Kapitel 08
Für die Freunde in Deutschland hatte ich Postkarten geschrieben, die ich hier in einen Briefkasten warf. Sofort ging mir durch den Kopf, dass dies wahrscheinlich keine gute Entscheidung war – hier in dieser kleinen Siedlung, wo der Briefkasten sicher nur alle sechs Monate mal geleert wurde. Aus den vorherigen Urlauben war man ja gewohnt, dass die Postkarten immer erst bei den Freunden ankamen, wenn man schon längst wieder zuhause war. Selbst wenn man sie gleich am ersten Tag schrieb und sie am zweiten abschickte. Und heute war ja bereits der vierte Tag unseres Urlaubs. Na ja, jetzt waren sie weg.
Es ist wahrhaftig ein schönes Stück Natur hier, doch schlugen wir nun die andere Richtung ein und marschierten zurück nach Babine Kuće. Ute hatte gelesen, dass es, wenn man hier in der Siedlung nun die kleine Abzweigung den Berg hinauf nimmt, zu einem Aussichtspunkt geht. Ich freute mich. Wir schlugen den Weg nach Goveđari ein. Nun wurde aus dem breiten Weg ein herrlicher Wanderpfad, auf den wir uns im Wald immer höher voran arbeiteten. Als Ute und Annika eine kurze Pause einlegten, lief ich voraus und entdeckte völlig zufällig die kleine Kapelle Sv. Nikola. Anschließend kamen wir an eine Ruine oben auf dem Hügel. Ute war jedoch der Meinung, es handelte sich um einen Neubau. Das Gebäude aus altem Stein hatte weder Fenster noch Dach, aber der Fußboden im Innern wurde neu gemacht.
Ute und Annika auf dem Marsch durch Babine Kuće
Der Pfad nach Goveđari 1
Der Pfad nach Goveđari 2
Der Pfad nach Goveđari 3
Der Pfad nach Goveđari 4
Sv. Nikola
Der Neubau
Wo war denn nun Utes Aussichtspunkt? Ich hatte mir bereits gedacht, dass hier keiner ist, doch war froh, nun in das idyllische Goveđari hinunterzukommen. Der Wanderweg führte mitten über Vorhöfe und um Häuserecken herum. Einige alte Häuser bilden die pittoreske Siedlung innerhalb eines kleinen Tals. Hinter dem Ortsausgang führte der Wanderweg rechts den Hügel hinab. Die Natur ist sagenhaft hier. Das Zirpen der Zikaden dröhnte durch den Wald. Wer gern in Kroatien wandert, weiß diese Pfade über Gestein und zwischen hübschen Kiefern und Pinien hindurch zu schätzen. Hier beschloss ich, auf Mljet in den folgenden Jahren noch einmal zu wandern. Nicht, dass es diese Natur ausschließlich auf dieser Insel gäbe, aber hier ist sehr viel davon. Zum Beispiel gibt es einen Wanderweg vom Nationalpark-Parkplatz zum Gipfel Montokuc, von dem aus man eine herrliche Aussicht über den Veliko jezero haben soll. Mittlerweile waren Ute und Annika vor uns auf dem gewundenen Bergpfad, der wieder hinab zum großen See führte.
Goveđari
Zurück zum See
Wieder am Veliko Jezero 1
Wieder am Veliko Jezero 2
Dann stellten wir zufrieden fest, dass wir noch ausreichend Zeit hatten, um im kleinen See zu baden. Wir zogen uns an der kleinen Brücke um und stürzten uns ins Wasser, was ich auch dringend benötigte, da ich triefnass vom Schweiß war. Man schmeckt den Salzgehalt hier im See nicht besonders. Annika hatte herausgefunden, dass man sich durch den schmalen Kanal zwischen den beiden Seen hindurch treiben lassen konnte. Sie setzte sich hinein und trieb in eben dieser Stellung bis in den kleinen See. Verrückt. Ich versuchte es auch, doch Annika konnte dies eindeutig besser. Das Baden hier war herrlich erfrischend. Von der Wärme des Wassers merkte ich nicht viel, was aber auch an der Tatsache gelegen haben mag, dass wir noch zu nahe am Kanal zwischen den Seen waren. Ich zog mich an und wollte auf Ute und Annika warten. In der Zwischenzeit kaufte ich mir ein Himbeereis am Stiel bei zwei Verkäufern, die auf meine Frage hin, warum sie kein Bier hatten, in meinen Augen (oder Ohren) nur sinnloses Kauderwelsch von sich gaben. Ute rief, sie hätte einen Krampf in den Zehen, und wir sollten vorgehen für den Fall, dass sie es nicht mehr rechtzeitig bis zum Schiff schafften. Dann könne ich Bescheid sagen. Okay; gesagt – getan. Als wir wieder in Pomena ankamen, hatten sie uns jedoch schon wieder eingeholt. Der Nationalpark war gut besucht. Auch die Fahrt zur Klosterinsel werde ich nachholen, da ich mir den Osten der Insel sowieso noch anschauen will. Am Ende mussten wir auf Boris und unser kleines Schiff warten.
Abschied von Pomena
Die Fahrt zur Halbinsel Pelješac war nun nicht allzu lang. Wir genossen noch einmal die Fahrt vorbei an der Altstadt von Korčula. Viele von uns waren auf dem Oberdeck und warfen noch einmal wehmütige Blicke hinüber, und das trotz heftigsten Wellengangs. Die Leute krallten sich an Masten und Seile, und dann brüllte vorn jemand irgendwas von Delphinen. Manche stürzten nach vorn und suchten schnell Halt, um auch einen Blick auf die Tiere zu erhaschen. Ich glaube, Ute war diejenige, die behauptete, sie gesehen zu haben, aber die Anderen blieben erfolglos. Was für ein Aufruhr! Man stelle sich das nur mal vor: nur weil alle Delphine sehen wollen, fallen ein paar Mann über Bord! Das wär’s gewesen. Ich will ja an der Stelle nicht verschweigen, dass auch ich zu diesen Leuten gehörte, die nach vorn stürzten.
Vorbei am himmlischen Korčula
"Das Meer ist heut' sehr stürmisch", dachte der alte Mann, "doch ich weiß, es wird mir nichts antun. Wir sind Freunde." Er hoffte inständig, dass sich die alte Dame bald wieder beruhigte.
Der Kapitän hatte versprochen, dass es heute Abend ein Extra-Abendessen an Bord geben sollte, da in Kučište auf Pelješac die Möglichkeiten doch eher begrenzt waren. Einerseits war das natürlich eine faire Sache, was die Meisten auch zufrieden stellte. Ich für meinen Teil wäre aber lieber nach Orebić oder einen anderen Ort gekommen, an welchem mehr zu sehen ist und hätte unser Abendessen selbst bezahlt. Man sah dann während der Überfahrt plötzlich ca. 20 Seebarsche hinten am Heck hängen, die wohl unbemerkt von uns gefangen worden waren. Ich freute mich bereits.
Der heimliche Fang
Als wir in Kučište anlegten, hatten wir bis zum Abendessen noch über eine Stunde Zeit. Einige der Häuser wirkten dann durchaus sehenswert. Vom Wasser aus machte Kučište durchaus was her. Christine und ich sahen also zu, dass wir an Land kamen. Einheimische Jugendliche spielten unweit unseres Schiffes Wasserball, und der Ball flog über unsere Mole, um auf der anderen Seite wieder ins Wasser zu plumpsen. Ich bin ja hilfsbereit. Nass werden wollte ich aber nun doch nicht. Ich legte mich also an die Kante der Mole, griff mit dem Arm so tief hinunter wie möglich und erreichte den Ball gerade so. Die Einheimischen bedankten sich freundlich. Der Ort selbst überraschte mich mit einigen schönen, alten Villen, umringt von schönen Palmen. Da lassen sich doch immer schöne Fotos schießen. Eine Jugendliche rollte auf ihrem Skateboard an uns vorbei. Und Wassersport wird hier in Sichtweite der Altstadt Korčulas groß geschrieben. Der lange Strandabschnitt war aber auch geradezu einladend für Surfer. Einige Konobas hatte der Ort dann auch zu bieten.
Anfahrt auf Kučište 1
Anfahrt auf Kučište 2
Anfahrt auf Kučište 3
Der Abend in Kučište 1
Der Abend in Kučište 2
Der Abend in Kučište 3
Der Abend in Kučište 4
Dann ging er einfach in Viganj über und neben uns lag ein gut besuchter Campingplatz. An einer kleinen Kapelle wartete eine Dame mit ihrer Fotoausrüstung auf den herannahenden Sonnenuntergang. Und das sah schon jetzt fantastisch aus. Wir würden die Sonne genau zwischen Korčula und Pelješac im Meer eintauchen sehen. Auch in Viganj steht noch die eine oder andere hübsche Villa. Von weitem sah ich das Kloster, aber das war einfach zu weit weg. Hier versuchte ich nun meinerseits, den Sonnenuntergang einzufangen. Eine bereits geschlossene Bar hatte ganz hervorragende Sitzmöglichkeiten unmittelbar am Wasser. Diese bestanden aus abgeschrägten Holzsitzen und einem runden, kleinen Tisch in der Mitte. Durch die Schräge der Sitze hatte man eine optimale, gemütliche Körperhaltung. Legte ich hier die Kamera auf den Tisch, fing sie genau den Sonnenuntergang ein. Perfekt. Auch mit dem Handy unternahm ich einige Versuche. Oberhalb von Viganj muss am Berg ein Weg verlaufen, von dem aus man eine herrliche Sicht hat.
Viganj 1
Viganj 2
Viganj 3
Viganj 4
Viganj 5
Sonnenuntergang zwischen Korčula und Pelješac 1
Sonnenuntergang zwischen Korčula und Pelješac 2
Jetzt mussten wir uns aber sputen. Die Anderen sollten ja nicht ohne uns essen. Heute übertraf der Koch sich selbst. Es gab für jeden einen Seebarsch, ein Thunfischsteak, Wirsing und Kartoffeln. Hervorragend. Christine wollte keinen Fisch und bekam eine Bratwurst und Ćevapčići. Und zum Nachtisch gab es Palačinke mit Schokolade. Wir wurden verwöhnt. Annika sagte beim Verzehren des Barschs: "Schmeckt ja, ist aber schwer zu essen." Damit meinte sie die Gräten und erntete zustimmendes Nicken von Einigen. Wo war ich hier nur gelandet? Was soll bloß daran schwierig sein? Wenn man Kroatien mag, muss man doch auch Fisch mögen. Ich sagte: "Dann musst Du erst mal eine Dorade essen. Die hat um einiges extremere Gräten." "Oh Gott", sagte Ute und verdrehte die Augen. Nach dem Essen verschaffte sich Boris Gehör. "Ich glaube, Ihr braucht alle einen Schnaps", sagte er unter Beifall. Es gab Medizin für alle. Nun wollte er erzählen, und wenn der Kapitän erzählt, ist das was Besonderes. Alle hörten gebannt zu. Boris erzählte über vergangene Reisen um die ganze Welt. Er erzählte, wie er damals in Deutschland war. Über seine Kinder mochte er nicht allzu gern reden, als ihn jemand danach fragte. Schienen aber zwei zu sein. Er erklärte, dass es für Kapitäne schwer sei, die Pläne der Reiseveranstalter genau umzusetzen. Das Wetter spielt hier nicht weniger eine Rolle wie die Verfügbarkeit von Anlegeplätzen in einem Hafen. "Aber davon verstehen sie nichts", sagte er. Es hätte sogar schon manche gegeben, die sich nachher beschwerten und gar Rechtsmittel einsetzten, da ein Ziel aus dem Reiseplan nicht angefahren wurde. Jeder im Raum hatte Verständnis für Boris. Er sprach von dem starken Seegang des heutigen Tages und davon, dass für unser kleines Schiff auch nicht alles möglich sei, dass es seine Grenzen hatte. Er war 69 Jahre alt und gedachte, noch ein paar Jahre weiterzumachen. Am Ende seiner Ausführungen erntete er tosenden Beifall.
Abendessen 1
Abendessen 2
Nun kaufte ich bei Josip eine Flasche Žlahtina des Weinguts Katunar in Vrbnik. Mir ist bewusst, dass es mindestens 6 - 7 verschiedene Žlahtina-Sorten in Vrbnik gibt, aber diese hatte ich ganz vergessen, obwohl ich weiß, wo sich dieses Weingut befindet. Mit 120 Kuna war die Flasche nicht günstig, doch brauchte ich Nachschub, da mein Roter mittlerweile leer war. Alex hatte Geburtstag gehabt und von Boris eine solche Flasche Žlahtina geschenkt bekommen. Ich wunderte mich, dass es hier Wein der Insel Krk gab. Am Ende des Abends saßen Einige noch recht lustig am Tisch am Schiffsbug beisammen, und es wurde noch Bier und Medizin getrunken. Luisa war die Aufgeweckteste von allen und war beim Erzählen witziger Anekdoten in ihrem leicht schwäbischen Dialekt ganz in ihrem Element. Das sorgte regelmäßig für Lacher. Über lustige Begebenheiten im Studium wurde referiert und über die Vergabe ungewöhnlicher Vornamen im Bekanntenkreis gelacht. "Mit H gibt es keinen vernünftigen Vornamen", fand sie. "Danke", sagte ich. An mich hatte sie nicht gedacht. Alle lachten, und die Stimmung war recht gut.