Im Juni hatten wir Gelegenheit in Labin an einer Nachtführung durch die Altstadt teilzunehmen. Vor einiger Zeit hat dalmatiner (Traudl) hier im Forum darauf hingewiesen, daß solche Führungen immer Dienstags im Sommer stattfinden. Was lag also näher, daß sich ein Dutzend Freunde und -innen wie man neudeutsch sagt zuerst im Pizzeria Fianona in Labin trafen um anschließend gestärkt den Ausführungen des deutsch sprechenden Führers Mario zu lauschen.
Treffpunkt ist die Loggia am Eingang zur Altstadt glaublich Dienstags alle zwei Wochen um 21.30 Uhr. Bei unserem Besuch waren es sicherlich etwa 50 Besucher, die sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen wollten. So wurden Gruppen gebildet, die jeweils von einem sprachkundigen Gästebetreuer(in) durch die Altstadt geleitet wurden.
Es gab ein paar Italiener, ein paar Kroaten und Slowenen und ein paar Tschechoslowaken, die Sprache der Slowaken und Tschechen ist sehr ähnlich und ganz viele deutschsprachige Teilnehmer, die von Mario betreut wurden. Die anderen Europäer durften den Ausführungen der kostümierten Damen lauschen.
Mario trug die Berufskleidung der Bergleute, weil in der Gegend von Labin über Jahrhunderte hinweg Kohle unter Tage abgebaut wurde. Im Heimatmuseum von Labin ist aus diesem Grund auch ein kleines Schaubergwerk eingerichtet worden.
Wegen der einbrechenden Nacht war es für mich nicht ganz leicht, brauchbare Fotos zu knipsen. Ich hoffe, das Ergebnis gefällt euch trotzdem.
Mario hat uns einige Dinge erzählt, die selbst mir als „altem Istrien-Besucher“ noch neu waren, so z. B. die Geschichte des Olivenbaums auf der Halbinsel.
Vor etwa 2500 Jahren kolonisierten die Griechen viele Küsten des Mittelmeeres und damit auch der Adria. Die Griechen brachten damals auch den Olivenbaum in die Region Labin. Das Olivenöl war damals nicht nur Speiseöl sondern durch die Verwendung mittels Öllampen auch Licht im Dunkeln. Der älteste Olivenbaum der Gegend steht auf einer der Brioni Inseln und soll um die 1600 Jahre alt sein.
Diese Kirche hat etwas, was in Kroatien einzigartig ist. Das angebaute Haus einer reichen Patrizierfamilie hat einen direkten Zugang zur Kirche. So konnten die Bewohner auf einem Balkon abseits des einfachen Volks dem Gottesdienst lauschen.
Bereits vor 2000 Jahren war die Schafzucht in Istrien weit verbreitet. Die Wolle diente der Herstellung von Kleidung, das Fleisch der Ernährung. Vor etwa 200 bis 300 Jahren war der Höhepunkt der Schafzucht erreicht. 500.000 Schafe weideten in den Wäldern und auf den Wiesen Istriens und ernährten so tausende Familien. Die Wolle wurde meist in den Bauernfamilien verarbeitet. Abnehmer war meist das Militär von Venedig und später das des Kaiserreichs Österreich. Alle brauchten Stoffe für Uniformen die besonders wärmten.
Wie bereits oben erwähnt, war Labin Zentrum des Kohlebergbaus. Dutzende kleine und usprünglich meist private Minenfirmen holten das „schwarze Gold“ aus dem Boden. Der Beruf des Bergmannes war schwer und gefährlich. Die tiefsten Schächte von Labin reichen bis etwa 400 Meter unter den Meeresspiegel! Aufgrund des porösen Kalkgesteins kam es wiederholt zu Wassereinbrüchen, die ebenso Opfer forderten wie Kohlestaub- oder Grubengasexplosionen.
Industriell wurde die Kohle erst nach 1918 abgebaut, als das Gebiet als Kriegsbeute an Italien fiel. Das Kernland hatte keine eigenen Kohlevorkommen und so beschloss der Duce in und um Labin neue Gruben zu erschließen. Bevor es mit Jugoslawien zu Ende ging, war auch der Bergbau hier zu Ende. Es lohnte sich einfach nicht, die minderwertige Kohle aus dem Berg zu holen. Das hatten sogar die Kommunisten nach einiger Zeit erkannt.
Hier ein link zur italienischen Kohlestadt Podlabin unterhalb der Altstadt
http://www.adriaforum.com/kroatien/threads/podlabin.79349/#post-808219
und hier ein Bericht über die letzte Mine in Tupljak die als einzige lange noch nach der Schließung der anderen Minen betrieben wurde
http://www.adriaforum.com/kroatien/...ertage-kohlemine-kroatiens.78402/#post-792453
Was die Stadt Labin anbelangt, wurde Albona, wie der Ort über Jahrhunderte genannt wurde, strategisch günstig auf einem Hügel gut 150 Meter über dem Meer erbaut und befestigt. Der Feind kam nicht unbedingt aus dem Landesinneren, sondern oft übers Meer. Wenn beispielsweise Piraten unten am Hafen, dem heutigen Rabac anlandeten, hatten die Einwohner meist genügend Zeit, sich auf einen Angriff vorzubereiten. Wichtig waren dazu nicht nur ausreichend Lebensmittel sondern auch genügend Wasser. Einfach einen Brunnen bohren funktionierte mit den damaligen Techniken in Istrien nicht, weil das Grundwasser nur in sehr großen Tiefen vorhanden ist.
So blieb nichts anderes übrig, als die meist dreimonatige Trockenzeit im Sommer zu überstehen, indem großvolumige Zisternen gebaut wurden. Man rechnete für einen Haushalt etwa 5.000 Liter pro Person für sechs bis 8 Monate mit wenig oder gar keinem Regen. Da kann man sich leicht ausrechnen, wie Wasser gespart werden musste, wenn es im Frühjahr nicht ausreichend geregnet und im Sommer viele Monate lang trocken war.
Wichtigstes Transportmittel in der Stadt war über Jahrhunderte der Esel. Er ist genügsam und gleitet im Gegensatz zu einem Pferd nicht auf dem nassen Pflaster aus. Durch seine begrenzte Größe kommt er auch überall durch, wenn er will. Bekanntlich ist das Störrisch sein eine Eigenschaft der Esel. Alles was man nicht selbst tragen konnte oder wollte trug der Esel mehr oder weniger willig durch die engste Gasse.
Mario hat uns bei der eineinhalbstündigen Führung noch so viele Dinge erzählt, die ich mir leider nicht alle merken konnte.
Am Schluß der Führung gab es noch einen Honiggrappa für alle Teilnehmer vor den Firmenräumen der Familie Negri inmitten der Altstadt gelegen. Diese betreibt eine Ölmühle und verkauft ihre meiner Meinung nach sehr teueren Olivenöle. Der Liter in zugegeben sehr schönen Flaschen kostet ab 280 Kuna, wobei Literflaschen nicht im Angebot sind. Das Olivenöl konnte ebenfalls verkostet werden.
Wem es also abends in Rabac oder den anderen Badeorten der Gegend zu langweilig ist und wer eine kurzweilige informative Gratis-Führung durch Labin möchte, der muß sich nur zu Beginn der Führung am Tor zur Altstadt einfinden. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Jürgen
Treffpunkt ist die Loggia am Eingang zur Altstadt glaublich Dienstags alle zwei Wochen um 21.30 Uhr. Bei unserem Besuch waren es sicherlich etwa 50 Besucher, die sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen wollten. So wurden Gruppen gebildet, die jeweils von einem sprachkundigen Gästebetreuer(in) durch die Altstadt geleitet wurden.
Es gab ein paar Italiener, ein paar Kroaten und Slowenen und ein paar Tschechoslowaken, die Sprache der Slowaken und Tschechen ist sehr ähnlich und ganz viele deutschsprachige Teilnehmer, die von Mario betreut wurden. Die anderen Europäer durften den Ausführungen der kostümierten Damen lauschen.
Mario trug die Berufskleidung der Bergleute, weil in der Gegend von Labin über Jahrhunderte hinweg Kohle unter Tage abgebaut wurde. Im Heimatmuseum von Labin ist aus diesem Grund auch ein kleines Schaubergwerk eingerichtet worden.
Wegen der einbrechenden Nacht war es für mich nicht ganz leicht, brauchbare Fotos zu knipsen. Ich hoffe, das Ergebnis gefällt euch trotzdem.
Mario hat uns einige Dinge erzählt, die selbst mir als „altem Istrien-Besucher“ noch neu waren, so z. B. die Geschichte des Olivenbaums auf der Halbinsel.
Vor etwa 2500 Jahren kolonisierten die Griechen viele Küsten des Mittelmeeres und damit auch der Adria. Die Griechen brachten damals auch den Olivenbaum in die Region Labin. Das Olivenöl war damals nicht nur Speiseöl sondern durch die Verwendung mittels Öllampen auch Licht im Dunkeln. Der älteste Olivenbaum der Gegend steht auf einer der Brioni Inseln und soll um die 1600 Jahre alt sein.
Diese Kirche hat etwas, was in Kroatien einzigartig ist. Das angebaute Haus einer reichen Patrizierfamilie hat einen direkten Zugang zur Kirche. So konnten die Bewohner auf einem Balkon abseits des einfachen Volks dem Gottesdienst lauschen.
Bereits vor 2000 Jahren war die Schafzucht in Istrien weit verbreitet. Die Wolle diente der Herstellung von Kleidung, das Fleisch der Ernährung. Vor etwa 200 bis 300 Jahren war der Höhepunkt der Schafzucht erreicht. 500.000 Schafe weideten in den Wäldern und auf den Wiesen Istriens und ernährten so tausende Familien. Die Wolle wurde meist in den Bauernfamilien verarbeitet. Abnehmer war meist das Militär von Venedig und später das des Kaiserreichs Österreich. Alle brauchten Stoffe für Uniformen die besonders wärmten.
Wie bereits oben erwähnt, war Labin Zentrum des Kohlebergbaus. Dutzende kleine und usprünglich meist private Minenfirmen holten das „schwarze Gold“ aus dem Boden. Der Beruf des Bergmannes war schwer und gefährlich. Die tiefsten Schächte von Labin reichen bis etwa 400 Meter unter den Meeresspiegel! Aufgrund des porösen Kalkgesteins kam es wiederholt zu Wassereinbrüchen, die ebenso Opfer forderten wie Kohlestaub- oder Grubengasexplosionen.
Industriell wurde die Kohle erst nach 1918 abgebaut, als das Gebiet als Kriegsbeute an Italien fiel. Das Kernland hatte keine eigenen Kohlevorkommen und so beschloss der Duce in und um Labin neue Gruben zu erschließen. Bevor es mit Jugoslawien zu Ende ging, war auch der Bergbau hier zu Ende. Es lohnte sich einfach nicht, die minderwertige Kohle aus dem Berg zu holen. Das hatten sogar die Kommunisten nach einiger Zeit erkannt.
Hier ein link zur italienischen Kohlestadt Podlabin unterhalb der Altstadt
http://www.adriaforum.com/kroatien/threads/podlabin.79349/#post-808219
und hier ein Bericht über die letzte Mine in Tupljak die als einzige lange noch nach der Schließung der anderen Minen betrieben wurde
http://www.adriaforum.com/kroatien/...ertage-kohlemine-kroatiens.78402/#post-792453
Was die Stadt Labin anbelangt, wurde Albona, wie der Ort über Jahrhunderte genannt wurde, strategisch günstig auf einem Hügel gut 150 Meter über dem Meer erbaut und befestigt. Der Feind kam nicht unbedingt aus dem Landesinneren, sondern oft übers Meer. Wenn beispielsweise Piraten unten am Hafen, dem heutigen Rabac anlandeten, hatten die Einwohner meist genügend Zeit, sich auf einen Angriff vorzubereiten. Wichtig waren dazu nicht nur ausreichend Lebensmittel sondern auch genügend Wasser. Einfach einen Brunnen bohren funktionierte mit den damaligen Techniken in Istrien nicht, weil das Grundwasser nur in sehr großen Tiefen vorhanden ist.
So blieb nichts anderes übrig, als die meist dreimonatige Trockenzeit im Sommer zu überstehen, indem großvolumige Zisternen gebaut wurden. Man rechnete für einen Haushalt etwa 5.000 Liter pro Person für sechs bis 8 Monate mit wenig oder gar keinem Regen. Da kann man sich leicht ausrechnen, wie Wasser gespart werden musste, wenn es im Frühjahr nicht ausreichend geregnet und im Sommer viele Monate lang trocken war.
Wichtigstes Transportmittel in der Stadt war über Jahrhunderte der Esel. Er ist genügsam und gleitet im Gegensatz zu einem Pferd nicht auf dem nassen Pflaster aus. Durch seine begrenzte Größe kommt er auch überall durch, wenn er will. Bekanntlich ist das Störrisch sein eine Eigenschaft der Esel. Alles was man nicht selbst tragen konnte oder wollte trug der Esel mehr oder weniger willig durch die engste Gasse.
Mario hat uns bei der eineinhalbstündigen Führung noch so viele Dinge erzählt, die ich mir leider nicht alle merken konnte.
Am Schluß der Führung gab es noch einen Honiggrappa für alle Teilnehmer vor den Firmenräumen der Familie Negri inmitten der Altstadt gelegen. Diese betreibt eine Ölmühle und verkauft ihre meiner Meinung nach sehr teueren Olivenöle. Der Liter in zugegeben sehr schönen Flaschen kostet ab 280 Kuna, wobei Literflaschen nicht im Angebot sind. Das Olivenöl konnte ebenfalls verkostet werden.
Wem es also abends in Rabac oder den anderen Badeorten der Gegend zu langweilig ist und wer eine kurzweilige informative Gratis-Führung durch Labin möchte, der muß sich nur zu Beginn der Führung am Tor zur Altstadt einfinden. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Jürgen
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