Hi,
mein Name ist Frank und ich bin durch Zufall über diesen Thread gestolpert. Habe ihn komplett gelesen und muss jetzt mal der Bitte einer Grenzbeamtin am Grenzübergang "Jazince", vom Kosovo nach Mazedonien, Ende Juli diesen Jahres nachkommen. Dafür muss ich ziemlich weit ausholen und wem das zu lang oder zu langweilig wird, der braucht es ja nicht zu lesen.
Alles was in diesem Thread steht ist sicher fundiert und richtig. Auch mir fällt es schwer eine positive Perspektive für diesen jungen Staat zu erkennen, weil so viel dagegen spricht. Korruption und Armut spielen sicher eine große Rolle. Die Abhängigkeit von den umliegenden Staaten, die brachliegende Wirtschaft und hohe Arbeitslosigkeit geben kaum Anlass zur Hoffnung. Aber ich möchte die aktuelle Situation einmal aus meiner Perspektive als "Kosovo-Tourist" darstellen. Ganz subjektiv, ohne Anspruch auf Vollständigkeit sondern nur die persönlichen Erfahrungen die man bei der Reise durch das Land so sammelt. Dabei kann ich auch nur aus den Regionen im Süden, entlang der albanischen Grenze berichten.
Meine Frau und ich unternehmen schon seit Jahren Motorradreisen durch Südosteuropa und manchmal auch etwas weiter. In diesem Jahr hat es uns auch in den (oder das) Kosovo verschlagen. Eigentlich wollten wir hier nur unseren Nachbarn besuchen der im Kosovo auf "Heimaturlaub" in der Nähe von Istog war. Aber irgendwie war er dann doch nicht da. Also haben wir den Kosovo ein paar Tage (im Juli) alleine bereist. Die Unruhen zwischen den Serben und den Albanern gibt es ja eigentlich nur im Norden des Landes, nördlich des Flusses Ibar. Das betrifft aber nur einen ganz kleinen Teil vom Kosovo. Diesen Bereich sollte man als Tourist natürlich meiden. Im übrigen Land ist es durchaus absolut friedlich und ruhig.
Wir haben in diesem Jahr eine Motorradtour durch 10 Länder, von Österreich nach Griechenland unternommen. Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Serbien, Kosovo, Albanien, Mazedonien nach Griechenland. 3 Wochen 10 Länder. Meine Partnerin und ich sind uns absolut einig dass uns die freundlichsten Menschen bei dieser Reise durch 10 Länder im Kosovo begegnet sind. Das beste Hotel auf der ganzen Reise hatten wir übrigens auch in Pece (Peg oder Peja).
Es fing schon an als wir am Grenzübergang zum Kosovo nach unserer Intention gefragt wurden diese Grenze zu überqueren: "Möchten sie jemanden besuchen ? - Müssen sie hier arbeiten ... ?" - "Nein, wir sind nur Touristen. "Tourists ????" - Die haben uns angeguckt als kämen wir von einem anderen Stern. Jedenfalls waren die kosovarischen Genzbeamten die freundlichsten auf unserer ganzen Reise.
Wir hatten eigentlich extrem schlechte Straßenverhältnisse erwartet und waren dann erst einmal sehr positiv überrascht. Die Hauptverbindungsstraßen waren alle nicht schlechter als die bei uns im Siegerland. Man muss zwar viel langsamer fahren weil ständig Vieh auf der Straße steht, aber das tut es ja in dieser Region in allen Nachbarländern auch. Peja wurde uns von unserem (in Deutschland lebenden) albanischen Nachbarn (im Vorfeld) als absolutes Moloch beschrieben. Wir haben das etwas anders erlebt. Peja ist gerade eine Riesenbaustelle, alle Hauptverkehrsstraßen werden erneuert, neue Leitungen gelegt - eigentlich eine Großbaustelle. Das ist schon nervig, aber das ist wahrscheinlich in jeder Stadt so, wo gerade die Hauptstraßen erneuert werden.
Im Stadtzentrum ist man aber schon fertig mit den Umbauarbeiten. Es gibt ein kleines autofreies Zentrum was ich durchaus als angenehm bezeichnen würde.
Ein paar Bilder:
(Eigentlich wollte ich die Fotos den Texten nocj zuordnen aber ich komme mit dem Editor hier nicht so gut zurecht, deshalb jetzt alle Fotos zusammen)
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Total cool fand ich das für Kinder Elektrokettcars verliehen wurden, die Kinder hatten einen Rießenspass dabei, wenn auch die ein- oder andere Klapptafel eines Restaurants dabei schon mal umgemäht wurde. (Die Dinger waren schnell)
Hier in diesem Thread wurde schon öfters davon berichtet das die meisten jungen Menschen den Kosovo verlassen haben. In Peja und auch in Prizren haben wir das anders erlebt. Wir waren auch bis spätabends unterwegs und haben eine sehr tolle "multikulti" Atmosphäre erlebt. Die Leute sind (anders als in Albanien) sehr aufgeschlossen, haben weniger berührungsängste und sind auch stolz auf ihren jungen Staat. Aus deren Sicht kann ich das absolut nachvollziehen. (Trotz aller negativen Prognosen für das Kosovo). Wie haben hier sehr viele hilfsbereite und aufgeschlossene junge Menschen getroffen.
Sie wollen es auf jeden Fall versuchen - was daraus wird - man wird sehen - ich würde es ihnen gönnen wenn es klappt.
Im Kosovo gibt es auch landschaftlich interessante Gebiete. Während "die große Mitte" hauptsächlich auf einer Ebene liegt, gibt es aber mindestens 2 Gegenden die ich empfehlen kann. Das ist zum einen das Rugovatal - westlich von Pec. Da der Grenzübergang nach Montenegro durch die Schlucht nicht mehr möglich ist, ist das Tal jetzt eine Sackgasse. Aber das hat auch zur Verkehrsberuhigung beigetragen. Es lohnt sich aber dieses Tal mal ganz hinauf zu fahren. Am Anfang der Schlucht befindet sich auch das Patriarchenkloster. In der Rugobaschlucht gibt es zahlreiche Camps in denen man günstig übernachten und Essen kann. Das mit den "Hamburgern" klappt noch nicht so gut, aber ansonsten war es total cool, (Unsere Erlebnisse hier komplett zu schildern würde den Rahmen sprengen)
DIe Gegend nordöslich von Prizren ist auch sehr schön. Das sieht teilweise genauso aus wie im Sauerland. Hier haben wir vereinzelt noch Minenwarnschilder gesehen, wehalb man die Hauptberkehrsstraßen besser nicht verlassen sollte. Sonst wäre das nämlich eine wunderschöne Wandergegend. (Vieleicht in ein paar Jahren)
Jedenfalls wurden wir bei der Ausreise aus dem Kosovo nach Mazedonien von einer kosovarischen Grenzbeamtin gefragt wie es uns denn jetzt im Kosovo gefallen hätte. Wir haben ganz ehrlich unsere Erlebnisse geschildert und gesagt dass es uns insgesamt sehr gut gefallen hätte. Daraufhin war sie völlig aus dem Häuschen und sagte: "Bitte, bitte, bitte erzählt das auch überall weiter, denn die meisten Westeuropäer haben ein völlig falsches Bild von unserem Land - wissen gar nicht dass es hier auch sehr schöne Gegenden gibt und auch nette Menschen."
Das habe ich hiermit getan.
(Das Kosovo ist m.E. durchaus eine Reise wert !)
Gruß: Frank
(fahren vieleicht 2013 noch mal hin)