Das verschwundene Istrien: Eine vergessene Vertreibung

Parenzan

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Aus der FAZ am Sonntag vom 4.9.2005:

Messer, Gabel, Stuhl und Bild: Der Hafen von Triest beherbergt Zeugnisse einer Vertreibung


Hausrat und Möbel, Fischernetze und Werkzeugkästen, Vogelkäfige und Schulhefte, Madonnenstatuen und sogar eine Wagner-Büste: in einem Lagerhaus im theresianischen Freihafen von Triest stapeln sich 18000 Kubikmeter Hinterlassenschaft einer untergegangenen Kultur - jener der Italiener aus Istrien, die nach dem Zweiten Weltkrieg vor dem kommunistischen Terror flüchteten.


Als die Hafenstadt Pola im Februar 1947 unter alliierter Aufsicht von den Italienern geräumt wurde, blieb eine fast menschenleere Stadt zurück, denn 30000 der 34000 Einwohner der Stadt hatten sich für den Abschied entschieden. In der kommunistischen Propaganda war von einem großen Sieg über die Klasse der Ausbeuter und Volksfeinde die Rede. Als junger Journalist erlebte Indro Montanelli den Exodus, er beschrieb die wackeligen Kommoden, die alten Stühle und die verschnürten Koffer, die die Italiener auf die Leiterwagen luden: "95 Prozent dieser Exilanten sind arme Teufel, und ihre Habe zeugt von ihrem Elend." Wie aus Pola flüchteten Italiener aus Zara und aus Fiume, aus Rovigno, Parenzo und Capodistria, aus Städten und Dörfern, die heute nur noch unter ihren kroatischen und slowenischen Namen auf den Landkarten verzeichnet sind. Bauern, Handwerker und Fischer, die mit ihrer Arbeit ihre Familien ernährt hatten, waren plötzlich herausgerissen aus ihrem Lebenszusammenhang. Arbeitslos und mit den Familien auf kleinstem Raum zusammengepfercht, verbrachten sie meist viele Jahre in Flüchtlingslagern und litten unter ihrer Abhängigkeit von fremder Hilfe. Ihren beweglichen Besitz hatten die "esuli" aus ihrer von Jugoslawien annektierten Heimat zwar mitnehmen dürfen, aber in den überfüllten Flüchtlingslagern war dafür kein Platz.

Viele von ihnen leben nun in Amerika und in Australien, zurückgeblieben ist ihre Habe, die einen einzigartigen Querschnitt durch die materielle Alltagskultur der italienischen Dörfer und Städte Istriens darstellt. Im ehemaligen Auffanglager Padriciano, einem Dorf im Karst, dokumentiert eine Ausstellung den Verlauf dieser "ethnischen Säuberung". In Triest ist indes ein Museum der Kultur der Italiener aus Istrien und Dalmatien in Vorbereitung, das einen Teil der Hinterlassenschaft der Flüchtlinge aufnehmen soll. Die Arbeiten sollen im Oktober beginnen. Und ein amerikanischer Anwalt, Sohn italienischer Einwanderer, hat in Triest eine Kanzlei eröffnet, die sich für die Entschädigung der "esuli" durch die italienische Regierung stark macht. kps.


Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 04.09.2005, Nr. 35 / Seite 11
 
F

Fred

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Zitat von Parenzan:
Als die Hafenstadt Pola im Februar 1947 unter alliierter Aufsicht von den Italienern geräumt wurde, blieb eine fast menschenleere Stadt zurück, denn 30000 der 34000 Einwohner der Stadt hatten sich für den Abschied entschieden. In der kommunistischen Propaganda war von einem großen Sieg über die Klasse der Ausbeuter und Volksfeinde die Rede.


Entweder wurde da nicht richtig aus einem Artikel der FAZ kopiert, oder der Journalist hat schlecht bzw. unvollständig recherchiert !
Vielleicht hatte er ja auch die "italienische Brille" auf und deshalb Fakten schlicht verschwiegen :

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Pula von italienischen Truppen besetzt :!: :!: und kam durch die Friedensverträge ebenso wie ganz Istrien zu Italien.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Stadt im Mai 1945 von jugoslawischen Truppen eingenommen und wurde zusammen mit Istrien zu einem Teil Kroatiens, eine Situation die im Friedensvertrag von 1947 bestätigt wurde. Zusammen mit ganz Kroatien war Pula bis 1991 Teil Jugoslawiens.

Faziut : Ein journalistischer Fehlgriff bzw. unsinnige Propaganda eines italienischen (??) Journalisten !

Es wäre interessant zu wissen, wie er zu diesen Zahlen gekommen ist ....

Daß die Italiener Istrien ganz gerne zurück haben möchten, ist ja nicht so neu ...... :cry:
 

burki

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bei Wikipedia ist folgendes zu lesen:

Istrien: Im Jahre 1945 wurden Zehntausende Italiener aus Istrien vertrieben und enteignet. Über die Zahl der Betroffenen existieren sehr verschiedene Angaben von ca. 30.000 bis 350.000. Womöglich bezieht sich die geringere Zahl auf die in Istrien beheimateten Italiener, die größere Zahl auf die Gesamtzahl der Italiener, die Istrien und die dalmatische Küste 1945 verlassen mussten, aber erst wenige Jahre zuvor dorthin gesiedelt waren. Im März 2004 erklärte sich Kroatien zu einer Entschädigung bereit, nachdem zuvor bereits Slowenien einer Entschädigung zugestimmt hatte. Die italienische Regierung hat dies zur Voraussetzung der EU-Assoziierung Sloweniens gemacht, obwohl mit dem Vertrag von Osimo im Jahre 1975 bereits eine gewisse Entschädigung geleistet worden war.

http://de.wikipedia.org/wiki/Vertreibung

Gruß burki
 
F

Fred

Guest
Zitat von burki:
bei Wikipedia ist folgendes zu lesen:

Istrien: Im Jahre 1945 wurden Zehntausende Italiener aus Istrien vertrieben und enteignet.

Gruß burki

Unbestritten - jedoch darf nicht unterschlagen werden : Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Pula von italienischen Truppen besetzt und kam durch die Friedensverträge ebenso wie ganz Istrien zu Italien.
 

Parenzan

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Zitat von F. Rink:
Zitat von burki:
bei Wikipedia ist folgendes zu lesen:

Istrien: Im Jahre 1945 wurden Zehntausende Italiener aus Istrien vertrieben und enteignet.

Gruß burki

Unbestritten - jedoch darf nicht unterschlagen werden : Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Pula von italienischen Truppen besetzt und kam durch die Friedensverträge ebenso wie ganz Istrien zu Italien.

Genau wie Trient, Udine, ganz Friaul usw! Im gegensatz zu Suedtirol alles mehrheitlich italienischsprachige Gebiete, die von der Donaumonarchie verwaltet wurden und nach deren Zusammenbruch naturgemaess an Italien gingen! Budapest wurde von ungarischen, Prag von tschechischen Truppen besetzt, usw !!! Man schaue sich die Volkszaehlungen an, die unter der KuK Monarchie durchgeefuehrt wurden:

Nach der Volkszaehlung von 1900 hatte Istrien 136.000 Italienische Einwohner, 47.717 Slowenische, 143.057 Kroatische.
Nach der Volkszaehlung von 1910 hatte Istrien 403.500 Einwohner, davon 147.739 Italianer, 57.576 Slowenen, 166.756 Kroaten. Die Italiener lebten in der ueberwiegenden Mehrheit an der Kueste, die Slowenen und Kroaten im Inneren Istriens.

Ich zitiere aus den KuK Volkszaehlungen:

1900.
Capodistria (heute Koper) 7205 it., 391 slov, 167 Kroaten, 67 Deutsche.
Pirano (heute Piran) 6791 it., 9 sl., 1 Kroate.
Umago (heute Umag) 2750 it., 0 sl., 0 Kr.
Parenzo (heute Porec) 3390 it., 13 slov. , 0 Kroat (!)
Rovigno (heute Rovinj) 9710 it., 16 sl., 17 deutsche, 0 Kroaten
Isola (heute Izola) 5326 it., 20 sl., 17 Deutsche.
Lussinpiccolo (heute Mali Losinj) 3904 it., 120 Deutsche., 509 Kroaten.
Pola (heute Pula) (1900) 24056 Ital., 1543 Slow., 10388 Kroaten., 4654 Deutsche.
Pola (1910) 30902 Ital., 3554 sl., 16443 Kroaten., 9046 Deutsche.

Im uebrigen spricht heute in Italien niemand von einer absurden "Rueckkehr" Istriens an Italien, 85% der Italiener wissen nicht einmal wo Istrien liegt. Es ist halt ein Jammer, dass eine Kultur, die diese Region entscheidend gepraegt hat (das kann niemand im Ernst leugnen!) fuer immer verloren gehen wird.
 
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Fred

Guest
Zitat von Parenzan:
Im uebrigen spricht heute in Italien niemand von einer absurden "Rueckkehr" Istriens an Italien,
Da sind mir aber ganz andere Fakten bekannt - speziell die Politiker in Triest / Friaul drängen sehr wohl danach !

Zitat von Parenzan:
Es ist halt ein Jammer, dass eine Kultur, die diese Region entscheidend gepraegt hat (das kann niemand im Ernst leugnen!) fuer immer verloren gehen wird.
Ich nehme doch an, daß Du nicht die italienische Kultur in Istrien meinst, sondern die römische, evtl. auch noch venezianische. :wink:
 

schreibhans

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Warum wurde denn diese - politische - Diskussion hier angesrissen ?

Ja. Sehr bedauerlich, wenn Völker vertrieben werden. Meist ging aber eine vorherige Vertreibung andersherum voraus. Manchmal auch nicht.

Müssen die Betroffenen regeln.
 

Udo

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An diese Vertreibungen muß ich immer denken, wenn ich "Geisterdörfer" wie Oprtalj oder Momjan besichtige.
Wie zugehörig sich die Istrier zum Stammland Kroatien fühlen zeigte sich, als man die männliche Jugend Mitte der 90er Jahre zum Militär einziehen wollte für die Rückeroberung der Krajina.. Da verschwanden auf mysteriöse Weise ganz viele per Boot.

Die ganze jüngere Geschichte der Balkanhalbinsel ist von solchen "ethnischen Säuberungen" geprägt, siehe die Vertreibung der Krajina-Serben aus Kroatien, der Terror der "Großserben" gegen alle Nachbarn, das Gemetzel in Bosnien oder die tragische Auseinandersetzung auf dem Amselfeld (Kosovo). Heute sind die KFOR-Soldaten dort hauptsächlich damit beschäftigt, die wenigen verbliebenen Serben und deren orthodoxe Kirchen vor den Übergriffen der albanischen Nationalisten zu schützen! Hier hat sich Europa als völlig unfähig erwiesen, diesen Konflikt zu lösen (wenn das überhaupt geht). Erst führt man einen völkerrechtlich bedenklichen Krieg gegen ein Land, zerstört dessen Infrastruktur und schmeißt teure Bomben auf Panzerattrappen. Dann darf die Armee fast unversehrt und ungeschlagen abziehen und man ordnet eine "Entwaffnung" der UCK an. Die ist heute faktisch der Herr im Hause.

Die Schicksale dieser Vertreibungen gehen mir sehr nahe, da die Familie meines Vaters nach dem 2. WK aus dem Sudetenland vertrieben wurde und mir die Erzählungen meiner Großmutter und meines Vaters nicht aus dem Sinn gehen. Hauptsächlich Frauen, Kinder und alte Männer mußten für den Größenwahn der Nazis bitter büßen. Es trifft fast immer Unschuldige, das hat sich bis heute nicht geändert.
 

schreibhans

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lieber Udo,

deine Erfahrungen sind mir nicht ganz unbekannt. Für meine Mutter ist die Vertreibung aus Odrau 60 Jahre danach immer noch beherrschendes Thema. Trotzdem denke ich, sollte man sich nicht durch diese Erzählungen aufwiegeln lassen.

Auf dem Balkan ist es wohl so, dass es Tradition hat, sich gegenseitig abzuschlachten. Das geht uns eigentlich gar nichts an. Und die Klügsten haben sich halt per Boot abgeseilt.
 
I

Istranin

Guest
Lieber Udo, lieber Schreibhans,

Ihr beiden führt da eine sehr interessante Diskussion.
Fachlich belegt von beiden Seiten - sicherlich.

Aber:
Meine Familie lebt seit 1547 in Istrien. Vielleicht noch länger.
(In diesem Jahr ist einer meine Vorfahren zum Bischof
von Porec ernannt worden. Daher lässt es sich zumindest
bis dahin zurückverfolgen.)

Ich habe in Istrien eine Menge Geschichten gehört. Von allen Seiten.
Und ein bißchen hat jeder Recht, genauso wie er auch unrecht hat.

Aber so sehr ich in die istrische Geschichte eingebunden bin
(sprachlich, kulturell, famliliär): Ich käme in dieser Angelegenheit
nie auf die Idee, einen schuldigen zu benennen.
Weil ich es auch gar nicht könnte. Denn ich war nicht dabei.
Genausowenig wie der Autor der FAZ - oder wie ihr beiden.

Und für Istrien gilt nichts anderes als für den Rest der Welt:
Irgendwann muss man einen Strich ziehen und nach vorne blicken.
Natürlich: Man darf Geschichte nicht verdrängen, das gehört zur Kultur
etc. etc. etc.
Glaubt mir. Ich kenne die Menschen da unten sehr gut.
Nur wenige "Kochen" die alten Geschichten noch so heiß auf
wie einige Schreiberlinge im Ausland.
Klar, man spricht viel darüber. Aber als Außenstehender kommt man
im kroatischen mit einer einfachen Übersetzung des gesagten nicht
weiter - schon gar nicht in Istrien. Da muss man auch reden und fühlen
können, wie ein Istrier, um zu vestehen, wie die Lage tatsächlich liegt.

Kurzum:
Ich denke nicht, dass dieses Forum der richtige Platz ist, ein derartig
"heißes" Thema zu diskutieren. Zumindest kenne ich hier
niemanden - und da meine ich wirklich niemanden - der den nötigen
Hintergrund und das nötige Wissen hätte, diese Diskussion auf dem Niveau
zu führen, das diese Thema auch verdient hätte.

Nehmt das jetzt bitte nicht persönlich, denn mich selber habe ich
damit auch ausgeschlossen.

Grüße
Nono
 

schreibhans

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lieber Nono,

das ist doch genau das, was ich sagen wollte. Nur hatte ich keine Lust, es so ausführlich und gut darzulegen.

Ich stimme hier ausdrücklich zu.

hans
 

Poliver

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Zitat von Istranin:
Klar, man spricht viel darüber. Aber als Außenstehender kommt man
im kroatischen mit einer einfachen Übersetzung des gesagten nicht
weiter - schon gar nicht in Istrien. Da muss man auch reden und fühlen
können, wie ein Istrier, um zu vestehen, wie die Lage tatsächlich liegt.

Lieber Nono!

Es wird viel geschrieben, auch von Journalisten die eigentlich nicht die Wahrheit wissen, bzw. wie es wirklich war/ist.

Wie soll man nun zB einem jungen Menschen erklären, was es mit der Geschichte auf sich hat. Soll man nun aus Büchern (die emotional einseitig geschrieben sind) oder Zeitungsberichten eventuell falsches weitergeben.

Um vielleicht trotzdem ein bischen zu verstehen, möchte man auch von Menschen wie Dir mehr erfahren.

Dein Schweigen in allen Ehren, und ich will nicht pietetlos sein, da ich nicht weiss was Deiner Familie in Istrien widerfahren ist.

Es wäre von sehr großem Wert wenn Du trotzdem (wenn auch nur einmalig), was darüber erzählen würdest.

Nimms mir nicht krumm, ich bin noch nicht so lange in diesem Forum und will mir da nichts anmassen hier überhaupt mitzureden. Aber wie soll man Erfahren wenn so ein Thema einfach beendet wird.

Poliver
 
I

Istranin

Guest
Hallo Poliver,

wenn mein Wissen dazu beitragen würde, ein paar Puzzle-Teile
zusammenzufügen, um einen besseren Blick auf das Große / Ganze
zu bieten - ja, dann würde ich sicherlich etwas schreiben.

Dem ist aber nicht so. Vielmehr kämen weitere Puzzle-Teile hinzu,
die überhaupt nicht zu passen scheinen ;-)

Das Problem bleibt doch immer das Gleiche:
Geschichte wird von den Siegern geschrieben
Geschichten immer von den Verlierern

Ich gebe Dir nur mal ein ganz kleines Beispiel:

Die Parenzana war die alte Eisenbahn in Istrien.
(Übrigens eine sehr schöne Panorama-Strecke, über die
man heute in weiten Teiloen noch sehr schön wandern kann.)
Es geht die Geschichte, dass Mussolini die Schienen für seinen
Afrika-Feldzug "missbrauchen" wollte. Er soll den Auftrag
erteilt haben, alle Schienen herauszureißen, auf ein Schiff
zu verfrachten und nach Afrika zu schiffen.
Nun sollen die Italiener das Schiff dermaßen überladen haben, dass
es noch im Hafen gesunken ist.

Ob diese Geschichte nun zu 100% stimmt oder nicht -
in vielen Köpfen hat sich diese Legende dermaßen festgesetzt,
dass sie als gegebenes Faktum hingenommen wird.
Da gibt es ja auch in Deutschland tausende Beispiele zu,
z.B. die gute alte Dolchstoßlegende.

Oder ein anderes Beispiel:
Wir leben ja nun wirklich in einer konplett vernetzten Informationswelt.
Kannst Du mir erklären, worum es im Kuwait-Krieg und Irak-Krieg
wirklich geht? Wer angefangen hat? Wer die Strippen zieht?
Wer die "guten" und wer die "bösen" sind?

Istrien war eine echte Partisanenhochburg im zweiten Weltkrieg.
Die Leute sind mit Mistgabeln bewaffnet gegen italienische und deutsche
Panzer marschiert. Dies beflügelt natürlich eine immense Legendenbildung.
Und ich kenne maßgeblich die Geschichten von dieser Seite.
(Nach einem Partisanen aus meiner Familie wurde z.B. eine Strasse
in Buzet benannt).
Und gerade weil mein Wissen so "eingefärbt" ist, halte ich mich mit meinem
Wissen doch lieber bedeckt. Ich weiß halt nie, wie "autentisch" es ist.
Und diese Problematik zieht sich durch ganz Istrien.
Manchmal muss man nur etwas genauer hinsehen, um zu merken,
dass Istrien nicht immer eine Einheit war / ist.
Schau dir zum Beispiel mal die Soldatendenkmäler im Osten und
im Süden Istriens an, vor allem aber auch im Hinterland:
Dort steht eigentlich immer: Zu Ehren der Gefallenen im
Kampf gegen den Antifaschismus.
Im Westen steht dort sehr oft: Für die Gefallenen im 2. Weltkrieg.
Fällt Dir da was auf?! ;-)

Und trotzdem: Istrien bleibt alleine schon auf Grund seiner
geografischen Lage eine Einheit.

Um es kurz zu machen:
Beide Seiten haben Scheiße gebaut. Die Italiener in Zusammenarbeit
mit den Deutschen und den radikalen Kroaten (Istrien war damals nicht
kroatisch!) und anschließend die Istrier, als es darum ging, die
Säuberungsarbeiten rückgängig zu machen. (Mario Andretti - der
berühmte Rennfahrer - könnte dir dazu sicherlich seine Geschichte erzählen,
die von der eines heute in Motovun lebenden Kroaten deutlich abweichen dürfte.)

Wen das Thema wirklich interessiert, der müsste runter reisen
und ungefähr 200 Überlebende zum mehrtägigen Tiefeninterview bitten ;-)
Er könnte sich dann sicherlich eine eigene Meinung bilden -
ob diese dann aber der "Wahrheit" wirklich nahe käme?!
Ich glaube das eher nicht.

Deshalb möchte ich auch nicht "meine Wahrheit" zu einer allgemein
gültigen Sicht der Dinge erheben. Ich könnte nämlich auch
ziemlich daneben liegen und hätte einen großen Teil des Forums
dann "infiziert".

Sorry, Poliver: Politik und Geschichte sollten hier nicht bewertet werden.

Wenn jemand mehr wissen möchte: Befragt die Betroffenen von damals -
und zwar möglichst viele von allen Seiten. Hier weiß niemand wirklich Bescheid. (Befürchte ich.)

Gruß
Nono
 
C

Carlo

Guest
istrien

Ein Lobgesang nach Dortmund.

Hätte ich schreiben können.

mfg Carlo
 
F

Franky

Guest
Interessante Diskussion

Respekt :!: :!: :!:

Möchte an dieser Stelle neues "Holz" ins Feuer legen.

Opratelj_2005_2.jpg


Es ist der Gedenkstein im Pavillion von Oprtalj.

Vielleicht kann die Schrift ein(e) Sachkundige(r) übersetzen.

1680 CC`CON`DIX.
CAP`DI RASPO SO RANZO
CON DEC`ECC CVS IVA...
1083 EMAG ALLA VALLE 18 M...
1084 FECGE REGOLARE ELEV...
LA PNTE ROSTA ON EE SEL...
C CHE NON DOVERA FER
TERATE DA CHI SI SIA IN PEN
DELLA VITA ONZE 10

(OHNE GEWÄHR)

Wäre schön, wenn das einer im "Archiv" hat oder... aus dem Ärmel schütteln kann.

Vielen Dank im voraus
 

Poliver

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Hi Nono!

Verstehe Deine Motive, und alle Achtung vor Deiner Selbsteinschätzung.

Du hast schon recht. Hier wird die "WahrheitW sicher nicht an das Licht gebracht - wenn eine "Wahrheit" überhaupt gibt....

Danke Poliver
 

Parenzan

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Zitat von Franky:
Interessante Diskussion

Respekt :!: :!: :!:

Möchte an dieser Stelle neues "Holz" ins Feuer legen.

Opratelj_2005_2.jpg


Es ist der Gedenkstein im Pavillion von Oprtalj.

Vielleicht kann die Schrift ein(e) Sachkundige(r) übersetzen.

1680 CC`CON`DIX.
CAP`DI RASPO SO RANZO
CON DEC`ECC CVS IVA...
1083 EMAG ALLA VALLE 18 M...
1084 FECGE REGOLARE ELEV...
LA PNTE ROSTA ON EE SEL...
C CHE NON DOVERA FER
TERATE DA CHI SI SIA IN PEN
DELLA VITA ONZE 10

(OHNE GEWÄHR)

Wäre schön, wenn das einer im "Archiv" hat oder... aus dem Ärmel schütteln kann.

Vielen Dank im voraus

Sieht nach einem Erlass des Capitano di Raspo (Ort bei Pinguente, heute Buzet) aus. Der "Capitano di Raspo" war die vereinigte Militaerkommandatur Venedigs in Istrien seit 1394
Wenn ich recht verstehe geht es um Bruecken, Taeler und Erhebungen !
 
I

Istranin

Guest
Hallo Carlo:

Ja, das dachte ich mir, dass ich da auf Deiner Linie liege.
Du sieht: Ich kann auch einsehen, dass es schlauere als mich gibt ;-)


Polliver:

Danke für Dein Verständnis. Ich würde Dir / Euch ja gerne
weiterhelfen. Ich habe zwar eine persönliche Meinung -
die will ich hier aber niemandem "aufzwängen".

Irgendwie stammt sowieso fast jeder Mensch in Europa
ursprünglich aus einem anderen Teil der Welt. Warum?
Weil er irgendwann aus seiner Heimat vertrieben worden ist.

Wer da jetzt wie, woher und wann zuerst mit den Vertreibungen
angefangen hat? ...

Ich will es nicht beurteilen müssen.

Gruß
Nono
 

Parenzan

Mitglied
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Zitat von Istranin:
Irgendwie stammt sowieso fast jeder Mensch in Europa
ursprünglich aus einem anderen Teil der Welt. Warum?
Weil er irgendwann aus seiner Heimat vertrieben worden ist.

Mag sein, hier wurde jedoch eine ganze Kultur geloescht. Fuer immer. Dies schmerzt, es schmerzt vielleicht mehr in Istrien als in den Koepfen der Vertriebenen. Es schmerzt wenn man von wenigen, einsamen alten Leuten noch den suessen meliodioesen venezianischen Dialekt der Grossmutter hoert, und du weisst, es sind die allerletzten. Du liest es in ihren Augen. Es schmerzt wenn der Wind durch die leeren Gassen von Piemonte, Portole und Momiano weht, Ruinen einer vergessenen Zeit. Friedhoefe mit vergessenen Namen. Fuer immer. Es schmerzt wenn der Tourist aus Mailand oder gar aus Venedig "Porec" statt "Parenzo" sagt. Wenn der Nachrichtensprecher im italienischen Fernsehen Rijeka statt Fiume sagt.

Und ich unterstreiche, mir geht es um Kultur. Nicht um Politik. Nicht auf die Politiker in verschiedenen Laendern, die nur Nationalhass schueren wollen. Damit Schluss, einmal fuer immer. Ich denke an Intellektuelle wie Predrag Matvejevic oder Claudio Magris. An deren Vision von Istrien und vom Mittelmeer. In ihren Buechern leben alle Kulturen noch zusammen. So wie es in der Wirklichkeit sein sollte. Aber nicht ist. Weil toedliche Ideologien gewuetet haben. Und es gibt schon wieder Menschen die Mussolini und Tito beschwoeren. Armes Europa.

Es schmerzt wie ein amputiertes Bein. Es waechst nicht merhr nach. Ein Phantomschmerz. Ein verschwommenes Bild das (fast) niemanden interessiert, weder hier noch dort.

Xe finì. Pazienza, cossa ti vol far.
 
I

Istranin

Guest
Jessus Parenzan!

Ich ziehe zurück und gebe es auf. So pro-italienisch und uneinsichtig
eingefärbt wie du bist, ist nicht mit dir zu reden.

Nono
 
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