AW: Goldies Bootfahrererlebnisse zu YU-Zeiten
4. Fortsetzung
Auch diese 4. Fortsetzung betrifft noch unseren 1. Urlaub in YU im Jahre 1966. Es gibt aus dieser Zeit einfach zu viel zu berichten, da sich von Jahr zu Jahr recht viel änderte/veränderte. Ob alles stets von Vorteil war mag allerdings dahingestellt bleiben.
Während dieses Urlaubs war und blieb unser "Heimathafen"der Steg in der Matovica Bucht auf Rab, an den wir fast ausnahmslos für die Übernachtung zurückkehrten. Von dort aus erkundeten wir die Insel Pag und umrundeten etliche Male die Insel Rab, so daß wir behaupten möchten, (seinerzeit) quasi jeden Zentimeter der Pag- und Rab-Küste zu kennen.
Viele traumhafte Buchten auf Rab und Pag gehörten ganz allein uns!
Man sah nur in der Ferne hin und wieder einmal eine prächtige Yacht vorbeiziehen oder Segelboote, die auch tatsächlich, eigentlich ausnahmslos, segelten. Im Laufe der vielen folgenden Jahre nahmen die gewaltige Bebauung, die Zahl der Touristen, der Motorboote und Yachten, aber auch die Zahl der Segelboote, die die YU-Adria befuhren, sehr zu. Leider aber sah man nicht mehr sehr viele der Segelboote unter Segeln. Sie fuhren mit Motor. Somit wurden die Masten zum "Umweltalibi" degradiert.
In vielen Buchten ragten damals riesige Steckmuscheln in recht geringer Wassertiefe zwischen Seegras aus dem sandigen Boden. Oft befanden sich am Seegras Ablagerungen, die wie Korallen aussahen, aber an der Luft und beim Anfassen zerbröselten. In den Buchten gab es zig, zig "Fisch-Kindergärten" und ein Einsiedlerkrebs hockte neben dem anderen. Neben allerlei anderem Getier trafen wir aber auch oft im ganz flachen Uferbereich auf Wasserschlangen. Es waren recht beachtliche Exemplare darunter. Speziell mein Glück, da sich Wolfgang nicht davor fürchtete oder ekelte wie ich: Wenn unser Hund in Richtung Ufer durch das flache Wasser stürmte, ergriffen sie stes die Flucht.
1966 und in vielen Folgejahren gab es Trinkwasser sehr häufig nur aus Zisternen. Es sah unwahrscheinlich gut aus, mit welcher Eleganz und scheinbarer Leichtigkeit die Frauen von den Zisternen aus, die wassergefüllten, schweren Eimer auf dem Kopf tragend, über die steinigen, holprigen Wege zum Haus schritten. Natürlich wollte ich das auch können. Den Dreh, wie der Eimer in der Zisterne nicht nur auf, sondern im Wasser landete, hatte ich eigentlich recht schnell raus. Zum Rest aber nur soviel: Ich verzichtete freiwillig darauf, weil ich bei meinen Übungen zu viel kostbares Naß verschüttete.
Natürlich gab es in diesem Urlaub auch Dinge, die nicht gerade wünschenswert waren, wie zum Beispiel:
Benzin stand uns immer ausreichend zur Verfügung. Denn Pero und Lorenzo, die fast täglich mit ihren Fischerbooten in den Rab-Hafen fuhren, brachten uns von der dortigen Tankstelle stets, wenn es dort Benzin gab, 1 - 2 Kanister voll mit. Aber das Benzin war nicht ganz koscher. Zum Einfüllen in den Tank benutzten wir daher einen Trichter, über den wir vorsorglich ein Stück Perlonstrumpf als Filter gestülpt hatten. Darin konnte man hinterher viele herausgefilterte Schmutzpartikel erkennen, aber trotzdem mußte Wolfgang nun ständig die Wasserabscheider und die Benzinfilter der beiden Könige säubern. Das Filtern und ständige Säubern und sonstiges Werkeln (Zündkerzen säubern usw.) änderte nichts daran, daß die Könige nun immer Fehlzündungen hatten und eigentlich nur noch bei hoher Drehzahl gut liefen.
Aus den Unterlagen, die wir bei der Bootsanmeldung erhielten, waren Sperrgebiete über Sperrgebiete ersichtlich:
Jede "Militärgeschichte", wovon es viele gab, = weiträumiges Sperrgebiet,
jedes Wrack, wovon es ebenfalls etliche gab, = weiträumiges Sperrgebiet,
Insel Grgur = Gefangeneninsel + weiträumiges Sperrgebiet,
Insel Goli = Gefangeneninsel + weiträumiges Sperrgebiet.
Nach Cres und Losinj hätten wir fahren können und unbedingt wollen, verzichteten aber lieber darauf, da die Könige nun nicht mehr gut liefen. Und wir mußten ja noch zurück bis nach Opatija, wo Auto und Trailer standen. Den Gedanken daran schoben wir natürlich immer schnell beiseite.
Auch wenn das Meer ganz still und ruhig aussieht, so ist es ja doch immer in Bewegung, was wir recht gut zu spüren bekamen, wenn unser Boot mit Heckanker und 2 Bugleinen an unserem Steg lag. Eine Bugleine wurde stramm und es gab einen Ruck. Die andere Bugleine wurde stramm und es gab einen Ruck. Und so ging das endlos hin und her. Das war zwar nicht dolle, nervte aber, überhaupt dann, wenn man zum Beispiel gerade dabei war, ein Glas oder eine Tasse zu füllen und durch den Ruck "pläpperte".
Irgendwann im Urlaub sorgte Wolfgang für Abhilfe. Er hatte gesehen, daß, wenn Fischerboote, auf denen gewerkelt wurde, so am Steg festgemacht waren wie unser Boot, diese mittig in den Bugleinen dicke, schwere Steine befestigt hatten. Wieso und warum überlegte er nicht lange. Ich mußte mich von meinen beiden Einkaufsnetzen trennen. Wolfgang befüllte diese mit Steinen, hängte sie dann auch mittig an unsere Bugleinen und siehe da: Es gab keinen Ruck mehr !!! Juhu! Wir hatten einen der allerersten, wenn auch primitiven Ruckfender! Für den nächsten und weitere Urlaube machte Wolfgang natürlich zu Hause Bugleinen fertig, zwischen denen er starke Expander befestigte. Das haute super hin und war natürlich einfacher.
Der für uns fast ausnahmslos herrschende Wassermangel war, um ehrlich zu sein, recht unschön. Wenn wir abends an den Steg zurückkehrten, waren wir von Kopf bis Fuß mit einer dicken Salzkruste bedeckt. Jeder Tropfen darauf hinterließ Spuren, so daß wir mit Ornamenten verziert waren. Sah richtig gut aus, war aber absolut nicht gut, wenn es wieder kein oder zu wenig Wasser zum Abduschen gab.
Nach Sonnenuntergang oder etwas höherer Luftfeuchtigkeit wurde jeder Salzkrümel feucht oder flüssig.
Wir hatten häufig, wenn wieder nur wenig Wasser zur Verfügung stand, trotz kräftigem Abrubbeln mit Handtüchern, noch Salz am Körper. So blieb es nicht aus, daß ausnahmslos alles auch im Boot mit der Zeit klamm und feucht wurde. Unglaublich aber wahr: Wir sehnten uns förmlich nach einem kräftigen Regenschauer. Wenn es den tatsächlich einmal gab, liefen wir in Badezeug im Regen herum, putzten das Boot innen und außen, fingen mit allem, was wir zur Verfügung hatten, Regenwasser auf und funktionierten unser Boot zum "Wäscheständer" um.
Diese ständige Süßwasserknappheit hatte im Laufe der Zeit wohl unsere Sinne derart geschärft, daß wir, was alle Adriaurlaube anhielt, größere Mengen Süßwasser, auch wenn sie sich recht weit entfernt befanden, riechen konnten. Das alles änderte aber nichts daran, daß wir alles in allem einen traumhaften Urlaub erlebten.
Wenn wir mit dem Boot unterwegs waren, trafen wir hier und da einmal deutschsprachige Motorbootfahrer, was für beide Seiten stets ein sehr freudiges Ereignis war. Man tauschte gemachte Erfahrungen aus, notierte sich, wenn man selbst noch nicht in irgendeiner Gegend war, ob und wo es dort Benzin, Lebensmittel oder gar eine Gaststätte gab usw., usw.! Wenn die anderen Motorbootfahrer nicht in Zeitnot waren, legten sie sich, was unsere Großfamilie erlaubte, für 1 oder 2 oder mehr Nächte mit an unseren Steg.
Während einer warmen Vollmondnacht saßen wir wieder einmal mit einem netten Ehepaar auf unserem Steg bei einem Glas Wein und klönten, natürlich mit Blick auf die im Mondschein glänzende und glitzernde Bucht und das sich anschließende offene Meer hinaus. Als wir zu später Stunde ein Ende fanden und uns zu unseren Booten umdrehten, machten wir alle ganz sicher kein intelligentes Gesicht. Unsere Boote lagen komplett auf dem Trockenen, aber Gott sei Dank nur auf Sand. Nun gut. Wir hatten wieder etwas gelernt: Bei Vollmond kann also eine extreme Ebbe einsetzen.
Bisher war es so, daß wir meinen Eltern und vielen netten Leuten, die wir kennenlernten, zum Abschied hinterherwinken konnten. Aber dann kam der Tag unserer Abreise. Der Abschied von unserer neuen Großfamilie war tränenreich. Alle waren zum Abschiednehmen auf den Steg gekommen, bepackt mit leckerem Reiseproviant (Schinken, Käse, Wein, Weißbrot, Tomaten, Gurken) für uns. Das fanden wir ganz lieb, aber es machte den Abschied nicht leichter. Im Gegenteil. Selbst beim letzten möglichen Blick zurück sahen wir sie alle noch auf dem Steg stehen. Gewunken wurde nun mit Schürzen und Hemden, so daß wir es nicht übersehen konnten und nicht übersehen sollten. Und schon wieder flossen die Tränen. Dann hieß es aber: Abschiedsschmerz unterdrücken und an die vor uns liegende Fahrt nach Opatija denken.
Das Meer war glatt. So war die Gleitfahrt purer Genuß. Zwischen den Inseln Cres und Plavnik hindurch fuhren wir auf die Insel Krk zu. Dort wollten wir in einer schönen Bucht Pause machen, unseren Hund ausgiebig laufen lassen und ein letztes Bad in der Adria nehmen. Wir fanden tatsächlich auf Anhieb eine wunderschöne Bucht, in der es sogar eine Steinmole zum Anlegen gab. An der Mole lagen nur 2 oder 3 kleine Holzboote, aber es war kein Haus zu sehen. Beim Näherkommen sahen wir an Land nur einige, wohl für eine Beschattung gespannte Tarnnetze. Menschen waren nicht zu sehen, und nach unseren Unterlagen gab es dort auch kein Sperr-/Militärgebiet. Also legten wir am Steg an, ließen abseits unseren Hund laufen und nahmen voller Wehmut ein letztes Bad in der Adria.
Kaum waren wir wieder im Boot, tauchten einige Männer auf und kamen auf den Steg. Es waren lauter "süße Jungs" und die machten, als sie an unserem Boot standen, dem Wolfgang sehr eindeutige Angebote! Wir waren in einem Schwulen-Treffpunkt/-Camp gelandet! Wolfgang startete sofort die beiden Könige. Sein Kommentar dazu: "Blos weg hier! Ich will in der Beziehung meine Unschuld behalten." ICH mußte raus auf den Steg und die Leinen lösen und ab ging es. Ein gemütliches Picknick entfiel. Es wurde während der Fahrt etwas gegessen.
Wir fuhren auf den äußersten "Zipfel" der Insel Cres zu und von dort aus rüber nach Opatija. Das Meer war immer noch schön glatt, aber den beiden Königen war scheinbar die Pause nicht gut bekommen. Auch bei hohen Drehzahlen hatten sie jetzt am laufenden Band und mit zunehmender Tendenz Fehlzündungen und liefen stotternd. Wir setzten alles auf eine Karte. Augen zu und durch. Mit Vollgas und Höllenlärm ging es rüber nach Opatija. Und wir kamen dort tatsächlich an! Die Könige hatten uns nicht im Stich gelassen! Was uns im Nachhinein aber wunderte war, daß uns kein Polizeiboot o.ä. bereits entgegen kam, denn die Fehlzündungen hörten sich in der Ferne sicher wie Maschinengewehrfeuer an.
Das war´s von unserem 1. YU-Urlaub 1966.
Wie wir unser Auto vorfanden habe ich ja bereits im Vorwort geschildert.
LG
Goldie/Monika