Teil 23:
Also fuhren wir 2 Kilometer nach Norden in die Nähe des Parks Punta. Hier hatte ich einen kleinen Sandstrand rausgesucht, und wir hofften, dass es ganz hübsch sei. Die vielen Betonliegeflächen in und um Umag machten es uns nicht gerade leicht, doch wollten wir nicht allzu weit fahren. Wir suchten einen kostenlosen Parkplatz in der Nähe und liefen den Rest zu Fuß; am Ziel angelangt herrschte jedoch Ernüchterung. Zwischen den überall vorherrschenden Betonflächen war ein ganz kleiner, noch nicht einmal schöner Abschnitt sandigen Strandes, und zu unserem Bedauern mussten wir feststellen, dass der Bereich noch dazu voll mit angeschwemmtem Seegras war. Alles andere als schön. Wir würden einfach weiter nach Norden laufen, bis wir etwas Geeignetes finden würden. Es war recht warm, und wir wollten nur noch in der Sonne liegen.
Letzten Endes fiel die Wahl auf die Bucht Lokvina südlich der Siedlung Monterol. Unterhalb eines Volleyballfeldes und der Laguna Stella Maris war ein schön geformter, kleiner Strand. Auch hier lagen Unmengen an Seegras. Wir fragten uns, warum das eigentlich nicht irgendjemand mal wegräumte. Wer weiß? Vielleicht geschieht das ja in der Hauptsaison. Zum Glück war hinter dem Seegras eine kleine Liegewiese. Ich winkte Marco heran. Wir blieben hier. Wenn man über die aufgeschütteten, großen Steine stieg, die eine künstliche Seite des Strandes bilden, konnte man dahinter noch wundervoll baden. Die Temperatur war noch gut, und ich war sehr froh darüber. Immerhin hatten wir den letzten Septembertag. Ich genoss es. Das Wasser am Strand selbst war zu flach. Marco zog es vor, einfach nur faul am Strand liegen zu bleiben und sich auszuruhen. Wahrscheinlich war er etwas skeptisch, was die Wassertemperatur betraf.
Unsere Badebucht
Septembersonne
Hier konnte man noch herrlich baden
Schroffe Felsen
Seegras
Laguna Stella Maris
Als der Nachmittag sich langsam dem Ende näherte, rafften wir uns wieder auf. Was im Urlaub eindeutig noch fehlte, war ein Leuchtturm. Aus diesem Gund hatten wir uns entschieden, zum Kap zu fahren. Unterhalb von Savudrija liegt die kleine Feriensiedlung Bašanija. Von dort liefen wir den Rest zu Fuß, vorbei am Camping Savudrija. Langsam näherte sich die Sonne dem Horizont, was eine herrliche Abendstimmung erzeugte. Dann sahen wir den Leuchtturm, und die Atmosphäre berührte uns. Der Turm war zwar schön anzuschauen, aber es war noch nicht einmal er, der uns hier hinten am „Ende der Welt“ am besten gefiel. Es war eher die Stimmung, das Gefühl, die Ausstrahlung dieses Ortes. Hier hätten wir zwischen den Kiefern viel einfacher ein schönes Badeplätzchen finden können als direkt in Umag, aber das hätten wir ja schlecht ahnen können. Hinter dem Turm sprangen wir auf den barschen Felsen am Ufer entlang und machten viele Fotos in der Abendsonne. Wir fanden an Stangen aufgehängte Boote, die sich ganz vorzüglich als Fotomotiv eigneten. Wir fühlten uns einfach wohl und genossen es, hier zu sein. Als wir dann aufbrachen, wurde uns langsam wirklich schwer ums Herz. Der Urlaub ging zu Ende.
Ankunft
Der Leuchtturm am Kap
Die Felsen am Kap
Herrliche Umgebung
Auf den Felsen
Die Laune war gut
Der schöne Turm
Hängendes Boot
Langsam geht die Sonne unter
Abendliche Idylle
Zurück zum Turm
Doch ein Ziel blieb uns noch übrig, und um kurz nach 6 erreichten wir das nicht weit von der slowenischen Grenze entfernte Momjan. Es ist etwas kleiner als wir dachten und liegt auf dem 290 Meter hohen Hügel Sveti Mauro über dem Dragonja Tal. Man unterscheidet zwischen Gornji und Donji Momjan. Der Ort ist auch wegen seines exzellenten Muskatweines bekannt, der rundherum in den Weinbergen wächst. So kommt es nicht von ungefähr, dass sich rund um Momjan einige ausgezeichnete Winzer angesiedelt haben. Wir parkten auf dem Parkplatz oberhalb des Ortes und hatten einen schönen Blick auf den Ort und den Glockenturm der Martinskirche. Berühmt ist das alte Kastell, doch hatten wir keine genaue Vorstellung, was uns da erwartete. Unter dem Ort sahen wir einen Turm. Das sollte das Kastell sein? Wir würden sehen, aber wenn das alles war, würde es dort nicht viel zu sehen geben.
Ein erster Blick auf Momjan
Wandert man hinab, so findet man romantische, kleine Gassen vor und ehemalige Stadtvillen einiger reicher, venezianischer Bürger. Unsere langen Schatten liefen uns voraus in den Ort hinein. Die mittelalterliche Atmosphäre überzeugte uns zugleich. Einige Häuser werden langsam vom Efeu erobert. In herrlichen alten Gebäuden mit bunten Fensterläden wird Olivenöl und Honig angeboten. Zwischen den alten Steinhäusern wurden wir ganz plötzlich und unverhofft stolze Besitzer eines beigen, zutraulichen Hundes. Wohin wir auch gingen, er folgte uns ganz selbstverständlich. Er sah sich mit uns den Glockenturm an und war an unserer Seite beim Erkunden der Gassen. Er wedelte mit dem Schwanz, schnüffelte dann etwas und wandte sich stets in die gleiche Richtung, die Marco und ich eingeschlagen hatten, wartete geduldig, während wir Fotos machten und hatte uns offensichtlich ganz lieb gewonnen.
Die alten Häuser Momjans
Am Verkaufsshop
Mitten in Momjan
Gasse zur Kirche
Gasse mit Mountainbike
Die alten Steinhäuser
Da kommt schon unser Hund
Der Glockenturm der Martinskirche
An der Kirche
Der schnüffelnde Hund
Wir wollten zum Kastell. Langsam wurde es leicht kühl. Da kam ein Einheimischer mit blankem Oberkörper den Berg hinauf. Die Kroaten sind ein zähes Volk. Als wir ihn nach dem Kastell fragten, wies er uns die Richtung zum Turm unterhalb des Ortes. Auch unser neues Haustier machte sich startklar. Dann rief jemand, und plötzlich sollten wir unseren Hund wieder verlieren. Schade, wir hatten uns schon an ihn gewöhnt. Mach's gut, alter Freund. Dann begaben wir uns den Schotterweg hinab und bogen unten rechts ab auf einen Wiesenpfad. Da war es. Es war alles andere als nur ein Turm. Das Kastell ist großartig und thront majestätisch auf spektakulären, hohen Felsen. Das hatten wir nicht erwartet und waren geradezu baff. Welch ein Anblick! Früher führte eine Zugbrücke hinüber, und der abgehärtete Einheimische hatte uns erzählt, dass eine solche auch wieder gebaut werden soll. Einst besaß die heutige Ruine vier Türme, von denen heute noch einer übrig ist. Erst durch Simone Rota erhielt das Kastell im 16. Jahrhundert die heutige, trapezförmige Form. Die Familie bewohnte das imposante Gemäuer für 300 Jahre, bis sie in ein Haus im Ortskern umzogen. Zwischen unserem Standort und dem Eingangstor lag eine kleine Schlucht, und man sah abenteuerliche Treppen auf der anderen Seite, die bis hinauf führten. Da musste ich hin. Das östliche Ende des Kastells lässt noch einen ehemaligen Turm erahnen, von dem heute jedoch nicht mehr viel übrig ist. Durch ein großes Gerüst kann man hier im Innern hinablaufen.
Ankunft am Kastell
Das imposante Gemäuer
Während Marco lieber wartete, kraxelte ich den Pfad hinab, durchquerte die Schlucht und zog mich an Seilen die schiefen Stufen hinauf. Habe ich schon erwähnt, dass ich sowas liebe? Ich erreichte den Eingang und bestaunte das stattliche Gebäude von innen. Einfach nur klasse. Der verbliebene große Turm ist heutzutage hohl, das heißt, bis auf einiges Werkzeug, das Bauarbeiter in ihm deponiert hatten. Ein kleines Gerüst und ein Bauwagen im Innern zeugen davon, dass man bemüht ist, manches wieder aufzubauen. Ich inspizierte die noch vorhandenen Grundmauern einiger Räume und schaute hinab in das Dragonja Tal, wo große Weinfelder liegen. Glücklich lief ich zurück durch die kleine Schlucht zu Marco; so langsam schwand jedoch das Tageslicht. Wir waren beide der Meinung, dies war ein würdiger Abschluss unseres letzten Tages. Dass das Kastell von Momjan derart imposant sei, davon haben wir vorher nichts gewusst.
Blick aus der Schlucht
Hier geht's hinauf
Am Eingang
Ja, bin ich schon drin?
Die alten Mauern
Im Innern des Kastells
Blick zur anderen Seite
Abschied vom Kastell
Auf dem Weg zurück nach Rovinj machte ich Marco darauf aufmerksam, dass wir direkt an Baderna vorbeifahren würden. Ich wusste, dass daraus ein Wunsch entstehen würde. Ich hätte lieber zum Abschluss noch eine schöne Konoba aufgesucht, doch Marco sollte seine Chance bekommen, auch einmal die istrischen Würste zu essen, die ich vor vielen Tagen hier aß und die Marco so gut fand. Gesagt – getan. Also hielten wir am kleine Bistro Baderna. Das nette, junge Mädel, das uns das letzte Mal bediente, war leider nicht hier, aber Marco ließ sich seine Würste schmecken. Ich bestellte einen großen Grillteller und Rotwein. Zufrieden traten wir den Heimweg an und saßen ein letztes Mal auf unserem Balkon, ließen den Urlaub Revue passieren.
Grillteller
Abreisetag
Donnerstag, der 01.10.2020:
Nun war der Tag unserer Abfahrt also gekommen. Mir fiel auf, dass dies das erste Mal für mich war, dass ich mich im Oktober in Kroatien aufhielt. Wir schliefen lange und ließen uns Zeit. Wir drückten Ivanka ein Trinkgeld in die Hand und bekamen eine kleine Flasche Sliwowitz von ihr geschenkt. Die Koffer hatten wir bereits vorgepackt, so dass nur noch einige wenige Dinge einzupacken waren. Gegen 10:00 Uhr waren wir im Konzum-Markt, gaben unser Pfand ab und frühstückten auf einer Mauer. Wir hatten uns Brötchen und warme Chicken Wings geholt. Für die Rückfahrt nahmen wir noch zwei Schnitzelbrötchen mit. Schweren Herzens fuhren wir los. Was hatten wir trotz des durchwachsenen Wetters für einen tollen Urlaub erlebt. In diesen 12 vergangenen Tagen hatte ich Istrien kennengelernt. Sicher nicht ganz Istrien, doch wir hatten sehr viel gesehen, so dass ich nun einen guten Überblick habe. Istrien ist schön, doch wer hätte auch daran gezweifelt? Wir haben sage und schreibe 20.000 Bilder gemacht – Marco 15.000 und ich 5.000. Vier Mal konnten wir sogar baden, hatten wettertechnisch schöne Tage und auch Regentage, die wir jedoch hervorragend genutzt haben.
Abfahrtsvorbereitungen
Ich habe noch so viele Ideen, was Istrien betrifft, viele Aufzeichnungen voll mit Orten, die ich mir noch anschauen möchte. Von alledem haben wir vielleicht ein Drittel geschafft. Bestenfalls. Ich komme wieder – so viel steht fest. Enttäuscht hatte uns lediglich Žminj, Veprinac, Pazin und Funtana, der Rest war wundervoll. Wir hatten herrliche Bergdörfer gesehen, idyllische Altstädte, wunderschöne Wasserfälle, schöne Strände, haben vorzüglich gegessen, guten Wein getrunken, haben Cocktails genossen, einen Bootsausflug gemacht, witzige Dinge erlebt, viel gelacht, alte Gemäuer besucht, Trüffel genossen, waren in einer Tropfsteinhöhle, besuchten Kirchen mit wertvollen Fresken, ließen den kräftigen Wind am Kap Kamenjak über uns fegen, besuchten einen Leuchtturm und hatten viele interessante Gespräche geführt. Was will man eigentlich mehr? Nein – mehr geht nicht.
An der slowenischen Grenze verloren wir höchstens 2 Minuten und setzten unseren Weg fort. In Slowenien tankten wir voll, um nach den aktuell geltenden Vorschriften in Österreich nicht anhalten zu müssen. Nach dem Mittag machten wir eine kleine Pause an einer slowenischen Tankstelle, aßen unsere Schnitzelbrötchen und holten guten Kaffee. Ohne nennenswerte Zwischenfälle trafen wir gegen 16:00 Uhr auf deutschen Boden. Auch in Österreich gab es an der Grenze keine Verzögerung. Von Bayern bis nach Nordhessen zieht es sich für gewöhnlich noch einmal wie Kaugummi. Gegen 23:00 Uhr waren wir zuhause. Stets ist es ein ungewöhnliches Gefühl, nach einer solchen Reise wieder die eigene Wohnung zu betreten. Manche Pflanzen waren vertrocknet. Doch was nimmt man nicht alles in Kauf, um solch einen schönen Urlaub zu erleben?