur noch vereinzelt in Rovinj, Vodnjan, Bale, Fažana, Ližnjan und im Umland von Pula. Die Altstadt von Bale mit ihren Stadtmauern und Türmen liegt auf einem Hügel namens Mom Perin.

Als wir sie betraten, war ich sofort hellauf begeistert. Die Häuser sind größtenteils fein herausgeputzt, die Gassen sind ordentlich gepflastert. Viele Blumenkübel verschönerten die Optik, die durch einen fast blauen Himmel nun automatisch noch an Schönheit hinzugewann. Die Gassen mit ihren alten Steinbauten sind herrlich zu erkunden. Es ist nicht übertrieben, wenn man sagt, eine Gasse wäre schöner als die Andere.

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Auf in die Altstadt

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In den Gassen von Bale

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Alte Steinbauten

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Abzweigung

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Blumen am Gassenrand

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Turm

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Einfach sehenswert

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Auf dem Weg zum Rathausplatz

Wir kamen zum Rathausplatz, der eine Augenweide ist. Das Rathaus verfügt über drei wunderschöne Steinbögen, aber auch der Palast Soardo-Bembo mit seinen zwei viereckigen Türmen ist nicht von schlechten Eltern. Die monumentale Fassade wurde im Stil der Gotik und der Renaissance im 16. Jahrhundert erbaut. Überhaupt soll der ganze Ort um diesen Platz herum erbaut worden sein. Die Römer nannten den Ort Castrum Vallis. Am Platz befinden sich ferner ein kleines, schmuckes Stadttor und ein Uhrturm. In der Nähe fanden wir die neobarocke Pfarrkirche des Heiligen Julian, dessen Glockenturm die Altstadt dominiert. Überall läuft man durch steinerne Bögen, an alten Weinfässern vorbei, findet sehenswerte Brunnen, voll behangene Wäscheleinen und herrliche Passagen. Die Kirche war geöffnet – man soll es kaum glauben. Wir bestaunten die wirklich künstlerischen Wand-und Deckengemälde. Kurzum – einen Besuch Bales kann man nur jedem empfehlen.

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Am Rathausplatz

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Fassade des Palastes Soardo-Bembo

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Das Stadttor

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Tor mit Löwe

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Uhrturm

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Rundumblick

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Durch das Stadttor

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Weiter geht's

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Hübsche Bögen

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Pfarrkirche des Heiligen Julian

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In der Kirche

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Der Glockenturm

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Der Heilige Julian

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Brunnen am Kirchplatz

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An einem Kunstatelier

Hätte das Wetter es hergegeben, wären wir zum Baden an den Strand Barbariga gefahren, hätten vielleicht noch den Strand Dragonera mit den Überresten einer römischen Villa angesehen – nun, man kann nicht alles haben. Und so lag nun das 20 Kilometer entfernte Žminj auf dem Weg. Vielleicht kamen wir hier in den Genuss einer Marenda, dieser istrischen Brotzeit, die jedoch meist nur bis mittags angeboten wird. Das Problem war jedoch, wir hatten schon 12 Uhr. Auf einer Tafel vor einer Konoba wurde es angeboten, und wir fragten sogar, aber es war schon zu spät. Nicht so schlimm. In der katholischen Kirche Sv.Mihovil Arkanđel fand ein Gottesdienst statt. Sie ist recht groß und verfügt über einen weithin sichtbaren Glockenturm. Der recht kleine Altstadtbereich liegt auf einem Hügel. Dann war der Gottesdienst vorbei, so konnten wir doch noch einen kurzen Blick in das Gotteshaus werfen. In der Nähe gibt es einen kleinen Platz mit einigen alten Brunnen.

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Kirche Sv.Mihovil Arkanđel in Žminj

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Vor der Kirche

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Nach dem Gottesdienst

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Platz mit Brunnen

Unterhalb der Kirche befindet sich ein alter Stadtturm, der ein Teil des ursprünglichen Kastells war. Geht man den Hügel hinab, finden sich sogar noch einige alte Gassen, die man bei einem Besuch nicht links liegen lassen sollte. Wir bestaunten einen alten Ford Taunus, der in hervorragendem Zustand war. Hin und wieder machten wir einige Fotos von Autos in gutem Zustand, die besonders einen Freund zuhause – ein Autofreak – immer wieder erfreuten. Um es jedoch kurz zu machen – von Žminj war ich im Großen und Ganzen eher enttäuscht. Ich weiß, dass der Ort einige Feste bietet, wie zum Beispiel das Fest Bartulja, Istriens größtes Volksfest, und das Istarske Festival Paste, ein zweitägiges Highlight für Liebhaber der istrischen Küche und Traditionen, aber ohne ein solches Event hat der Ort nach meinem Geschmack nicht besonders viel anzubieten.

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Stadtturm

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Alte Gassen in Žminj

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Wo befinden wir uns?

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Gassenidylle
 

Julia 35

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Waaaaas??? Bale ist so schön? Da haben meine Lieben damals was verpasst! Die sind nur durch gehuscht:shy:
 

claus-juergen

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hallo Heiko,

danke auch für diesen Teil deines Reiseberichts. Bale scheint wie so oft kaum von Besuchern frequentiert zu sein. Bis auf den Pfarrer in der Kirche sieht man niemanden auf deinen Bildern. Ich möchte noch ein Foto eines Gartens in Bale anhängen, welcher mir besonders gefällt. Er liegt in einer Seitenstraße und ist deshalb nicht so einfach zu finden.

full


Du hast in deinem Bericht auch das Pastafest in Zminj angeführt. Ich war dort vor zwei Jahren einmal und kann hierzu diese Bilder beisteuern.

https://www.adriaforum.com/kroatien/threads/das-festival-der-pasta-in-zminj.84760/

grüsse

jürgen
 

Heiko705

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Teil 17:

Wir kamen zur Kapelle Maria im Fels bei Beram. Hier stand ein Einheimischer mit einem kleinen Stand. Er verkaufte Honig, Fetakäse und selbstgemachten Schnaps. Wir redeten eine Weile, sagten ihm dann jedoch, wir wollten gern zuerst die Kapelle ansehen. Vor dem Gelände befindet sich ein kleines Schild mit Adresse und Telefonnummer von Sonja Šestan, der Schlüsselwärterin. Also mussten wir zuerst nach Beram. Der ganze Ort ist nicht besonders groß und benötigt keine Straßennamen. So fanden wir das Haus mit der Nr. 38 auch relativ schnell, parkten an der Kirche und klingelten bei der Dame. Es dauerte nicht lang, und sie öffnete. Auch Frau Šestan verkauft wohl öfters selbstgemachten Schnaps, doch wies sie uns nicht darauf hin, und wir fragten nicht. Wir hatten dem Herrn vor der Kapelle bereits zugesagt, ihm etwas abzukaufen. Wir sollten einen Moment warten, da sie wohl gerade etwas gegessen hatte. Dann kam sie und fuhr voraus. An der Kapelle angekommen, schloss sie eine Seitentür auf. Mittlerweile war auch noch ein Touristenpärchen angekommen, die ebenfalls mit in die Kapelle kamen.

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Das Angebot

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Der Schnapsverkäufer

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Kapelle Maria im Fels

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Unterhalb der Kapelle

Wir traten hinein und waren restlos begeistert. Solche alten Fresken in dieser Vielzahl hatten wir noch nicht gesehen. Sie bedecken die gesamte Wandfläche. Im Innern der Kapelle ist kein Licht, was den alten Gemälden auch schaden würde. Die Kirche selbst ist aus dem 13. Jahrhundert. Im Jahre 1474 hat der Künstler Vincent aus Kastav die 46 gotischen Fresken gefertigt. Die ebenfalls sehenswerte Decke, die Marias Aufnahme in den Himmel zeigt, ist aus dem Jahre 1707. Die restlichen Fresken wurden in späteren Jahren mit Putz bedeckt und im 20. Jahrhundert wieder freigelegt. An zwei Wänden befinden sich vor allem Darstellungen aus dem Leben von Jesus Christus und Maria. Eine andere Wand befasst sich eher mit der Thematik des Todes. Am beeindruckendsten fand ich eine 7 Meter lange Darstellung mit dem Namen „Totentanz“, die wohl veranschaulichen soll, dass die Menschen im Tode alle gleich sind, egal ob reich oder arm. Unsere Führerin kannte sich gut aus und erklärte, was auf jedem der Bilder zu sehen war. Sie sind mit Ornamenten verziert, allesamt sehr detailreich und bunt und lassen verschiedene Arten der Deutung zu. Marco und ich versuchten, alles möglichst fotografisch festzuhalten, was natürlich nur ohne Blitz erlaubt ist.

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Im Innern

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Die Decke

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Unfassbar!

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Einzelne Fresken

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Jede hat eine besondere Bedeutung

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Die Darstellungen sind in jeder Nische

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Über dem Tor ist der "Totentanz"

Dann schloss sie ab und fuhr zurück. Just in diesem Augenblick kam ein älteres französisches Paar angefahren. Mir war sofort klar, was das bedeuten konnte. Und so war es. Die Dame sagte mir, dass auch sie gern das Innere der Kapelle sehen würden. Oh ja, Frau Šestan war doch gerade erst weggefahren. In diesem Augenblick wurde mir schlagartig klar, was sie für einen stressigen Job hatte. Wie oft musste sie wohl jeden Tag zwischen ihrem Haus und der Kapelle hin und her fahren? Nun ja, wenn sie von jeder einzelnen Person aber den Eintritt von 30 Kuna bekam, würde sie von den Einnahmen wenigstens leben können. Ich gab der Mademoiselle also die Nummer von Frau Šestan, doch da sie sich wohl im Englischen nicht so sicher fühlte, bat sie mich anzurufen. Ich rief sie an – die gerade auf dem Weg nach Hause war – und bat sie umzukehren.

Im Folgenden schaute ich mir den Friedhof an, während Marco sich mit den Beiden unterhielt. Sie verbrachten einen dreichwöchigen Urlaub in Kroatien mit einem Mietwagen und waren wohl ganz unten in Dubrovnik gestartet und hatten sich langsam der Küste hinauf gearbeitet, nicht ohne auch die eine oder andere Insel mitzunehmen. Fleißig, fleißig. Dann wandten wir uns unserem Schnapsverkäufer zu. Natürlich wollten wir bei der Vielzahl an Flaschen erst mal probieren. Er hatten Feigen-, Brombeer-, Bananen-, Heidelbeer-, Aprikosen- und Kräuterschnaps und noch etliche mehr. Wie er unsere Becher ausspülte, hätte sicher dem Einen oder Anderen die Hände über dem Kopf zusammenschlagen lassen. Er hatte eine kleine Schüssel mit Wasser, in welches die gebrauchten Becher einfach kurz hineinkamen, dann waren sie wieder „sauber“. Wir bekamen zum Probieren jeweils nur ein sehr kleines Schlückchen. Man merkte schon, dass der „Schnaps“ nicht besonders viel Alkohol haben konnte, aber wir entschieden uns einfach für Aprikosen- und Brombeerschnaps.

Dann starteten wir in Richtung des sich oberhalb von Pazin befindlichen Wasserfalls Zarečki krov und mussten also nur 10 Kilometer fahren. Ob der kleine Fluss Pazinčica wohl Wasser führen würde? Die meisten Wasserfälle in Istrien sind wohl im Sommer meist trocken, doch vielleicht hatten wir Glück, denn erstens hatten wir bereits Ende September, und zweitens hatte es ja in den letzten Tagen öfters geregnet. Ich hatte den etwa 10 Meter hohen, herrlichen Wasserfall, unter dem sich ein ebenso schöner Teich befindet, bereits auf vielen Bildern gesehen und war gespannt. Unter dem Wasserfall befindet sich so etwas wie eine breite Höhle. Wir kamen von Norden und parkten am Rande des Dörfchens Zarečje. Den letzten Rest liefen wir zu Fuß. Da der Weg nicht ganz einfach zu finden war – der Feldweg endete an einer Baustelle – fragten wir einen Einheimischen, der zwar kein Englisch verstand, doch er wies uns den Weg mit einer Handbewegung.

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Von Zarečje zum Wasserfall

Und dann hörte ich ein Rauschen! Wir hatten wohl Glück. Noch einige Meter hinab – und da war er. Ganz wunderbar, auch wenn das Wasser anstatt blau leider braun daherfloss. An einer Hauptstelle plätscherte das Wasser breit hinab, und an einigen anderen Stellen rieselten kleinere Rinnsale. Es sah prächtig aus. Ich kraxelte umher und erkundete alles ringsherum. Es waren auch noch andere Schaulustige hier, die Meisten jedoch auf der anderen Seite. Da wir bei den vorherrschenden 15 – 17° keine Lust hatten, die Schuhe auszuziehen und durch das Wasser zu waten, kamen wir nicht hinüber. Nur von der anderen Seite war es möglich, auch in die Höhle unterhalb des Wasserfalls zu gelangen, und da die Perspektive von der anderen Seite ebenfalls interessant sein würde, entschlossen wir uns, mit dem Auto über die nächste Brücke zu fahren und auch von Süden her den Wasserfall zu besuchen.

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Da ist er!

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Zarečki krov

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Ein schöner Ort

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Sollte ich hier zur anderen Seite springen? Lieber nicht!

Nach einer halben Stunde und einem kleinen Fußmarsch waren wir zurück. Natürlich musste auch von von hier erst einmal das eine oder andere Foto gemacht werden. Nun konnten wir neben dem Wasserfall hinunterlaufen und gelangten in die Höhle, die sicher ein hübscher Platz zum Feiern wäre. Und so befanden sich auch einige Feuerstellen hier unten. Es ist ein herrlicher Ort, dessen Besuch man nur empfehlen kann.

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An der anderen Seite

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Blick von Süden

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Schon wieder am Kraxeln

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Hey! Immer vorsichtig!

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Blick aus der Höhle

Zu guter Letzt durfte natürlich ein Besuch von Pazin keineswegs fehlen. Marco hatte von seinem letzten Besuch in der Stadt keine guten Erinnerungen, doch war gespannt, ob sich sein Bild von Pazin etwas bessern würde. Pazin war in früheren Zeiten Hauptort der Markgrafschaft Istrien, was der Ort nicht zuletzt auch seiner zentralen Lage verdankte. Die Römer nannten es „Castrum Pisinium“. Auch hier wurde die italienische Bevölkerung nach dem zweiten Weltkrieg vertrieben. Wer mutig ist, kann hier mittels einer Zipline über die Paziner Schlucht gleiten, doch so mutig waren wir nicht. Ich gedenke durchaus mal eine Zipline anzutesten, aber diese hier sicher nicht. Vielleicht fange ich zum Einstieg mal mit der kleinen Zipline in Beli auf Cres an. Man muss ja nicht gleich mit dieser tiefen Schlucht anfangen.

Wir parkten am freihstehenden Glockenturm der Kirche Sv.Nikola. Auf dem Weg zum Kastell kommt man durch alte Gassen, die durchaus ihren Charme besitzen. Alte Villen mit Balkonen und Bogengängen vermitteln eine schöne Atmosphäre. Dann kamen wir zum großen und prächtigen Kastell, in dessem Inneren heute ein Museum untergebracht ist. Durch ein altes Gewölbe kamen wir in den Innenhof, der prächtig aussieht. Er hat einen Brunnen, und durch die alten Pflastersteine sprießte das Gras hindurch. Im Museum sieht man allerlei alte Gerätschaften, wie z. B. Wagenräder, altes Werkzeug, einen Ofen, eine Werkbank, eine alte Schmiede mit Amboss, Zangen und Blasebalg, Steinreliefs, Gefäße, viele alte Fotos, Kirchenglocken und vieles mehr. Man muss das Museum jetzt nicht unbedingt besuchen, aber da das Kastell für uns eine bedeutende Sehenswürdigkeit Pazins dastellt, haben wir's getan.

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Glockenturm der Kirche Sv.Nikola

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In den Gassen Pazins

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Alte Villen und Kastelle

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Das prächtige Kastell

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Das alte Wappen

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Blick in einen Innenhof

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Auf dem Weg ins Museum

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Durch das Gewölbe

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Kastell-Innenhof

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Brunnen

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Im Museum

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Altes Relief

Dann führte uns unser Weg in das alte Pazin (Stari Pazin). Hier befinden sich wirklich viele alte Steinhäuser, doch alles ist am Hang gelegen, was unsere müden Beine mittlerweile durchaus spürten. Auf dem Weg zurück ging's am Franziskanerkloster aus dem 15. Jahrhundert vorbei. Durch die Gassen kamen wir in den Neustadtbereich und – wie sollte es anders sein – es begann zu regnen, immer stärker zu regnen. Und so flüchteten wir uns unter die Markise einer Eisdiele. Drei Jugendliche hatten es uns gleichgetan. Marco bestellte ein schwarzes Tomislav und ich einen Cuba Libre. Der Regen hatte jedoch gar keine Lust, sich wieder zu verziehen, und so gesellte sich zu dem Cuba Libre ein Caipirinha. Der Besitzer der Eisdiele war witzig, und als wir später zum Bezahlen ins Innere gingen, sahen wir, dass ein kroatisches Fußballspiel lief. Wie der Herr uns stolz verkündete, mochte er aus Deutschland am liebsten den FC Bayern. Gut, was auch sonst? Aber er kannte sogar meine Meenzer; man soll's kaum glauben.

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Stari Pazin

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Alte Steinhäuser

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Alter Brunnen

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Auf dem Weg in die Neustadt

Marco war kalt, und der Regen hatte nur wenig nachgelassen. Dennoch wollte ich mich noch etwas umsehen, und Marco ging schon einmal zurück zum Auto. Über den großen Stadtplatz lief ich hinauf zum Park narodnog ustanka. Der Innenstadtbereich wirkte kahl und leer. Hier – so muss ich sagen – fehlt jegliche Atmosphäre. Es ist eben eine Innenstadt, aber zu sehen gibt es wenig. Das riesige Gebäude des Pazinski kolegij hatten wir bereits bei der Hinfahrt gesehen. Die riesige Hochschule ist mächtig und beeindruckend. So, jetzt hatte ich Marco aber wirklich genug warten lassen, habe noch etwas vom fehlenden Charme der Innenstadt in mich eingesogen und begab mich zurück zur Sv. Nikola und Marco. Dieser hatte leider seinen ersten Eindruck von Pazin nicht verbessern können, und auch ich war von Pazin nicht gerade begeistert. Doch ich habe mir vorgenommen zurückzukommen, um auch die noch fehlenden Winkel der Stadt noch einmal in Augenschein zu nehmen.

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Das imposante Pazinski kolegij

Zum Abschluss des Tages besuchten wir die in Rovinj etwas abseits gelegene Konoba Tipico Green Garden. Früher befand sich diese in der Innenstadt; man darf nicht den Fehler machen und sie dort suchen. Sie sind in den Stadtteil Monsena umgezogen, 5 Kilometer von der Altstadt entfernt. Da wir bereits eine fortgeschrittene Uhrzeit hatten, sahen wir vom „Green Garden“ nichts mehr, doch das nicht ganz einfach zu findende Anwesen ist sicher sehenswert. Wir parkten auf dem leeren Parkplatz und betraten das Lokalinnere. Andere Gäste waren nicht dort, kamen dann aber noch, während wir Platz nahmen. Es war etwas kühl in der Konoba. Ja, hatten die denn keine Heizung? Ich bestellte erst einmal einen „Tipico Green Garden Super Salat“. Meine Augen waren mal wieder größer als mein Magen. Auch Marco musste etwas davon essen.

Und dann wagte ich ein Experiment: Tintenfisch. Für mich muss Tintenfisch in einer ganz bestimmten Form serviert werden, damit ich mich da heran wage. Fritiert oder als Tintenfischringe oder auch in kleinen Stücken ist das vollkommen in Ordnung. Auch Oktopussalat habe ich mittlerweile lieben gelernt. Hier ist dann aber auch die Konsistenz des Fleisches eine ganz Andere wie bei manch anderen Gerichten, viel bissfester. Wenn man sich wenigstens sicher sein könnte, solche kleinen Tuben serviert zu bekommen, würde ich es sofort wagen. Vor Jahren hatte ich in Kaštela jedoch einmal Tintenfisch serviert bekommen mit fürchterlichen Innereien, woran ich heute immer noch denken muss. Mir ist selbstverständlich bewusst, dass viele Kroatienereisende auf ihre Lignje na žaru schwören, doch tue ich mich dabei immer wirklich schwer.

Hier im Tipico Green Garden gab es allerdings mit Feta und Schinken gefüllten Tintenfisch mit Mangoldkartoffeln. Das wagte ich jetzt einfach mal. Mutig ist der Herr! Marco bestellte Schweinsmedaillons mit Pflaumen und Kartoffeln. Was soll ich sagen? Der Tintenfisch war fantastisch! Richtig lecker. Und auch Marco war sehr zufrieden, wenn auch die Pflaumen ihren vollen Geschmack wohl nicht entfalten wollten. Zum Tintenfisch hatte ich selbstverständlich Weißwein bestellt. Einfach nur weißen Hauswein, doch dieser war sowas von vorzüglich, dass ich davon nur schwärmte. Es war also ein hervorragendes Abendessen, ganz so, wie man es sich in einer istrischen Konoba wünscht.

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Der gefüllte Tintenfisch

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Schweinsmedaillons mit Pflaumen

Da wir in der Speisekarte auch Lammpeka entdeckt hatten und von der Konoba recht begeistert waren, bestellten wir unversehens eine Peka für den übernächsten Abend. Wir lieben Lammpeka, aber auch diese gibt es bekanntermaßen in vielen Variationen und ist beileibe nicht immer so super, wie wir sie kennen und schon oft gegessen haben. Doch hier im Tipico Green Garden, den wir wirklich nur empfehlen können, wäre sie sicher gut, dessen waren wir uns sicher. Nach einem wirklich netten Gespräch mit der männlichen Bedienung – war das der Chef? – verabschiedeten wir uns, und der Herr freute sich zusehends, dass er uns in zwei Tagen wiedersehen würde. Marco wünschte dem Herrn in seiner liebenswürdigen Art und Weise wieder bessere Zeiten mit mehr Einnahmen, ohne diese unsägliche Coronakrise. Nach einem wieder einmal ereignisreichen Tag ließen wir den Abend auf unserem Balkon in gewohnter Weise ausklingen. Bei einem Bierchen bekamen Freunde und Bekannte die neuesten Urlaubseindrücke mitgeteilt. Den Schnaps von unserem Verkäufer aus Beram ließen wir erst einmal verschlossen.
 

Sporting 505

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Saarland
Nicht zu toppen und für mich der beste Reisebericht des Jahres. Ihr habt sehr viel erlebt das euch hoffentlich für immer in guter Erinnerung bleibt. Soviel erleben wir in 3 Wochen Urlaub nicht... Ich wünsche mir für dich / euch dass ihr noch lange soviele schöne Reisen erleben dürft. Bleibt gesund und kommt gut ins neue Jahr. Ganz großen Dank , dir, Heiko.
 
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