Mobil Total besuchte mit Reisemobilen und ausgesuchten Fachjournalisten den südöstlichen Zipfel des Balkans, die freie Republik Montenegro.
Nach der sogenannten Wende im Herbst 1989 begann der Zerfall des jugoslawischen Vielvölkerstaats.
Kroatien, Slowenien und andere Teilrepubliken machten sich selbstständig, Serbien träumte von einem großserbischen Reich auf dem Balkan, ein langer, grausamer und blutiger Krieg zwischen den ehemaligen Freunden und Verbündeten in den Jahren 1992 bis 1996 riss auch die kleinste jugoslawische Teilrepublik Montenegro aus ihren sozialistischen Träumen.
Der nicht ganz freiwillige Staatsverband Serbien/Montenegro, der sich schon seit zwei Jahren in Auflösung befand, wurde am 21. Mai 2006 von den Bürgern Montenegros als beendet erklärt, die Unabhängigkeit wurde schon zwei Wochen später, am 3. Juni 2006 ausgerufen.
Und seitdem ist der jüngste Staat Europas auf striktem Westkurs und strebt sowohl die Mitgliedschaft in der EU, als auch in der Nato an.
Doch der vor dem hirnlosen Balkankrieg durchaus lukrative Tourismus an den Küsten Montenegros tendierte nach den Kämpfen um Dubrovnik und anderen Städten fast gegen Null, und die Tourismusbranche, der finanziell erfolgreichste Wirtschaftszweig des kleinen Staates, lag faktisch am Boden.
Es musste etwas passieren, doch die schlecht organisierte staatliche Verwaltung und die traditionellen Strukturen des Landes machten die Schaffung eines neuen touristischen Gesamtkonzepts in den unruhigen Nachkriegsjahren fast unmöglich.
Einzelprojekte, wie hässliche Feriensiedlungen, protzige Hotelkomplexe und andere katastrophale Bausünden, meist von reichen russischen Investoren an den schönsten Stellen der montenegrinischen Küste konzipiert und gebaut, begannen die traumhaften Adriastrände Stück für Stück massiv zu verschandeln.
Vielleicht gerade noch rechtzeitig wurde vor einigen Jahren von verantwortungsbewussten Politikern im Land die Notbremse gezogen.
Neue Tourismuskonzepte wurden diskutiert, Fachgremien gründeten sich, und Kontakte zur EU und zu Tourismusexperten in Deutschland wurden geknüpft.
Die Kontakte sind auf fruchtbaren Boden gefallen, seit fast zehn Jahren helfen die deutschen Organisationen GIZ (Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit) und die CIM (Zentrum für internationale Migration und Entwicklung) aktiv und haben Verbindungsbüros in Montenegros Hauptstadt Podgorica.
Planung, Ausbau und Entwicklung eines ökologischen, nachhaltigen Tourismus, speziell im traumhaft schönen, aber nur mäßig entwickelten Hinterland, das ist das erklärte Ziel der in-und ausländischen Tourismus Entwicklungshelfer.
Reisemobile und Bürokratie
Und jetzt kommt die Redaktion von Mobil Total ins Spiel. Durch beste Beziehungen zu dem Deutschen Botschafter in Montenegro, Peter Platte, entstand die Idee, das Land Montenegro auf seine Reisemobil-Freundlichkeit hin zu untersuchen.
Unsere Anfrage nach einer Presse-Tour mit Reisemobilen durch Montenegro landete nach etlichen Irrwegen über Frankfurt und verschiedenen Dienststellen im Tourismusministerium irgendwann im Postkasten von Dr. Thomas Wöhrstein.
Dieser agile und kompetente CIM-Mitarbeiter (selber Reisemobilfahrer!), der im montenegrinischen Tourismus-Ministerium für Entwicklung und Förderung alternativer Tourismusprojekte zuständig ist, begeisterte sich spontan für unsere Idee.
In Montenegro hatte man begonnen, den Wohnmobil-Tourismus mehr in den Fokus zu rücken. Da kommt der Besuch von Fachjournalistennatürlich gerade zur rechten Zeit.
Thomas Wöhrstein nutzte seine exzellenten Kontakte zu Nebojsa Popovic, dem stellvertretenden Tourismus-Minister in Montenegro, und vereinbarte Treffen mit Vertretern der Camping– und Tourismusbranche, lotete neuStellen für Übernachtungs– und Stellplätze für Reisemobile aus, brachte die Leiter der fünf Naturparks und die Betreiber der wenigen Camping- plätze an einen Tisch und schaffte es mit seinen beiden Kolleginnen, Kirsi Hyvärinen und Dusanka Palic, eine bestens organisierte Pressereise durch Montenegro für die Mobil Total Redaktion zu organisieren.
Auf dieser Rundreise – es begleiteten uns immer eine Handvoll Reise- und Tourismusexperten –sollten wir uns über den Fortschritt im Bereich Reisemobiltourismus und über alle weiteren Planungen und Zukunftsobjekte rund um den mobilen Tourismus in Montenegro informieren, um später unseren Lesern und allen interessierten Reisemobilisten in Deutschland darüber zu berichten.
Als Fachmagazin auf dem Gebiet des mobilen Tourismus war man natürlich auch an den Erfahrungen interessiert, die unsere Redakteure auf den vielen Touren mit Reisemobilen durch ganz Europa gesammelt hatten.
Traumstraße in die Berge
Die Einreise nach Montenegro beginnt mit einer kräftigen Steuer. Eine so genannte Eco-Tax Gebühr von 30,- Euro pro Fahrzeug ist an der ersten Zollstation fällig. Das wirkt nicht gerade wohnmobilfreundlich. Später werden wir auf diese Steuer noch einmal zurück kommen.
Eine fehlende Grüne Versicherungskarte für ein Reisemobil aus unserer Gruppe hält uns noch zusätzlich eine Weile an der Grenze auf, dann sind wir auf dem Weg zu unserem ersten Campingplatz,
Auto-Camp Zlokovic, in Herceg Novi, nur wenige Kilometer an der Küste entlang Richtung Süden.
Eine warme Sonne begleitet uns, die Adria leuchtet in den schönsten Farben. Einkaufsläden, Tankstellen, Pensionen und kleine Gasthäuser reihen sich zwischen Autohäusern, Parkplätzen und sandigen Badebuchten.
Wir sind spät dran, werden schon erwartet im Camp, denn Uros Zlokovic ist nicht nur der Besitzer des idyllischen Campingplatzes, sondern auch gleichzeitig Präsident des Campingplatzverbandes in Montenegro. Einer unserer ersten und wichtigen Gesprächspartner.
Und es war ein überwältigender Empfang für unsere müden und gestressten Reiseteilnehmer, die schon seit über drei Tagen im Reisemobil unterwegs waren. Ein Speedboot für zwölf Personen lag für uns bereit, länger als eine Stunde ließen wir uns den Wind um die Nase wehen, während uns der Kapitän einen kleinen Vorgeschmack von der wilden Schönheit der Bucht von Kotor während eines fantastischen Sonnenuntergangs gab.
Danach hatten unsere äußerst netten Gastgeber eine Büfett mit den leckersten Produkten der montenegrinischen Küche direkt am Strand für uns aufgebaut, und nach dem obligatorischen Begrüßungsschnaps tafelten wir gemeinsam bis weit in die Nacht.
Ernste Gespräche über die Situation des Campingverbandes wurden deshalb auf den nächsten Morgen vertagt.
Beim gemeinsamen Frühstück der Tourteilnehmer mit dem Präsidenten des montenegrinischen Campingverbandes und einigen lokalen Behördenvertretern wurden wir einerseits über die derzeitige Situation der Tourismusbranche, andererseits aber auch über die Höhepunkte unserer Rundreise durch das Land informiert.
Und mit der Planung und Ausarbeitung unserer Tour mit fünf Reisemobilen durch den „Zwerg von Europa“ hatten sich alle zuständigen Stellen mächtig Mühe gegeben, wie wir später dankbar
feststellen konnten.
Auf der Panoramastraße in die Berge
Gegen 10.00 Uhr machten wir uns mit frisch gesäuberten Fahrzeugen (eine perfekte Wohnmobilwäsche kostet sechs Euro) auf den Weg.
Sachkundig, freundlich und stets hilfsbereit geführt und begleitet von Dr. Wöhrstein, unserem Ansprechpartner und Kontaktmann während der gesamten Reise, setzte sich die imposante Kolonne von teilintegrierten Reisemobilen in Marsch und folgte in Herceg Novi der neuen Panoramastraße hinauf ins bergige Landesinnere nach Risan, Grahowac, Niksic und Safnik.
Panoramastraße, das klingt nach Traumstraße der Welt, nach Weite, nach Platz und geruhsamer Fahrt mit Musikund Tempomat.
Doch weit gefehlt, der Weg hinauf zu unserem ersten Termin mit einem Campingplatzbetreiber in den Bergen ist Abenteuer pur! Schmale Straßen, oft nicht viel breiter als die Fahrzeuge, enge Serpentinen und Dutzende von Haarnadelkurven – über zwei Stunden konzentrierte und harte Arbeit am Lenkrad.
Doch dieses bisschen Plackerei ist nichts gegen das Erlebnis Natur! Fasziniert von grandiosen Ausblicken über das Meer, über dunkle, teilweise noch schneebedeckte Berge, hinab in abgrundtiefe Schluchten, über Hochalmen und kleine Dörfer, halten wir mehrmals unterwegs an, um unvergessliche Fotos zu schießen und uns an einer grandiosen Landschaft zu berauschen,die in Mitteleuropa in dieser Ausprägung nicht zu finden ist.
Ein kurzer Zwischenstop führt uns zum Camp Jatak, nahe des Dorfes Poscenje.
Ein massives Holzhaus mit offener Veranda dient als Restaurant, im Hintergrund eine Handvoll der typischen Holzhütten, die auf fast jedem Camp in Montenegro zur Übernachtung von Gästen bereitstehen.
Hinter dem Haus ebene Wiesenflächen in mitten eines imposanten Bergpanoramas. Hier will der Betreiber Tripco Karadzic 30 Reisemobil-Stellplätze, einen Grillplatz und Sportanlagen bauen.
Einen schöneren Stellplatz in fast voralpenähnlicher Natur wird man kaum finden, und erste Bauarbeiten haben bereits begonnen.
Doch das ist nicht alles, was der Besitzer dieser Idylle seinen Gästen bieten kann. Ein gut beschildertes Wegesystem für Wanderer oder Radfahrer führt vom Camp zu einer sehenswerten Brücke über eine zerklüftete Schlucht, zu einem malerischen Bergsee und einem tosenden Wasserfall.
Licht und Schatten in Montenegro
Die Mobil Total Reisemobilkolonne fährt weiter durch kleine, gepflegte Dörfer und vorbei an einsamen Gehöften hinauf zum Durmitor-Nationalpark.
Nebelschleier hängen in den tiefen Tälern, Wolken ziehen über karstige Berge, wir sind weit über einem Kilometer über dem Meeresspiegel.
Mehr als die Hälfte Montenegros liegt mindestens eintausend Meter hoch, zehn Prozent reichen sogar über 2000 Meter hinaus. Und der Rest liegt irgendwo unten am Meer.
Nicht umsonst kursiert der alte Witz in Montenegro, dass die mit Abstand längste Strecke im Land, die völlig eben und ohne Berg und Tal ist, die Start-und Landebahn des Flughafens in Podgorica ist. Galgenhumor miteiner gehörigen Portion Wahrheit!
Unser nächster Termin gilt einem geplanten Reisemobilstellplatz in einem der größten Nationalparks in Montenegro.
Ökologie und Naturschutz hat sich der junge Staat im Jahr 1991 in das Grundgesetz geschrieben, Schutz und Erhalt der Natur hat also Verfassungsrang.
Doch wie so oftliegen zwischen Anspruch und Wirklichkeit manchmal kleine, manchmalnoch große Welten.
Im Vergleich zu anderen europäischen Staaten steckt das Umweltbewusstsein inMontenegro noch in den Kinderschuhen.
Glas, Müll-und Papiercontainer findet man kaum, manche Abwässer fließen ungeklärt in Flüsse oder ins Meer, Müll und Sperrmüll wird nicht selten im Gelände „verklappt“ oder im eigenen Garten verbrannt. Defekte Autos, abgefahrene Reifen und funktionslose Kühlschränke werden in der Regel einfach am Straßenrand stehen gelassen.
Aber das soll in Zukunft alles besser werden, strikte Umweltgesetze und strenge Bestimmungen zeigen erste Wirkung, harte Strafen und Sanktionen bis hin zu Freiheitsentzug stehen auf Zuwiderhandlungen.
Auf der anderen Seite profitiert die Umwelt von einer kaum vorhandenen Industrie und deren irreparablen„Ausdünstungen“.
Obst und Gemüse wachsen, von Düngern und Pestiziden unbelastet, in privaten Gärten oder überschaubaren Bauernhöfen und kommen knackfrisch auf den Markt und in die Geschäfte.
Fleisch und Fisch erreichen ohne aufwändige Kühlketten die Verkaufsstellen, die Luft ist klar und sauber und Flüsse im Landesinneren haben fast immer Trinkwasserqualität.
Das Meerwasser entspricht durchgehend europäischem Badestandard und gilt als das sauberste
am gesamten Mittelmeer.
Licht und Schatten also in einem kleinen Land, wobei die Waage in letzter Zeit wohl deutlich mehr Richtung Licht ausschlägt.
Immerhin will Montenegro in die EU und da ist für „Schmutzfinken“ kein Platz.
Einzigartige Beispiele für unberührte und geschützte Natur sind die, über das ganze Land
verteilten Naturschutzparks.
Eine besondere Regierungsstelle ist für die umweltbewusste Pflege und für
den Schutz dieser intakten und hochsensiblen Ökosysteme zuständig.
Und diese absolut naturbelassenen Waldflächen, Hochebenen und menschenleeren Gebiete üben auf den Besucher eine kaum beschreibbare Faszination aus. Bären und Wölfe sind hier zu Hause, Luchse, Vielfraße und seltene Raubvögel haben in diesen unberührten Landstrichen ihren geschützten Lebensraum, und das Ökosystem Wald bleibt sich selbst überlassen.
Wir sind verabredet mit einem Ranger, der uns am äußersten Rand des Naturparks Durmitor ein Gelände zeigen will, das für die Einrichtung eines Reisemobil-Stellplatzes vorgesehen ist.
Die Planungen sind weit vorangeschritten, erste Bautätigkeiten sind im Gange.
Auf einer wunderschönen Waldlichtung werden in wenigen Wochen die ersten Wohnmobile stehen.
„Die Besucher können zu Fuß oder mit dem Radden Naturpark erkunden, werden
glücklich und zufrieden sein, das ist sicher“, so der Ranger.
Einen schönerenund naturnäheren Stellplatz kannman sich als Wohnmobilist überhaupt
nicht wünschen.
Gastfreundschaft und gute Gespräche
Nach einer kurzen Wanderung um einen traumhaft gelegenen See erreichen wir wieder unseren Parkplatz, besteigen unsere Teilintegrierten und sind wenige Minuten später wieder auf der schmalen Landstraße, die uns zum nächsten Treffpunkt in Kod Boce bringen soll.
Regen hat eingesetzt, ein böiger Westwind jagt tiefhängende Regenwolken über die nahen 2000er. Für Fotoshootings ist heute nicht das richtige Wetter, und so kommen wir relativ zügig voran.
Zügig heißt unter diesen Umständen, dass man für 40 Kilometer gut und gerne zwei Stunden
einplanen sollte, spätestens dann, wenn unseren fünf hintereinander fahrenden Reisemobilen auf einer Engstelle, vielleicht sogar in einer unübersichtlichen Kurve, ein Bus oder ein qualmender LKW entgegen kommt. Dann wird die Sache spannend, bleibt aber eigentlich immerausgesprochen stressfrei.
Nicht einmal haben wir lautes Schimpfen oder drohende Blicke oder Gesten der Entgegenkommer gesehen, eher im Gegenteil, man macht uns bereitwillig Platz, grüßt freundlich und ist erkennbar begeistert, dass so viele Menschen in so vielen Fahrzeugen aus dem fernen Deutschland Urlaub
in ihrem Land machen.
Die Höflichkeit, Freundlichkeit und die alles überragende Gastfreundschaft der Montenegriner ist überwältigend und wird uns allen wohl noch lange im Gedächtnis bleiben.
Am frühen Abend erreichen wir das Camp Kod Boce in der Nähe des Dörfchens Zabljak. Wir sind nun weit im Norden des Landes, die Grenzen zu Serbien und Bosnien/Herzegowina sind nicht weit.
Auf einem terrassenähnlichen Wiesengelände ist nicht nur ein ausreichend großer Stellplatz
für zehn bis fünfzehn Reisemobileangelegt, auch eine kleine Pension, ein komfortables Sanitärgebäude und eine komplett eingerichtete Küche stehen den Übernachtungsgästen zur Verfügung.
Überdachte Pavillons für gemütliche Grillabende, eine Handvoll der typischen Übernachtungs-Hütten, ein Kinderspielplatz, sowie eine improvisierte Ver-und Entsorgung für Reisemobile zeugen vom Engagement und der Begeisterung der Familie, die diesen liebevoll gepflegten und fantastisch gelegenen Platz unter ihren Fittichen hat.
Zum Fototermin und für ein Interview mit der Betreiberfamilie, mit einem Vertreter der Nationalparkverwaltung und mit Mitarbeitern der lokalen Tourismusbehörde hatten wir gerade in der gemütlichen Campingküche Platz genommen, und ehe wir uns versahen, war der Tisch überreichlich gedeckt mit saftigen Koteletts, heißen Pellkartoffeln, Käse, Schinken, Brot, Honig, Yoghurt und süßem Gebäck.
Es wurde ein toller und informativer Abend, denn bei keiner Gelegenheit wird man
mehr über Land und Leute erfahren, als wenn man mit den Menschen zusammen isst und trinkt.
Als ein ganz besonderer Glücksfall hat sich auch bei diesem Termin erwiesen, dass wir auf der gesamten Rundreise von der quirligen und engagierten GIZ-Mitarbeiterin Dusanka Palic begleitet wurden, die uns nicht nur als viel beschäftigte Dolmetscherin zur Seite stand, sondern auch durch ihr fundiertes Insiderwissen über die, für uns Gäste nur schwer durchschaubaren, montenegrinischen Strukturen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft eine tatkräftige und wichtige Unterstützung war.
Rekordverdächtig: Die Tara Schlucht
Im Buch der Rekorde hat unser Gastland einige absolut sehenswerte Einträge. Tiefste Schlucht in Europa, größter Binnensee des Balkans, längster Strand der Adria, einziger Fjord im Mittelmeer, der letzte Urwald des Kontinents, von den fünf grandiosen Nationalparks einmal ganz zu schweigen.
Bei strahlendem Sonnenschein formiert sich unsere Reisemobilgruppe, um der Tara Schlucht einen Besuch abzustatten.
Die Tara, genannt die Träne Europas, ist mit 140 Kilometern Montenegros längster Fluss.
Viele Mythen, Lieder und Gedichte ranken sich um diesen Fluss, der sich durch wilde Landschaften, enge Täler und tiefe Schluchten schlängelt.
Erst 1932 schafften es einige mutige Kanuten, die reißenden Gewässer von der Mündung bis zum Zusammenfluss mit der Drina zu bewältigen.
Nur der Grand Canyon in den USA ist tieferin das Gebirge eingeschnitten. Bis zu 1300 Meter tief ist die Schlucht und zieht sich etwa 88 Kilometer durch wildes und unberührtes Land.
Überspannt wird die Tara bei Durdevicavon einer imposanten, fünfbögigen Brücke, von der man 150 Meter tief unten die schäumenden Wasser beobachten kann. Einige Kilometer flussabwärts hat sich ein kleines Unternehmen auf Rafting-Touren spezialisiert und bietet geführte Kanu- und Schlauchboottrips von drei Stunden bis zu drei Tagen auf der unbezähmbaren Tara an. Für Mutige ganz bestimmt eine tolle Sache.
Auf der Weiterfahrt, immer entlang der Taraschlucht nach Mojkovac am Biogradska Gora Nationalpark, besuchen wir noch ein interessantes Camping- und Reisemobilprojekt Camp Eco Oasa.
Wunderschön in Flussnähe auf einem flachen Wiesengelände gelegen, bietet dieser
Platz schon jetzt all das, was ein Reisemobilist von einem naturnahen, ruhigen und familiärbetreuten
Stellplatz erwartet.
Komplette Reisemobil- Clubs mit bis zu 25 Mobilen hat der freundliche Betreiber schon
auf seinem wunderschönen Campingplatz gehabt, und dass die sich wohlgefühlt haben, das glauben wir ihm auf´s Wort.
Auch Wanderer, Biker und ganz speziell wassersportbegeisterte Rafting-und Kanufahrer sind hier in besten Händen, denn auch für diese Urlauber stehen neue, perfekt ausgerüstete Hütten zur Übernachtung zur Verfügung.
„Fünf in Fünf“ heißt übrigens das ehrgeizige und in Europa einmalige Projekt des Montenegrinischen Ministeriums für Tourismus und Entwicklung.
In fünf Nationalparks werden fünf nagelneue Stellplätze für Reisemobile errichtet und verwaltet.
Montenegro ist somit das erste Land in Europa, das offiziellvon Regierungsseite aus den Reisemobil-
Tourismus fördert.
Artenvielfalt im Nationalpark
Der Nationalpark Biogradska Gora, bekannt durch sein Herzstück, den einzigartig gelegenen See in der Parkmitte, ist schon seit über 100 Jahren vor forstwirtschaftlicher Ausbeutung geschützt und hat sich dadurch zu einem der letzten Urwälder Europas entwickeln können.
Die Artenvielfalt dieser ursprünglichen Waldgebiete ist faszinierend.
Über 2000 Pflanzenarten wachsen auf dem dunklen Gebirgsboden.
200 Vogelarten flattern durch dieWälder, und allein 86 verschiedene Baumarten bieten Hoch-und Niederwildeinzigartigen Schutz.
Hundert Meter von der Landstraße, inunmittelbarer Nähe eines kleinen
Flüsschens und in Sichtweite einer steinernen Eisenbahnbrücke, liegtdas Rondell rund um eine uralte Buche, das uns der Nationalpark-Ranger als Stellplatz für rund zehn Reisemobile vorstellt.
Erste baulicheAktivitäten sind auch hier schon zu erkennen, und auch auf dieser Lichtung entsteht in naher Zukunft ein Reisemobil-Stellplatz in einer landschaftlich fantastischen Gegend.
Wie auch bei den anderen geplanten oder prognostizierten Plätzen ist zum Glück auch hier die Errichtung eines Sanitärgebäudes mit Waschgelegenheit, Duschen und Toiletten nicht vorgesehen.
Die Administration geht davon aus, dass die sanitären Einrichtungen bei allenReisemobilen an Bord sind, und deshalb die Umwelt nicht weiter bauseitig belastet werden muss.
Hoffentlich bringen die zukünftigen Stellplatznutzer soviel Verstand mit, dieser Logik zu folgen.
Heimat der Frösche und Pelikane
Nach soviel Landschaft und Natur stand am nächsten Tag Kultur auf dem Dienstplan.
Manastir Moraca ist eines der vielen orthodoxen Klöster im Land, die auf eine jahrhundertealte Tradition zurückblicken.
Um 1252 wurde das Kloster um die damals schon existierende Kirche errichtet und im 17. Jahrhundert von venezianischen und einheimischen Künstlern prachtvoll ausgeschmückt.
Noch heute arbeiten und leben Mönche mit langen schwarzen Bärten und Gewändern
in den Ländereien und Wirtschaftsgebäuden.
Mittelpunkt der gepflegten und gut erhaltenen Anlage ist die Kirche mit einer eindrucksvollen
Sammlung von Fresken und Ikonen.
Über einen kurzen Fußweg ist ein 30 Meter hoher Wasserfall und die berühmte Brücke der Mönche
zu besichtigen.
Eine wahrhaft abenteuerliche Straße entlang der Moraca Schlucht mit schmalen, dunklen Tunnels, mit engen Kurven und unübersichtlichen Spitzkehren führt uns talwärts Richtung Podgorica und von dort weiter zum Skadar-See.
Stellen Sie sich einenSee von der Größe des Bodensees vor.
Beständige Winde, warmesMittelmeerklima – und kein einziges Segelboot, kein Surfbrett, keine privaten Motorboote auf dem Wasser.
Das ist der Skadar-See, der, ebenso wie die im Westen gelegenen Landstriche bis weit hinter die
Festung Lasendro, zum Skadar-See- Nationalpark gehören.
Auf über 370 Quadratkilometer erstreckt sich der größte See des Balkan, wobei rund zwei Drittel der Fläche auf albanischem Gebiet liegen. Völlig naturbelassen und frei von Touristen ist dieser See ein Paradies für seltene Vogel-und Pflanzenarten und bietet über 40 Fischarten eine Heimat.
Mehr als sechs Meter ist der See an keiner Stelle tief, riesige Schilfgürtel umsäumen die grünlich blauen Wasserflächen und die Einsamkeit und Stille dieser einzigartigen Landschaft wird nur vom Quaken der Frösche und den Rufen der Pelikane unterbrochen.
Eine kurze Boots- fahrt bestätigt die Aussage unserer Fremdenführerin, dass hier ein völlig intaktes Ökosystem in einer fast menschenleeren Gegend eine weltweit fast einzigartige Artenvielfalt beherbergt, dessen Schutz und Erhalt sich die Ranger des Naturparks auf ihre Fahnen geschrieben
haben.
Zum Mittagessen sind wir und unsere beiden Tourbegleiter, Dr. Wöhrstein und Dusanka Palic, mit Nebojsa Popovic, dem stellvertretenden Minister für Tourismus, mit Peter Platte, dem Deutschen Botschafter in Montenegro, mit den Vertretern der Nationalparks, mit örtlichen Tourismus-Managern und Vertretern der lokalen Presse in einem noblen Hotel direkt am See verabredet.
Eine interessante und informative Gesprächsrunde, die sich bis weit in die Nachmittagstunden
hinzieht.
Und nicht nur in dieser großen und kompetent besetzten Diskussionsrunde, die natürlich die
Entwicklung und Förderung des Reisemobiltourismus in Montenegro zum Thema hatte, war in vielen
Beiträgen zu erkennen, dass Anspruch und Wirklichkeit nicht immer zusammenpassen.
Bei dieser Gelegenheit erklärten wir auch dem Tourismus- Minister, dass eine Eco-Tax Steuer für die Entwicklung eines nachhaltigen Wohnmobil-Tourismus eher kontraproduktiv sei.
Er wolle in seinem Ministerium die Eco-Tax noch einmal zur Sprache bringen, erklärte uns Herr Popovic darauf.
Endlich wieder am Meer
So viele Berge, so viele Schluchten, Täler, Pässe, Tunnels, Wildwasser und einsame Seen, jetzt lockt das Meer.
Vorbei am Skadar-See und durch den grandiosen Tunnel „Sozina“ geht es weiter Richtung Bar und zu unserem Übernachtungsplatz an der Küste.
Camp Safari Beach in der Nähe von Ulcinj liegt am Rande eines weitläufigen Pinienwaldes und wahrhaftig direkt am Wasser.
Die gepflegte Anlage macht einen super Eindruck, die Erweiterung um einen Bereich für Jugendliche und Partytouristen, weit entfernt von den Stellplätzen für Reisemobile, ist wohl in Planung.
Ein Restaurant mit weitläufiger Terrasse zum Meer, neu konzipierte Sanitärgebäude, eine professionelle Strandüberwachung und wirklich angemessene Übernachtungspreise machen einen Aufenthalt in Safari Beach interessant.
Der nächste Tag war wieder prall gefüllt mit Terminen.
Nach einer spannenden Fahrt über kleine Straßen entlang der Küste erreichten wir Montenegros größte Hafenstadt Bar.
Auf eine langeGeschichte blickt diese Stadt zurück,die einst die Grenze zwischen Österreich-Ungarn und Montenegro bildete.
Auch unter venezianischer Herrschaft (1443-1571) behielt die Stadt an der Adria ihre Selbständigkeit, erst 1572 fielen die Osmanen in Bar ein und behielten die Oberhand bis 1877. Bar ist auch bekannt durch seine regelmäßige Fährverbindung nach Italien.
Zwei Campinganlagen am Meer, die sich in der kommenden Saison für Reisemobile
fit machen wollen, eine geplante Stellplatzanlage nahe der kleinen Ortschaft Rijeka Crnojevica, traumhaf gelegen auf einem Wiesengelände direkt an einem Fluss, all das haben wir uns im Laufe des Tages noch angeschaut, bevor wir über eine abenteuerlich kleine Serpentinenstraßebergauf das Örtchen Virpazar erreichten und uns dort über den einheimischen Weinanbau informierten.
Weiter ging die Reise rund um den Skadar-See mit grandiosen Ausblicken vorbei an Cetinje,
bevor wir in 1.500 Meter Höhe den Nationalpark Lovce erreichten.
Über Flora und Fauna dieses grandiosen Nationalparks informierten uns der Direktor und seine Gattin.
Wanderwege für Schinken und Honig
Um die Attraktivität des ländlichen Raums in Montenegro speziell auch für Reisemobilisten zu erhöhen, haben sich die Marketingfachleute im Tourismusministerium noch einige Besonderheiten einfallen lassen.
Rund um den Ort Njegusi, zwischen Cetinje und Kotor gelegen, haben Gäste die Möglichkeit, die lokale und weit über die Landesgrenzen hinaus bekannte Schinkenproduktion live und vor Ort zu erleben.
Aber nicht nur der speziell geräucherte Njegusi-Schinken, auch die lokalen Honigprodukte können in diversen Räuchereien, Imkerbetrieben und anderen Verkaufsstellen getestet und käuflich erworben werden.
Diese, für Wanderer und Biker gekennzeichneten Wege haben wir uns angeschaut, noch im Laufe dieser Saison sind weitere Aktionen geplant, die bei den Touristen Interesse an den ländlichen Agrarprodukten Montenegros erwecken sollen.
Wieder zurück zur Küste geht es über eine der geplanten Panoramarouten, die mit unglaublichen
Ausblicken über die weltberühmte Bucht von Kotor aufwarten
können.
Doch von der Formulierung„Panoramastraße“ sollte man, wie schon eingangs erwähnt, keinen gut ausgebauten und mit Parkplätzen und Souvenirbuden gespickten „Touristenhighway“ erwarten, ganz im Gegenteil, es handelt sich hier um die bekannte Gebirgsstrecke mit Spitzkehren, Engstellen und mit den 25 spektakulären Haarnadelkurven, die in jedem Reiseführer erwähnt werden.
Ein tolles und unvergessliches Erlebnis, das einerseits ein gewisses Maß an fahrerischem
Können erfordert, auf der anderen Seite aber mit Panoramaausblicken und unvergleichlichen Bildern tief unten auf die Kotorbucht aufwarten kann, die man wahrscheinlich im Leben nie mehr vergisst.
Schiffe versenken für eine heilige Ikone
Die absolut sehenswerten Küstenstädte Kotor und Perast wurden uns von einer topinformierten und gut gelaunten Stadtführerin vorgestellt, es war eine Freude,ihren spannenden Geschichten Montenegro kann zu lauschen und tiefe Einblicke in eine Jahrhunderte alte Kultur und Geschichte dieser florierenden Hafenstädte zu bekommen.
Über viele Jahrhunderte waren die Seefahrer von Perast weltberühmt, sogar eine Seefahrer-und Navigationsakademie beherbergte die kleine Gemeinde, die es auf Grund Ihres immensen Reichtums im 17. und 18. Jahrhundert auf die stolze Zahl von 14 Kirchen im Dorf brachte.
Viele Jahre war Perast menschenleerund dem Verfall der Kirchen und der noblen Bürgerhäuser ausgesetzt.
So langsam aber kehrt das Leben in diese ehemalige Geisterstadt zurück, und auf Grund ihrer historischen Bedeutung wurde das Hafenstädtchen nun endlich unter Denkmalschutzgestellt.
Den Abschluss unserer Montenegro-Rundreise machte eine Stippvisite zu den beiden
Kircheninseln Gospa und Sv. Dorda, die in der Bucht von Kotor dem Schiffbauer-und Seefahrerstädtchen Perast vorgelagert sind.
Die westliche der beiden Inseln beherbergt ein Benediktinerkloster.
Quelle