Hallo Malin,
diese direkt gestellte Frage möchte ich noch beantworten und zwar mit einem klaren JA.
Die Filetstückchen wurden natürlich bereits vor dem Beitritt schon verkauft. So gehören fast alle touristischen Einrichtungen bereits Ausländern. Aus meiner Sicht sind z. B. die Campingplätze nur verkauft worden, um die Verschuldung des Staates und er Kommunen zu reduzieren. Ich kann mir nämlich beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Kroaten unfähig sind, diese in Eigenregie zu betreiben.
Wobei es schon angebracht war, die Privatisierung voranzutreiben, dass man hier ausländische Investoren nicht außen vorlässt ist doch logisch. Verkauft wird an der Küste ja ohnehin fast nichts, das sind meist Nutzungsrechte für z.B. 99 Jahre, welche sich der Staat inzwischen vergolden lässt. In Dubrovnik steht z.B. noch ein neues-altes Projekt an, das nicht nur (wieder) hundert tausende Übernachtungen bringen könnte, sondern eben auch einen Dreistelligen Millionenbetrag für das Nutzungsrecht, dazu kommen die Steuereinnahmen, Kurtaxen, Touristen. Kroatische Investoren sind da auch dran, ob das jetzt aber Agrocor oder Tui wird, kann dem durchschnittlichen Kroaten wohl so ziemlich egal sein. Dass bei den Privatisierungen einiges schief gelaufen ist weiß ich natürlich auch, da war Korruption ein großes Problem, welches ja gerade die EU anpacken will.
Staatsbesitz wird ansonsten versteigert, da kann jeder mitbieten, der das nötige Geld hat, ich würde solche Investitionen aber nicht unbedingt Ausverkauf nennen. Die größten Hotelgruppen in HR sind auch nicht komplett in ausländischer Hand und selbst wenn der Mehrheitsaktionär der Valamar Grupa in Wien sitzt, Valamar bleibt eine kroatische Firma. Maistra ist es ohnehin. Auch ist es einfach wichtig, dass die vorhandenen oder ehemals vorhandenen Kapazitäten genutzt werden und nicht brach liegen. Der Staat hat mit den Hotelgruppen jahrelang fast nur Verluste gemacht, ist also wirklich nicht dafür geeignet. Sicher muten die Preise erstmal als Schnäppchen an, aber zum durchschnittlichen Marktwert werden die Aktien wohl nicht verkauft werden, das haben Bieterverfahren so an sich
Auch hängen oftmals Schulden dran, der Gewinn ist (wenn es einen gibt) oft sehr gering, dazu stehen eben Renovierungsmaßnahmen an. In solchen Fällen bin ich durchaus für Privatisierungen, was ich nicht abkann sind privatisierungen bei essentiellen bereichen, wie Verkehr, Stromversorgung, Wasser etc.
Ansonsten dürfte für die kroatische Bevölkerung einfach sehr wichtig sein, dass die Hotels und Camps gefüllt sind und die Infrastruktur funktioniert, daran hängen noch viel mehr Arbeitsplätze als direkt im Tourismus.
Schaun wir mal, wer sich Imperial Rab, Vodice, Dubrovnik, Pineta und Makarska etc. schnappen wird., da steht wirklich noch einiges an, was mich gerade selbst verwundert. Was mich freut ist die Ausschreibung des Rijeka Airports, dessen Volumen verdoppelt werden soll, das ist imo dringend nötig. (Das war übrigens schon früher auch ein durch Ausländer finanziertes Projekt, der Käufer der Njivice Hotels hat da investiert.)
Beim
MDR ist z. B. folgendes zu lesen:
"Skeptiker aber gibt es in der EU und in Kroatien selbst. Dort fürchten manche einen Ausverkauf des Landes und, bei einem Durchschnittslohn von 730 Euro, steigende Preise.
Kroatien dürfe nicht zur politischen und wirtschaftlichen Kolonie werden, warnen die Kritiker."
Ich bin also mit dieser Angst nicht ganz allein.
Du schreibst ja selbst, dass die Filetstücke schon vorher veräußert wurden, kann also wenig mit der EU zu tun haben
Ängste und Sorgen hat die Bevölkerung in jedem Land, was glaubst du wie es in DE gewesen wäre, hätte man das Volk gefragt? Es gibt Risiken und Chancen, zu viel Zukunftsangst bringt dennoch nichts. Die EU hat die Krise ja auch nicht ausgelöst
Soweit bekannt, ist der kroatische Staat zwar bemüht, den Ausverkauf von landwirtschaftlichen Flächen durch entsprechende Gesetzgebung zu verhindern, jedoch besteht auch hier die Gefahr durch die Hintertür. Ein kleines konstruiertes Beispiel:
Die Ersten in einem neu erschlossenen Wirtschaftsraum sind immer die grossen Handelsketten. In diesen verkauft bspw. ein Herr Meier (Name geändert) seit Jahrzehnten Molkereiprodukte.
Um seinen Umsatz nun steigern zu können, kauft er in Kroatien mehrere Molkereibetriebe auf und legt diese nach ein oder zwei Jahren still. Fortan bekommt man eben in Kroatien nur noch Bayernmilch.
Die Folgen für die kroatische Landwirtschaft dürften klar sein. Wo das in vielen Bereichen ganz genau so gelaufen ist muss ich jetzt nicht noch einmal schreiben.
Lassen wir es dabei bewenden. Wie ich schon schrieb, in ein paar Jahren sind wir schlauer.
Gruß
AlterNeuer
Oder es werden z.B. schlecht laufende Molkereibetriebe gekauft und in funktionierende verwandelt. Es muss nicht immer alles schlecht laufen. Auch ist der "Ausverkauf" der landwirtschaftlichen Flächen zum Beispiel in Rumänien durchaus von der Regierung gewollt, denke das wird in Kroatien ein wenig anders sein. Dass sich Kroatien wirtschaftlich nicht abkapseln kann oder will sollte auch logisch sein, das funktioniert nirgndwo mehr auf der Welt. Und mal ganz abgesehen von der Wirtschaft gehört Kroatien einfach in die EU, zu Europa. Dass man in schlechten Zeiten schnell Skeptiker und Kritiker findet wundert mich nicht.
Belassen wir es also erstmal dabei und nicht dass du mich falsch verstehst, ich respektiere deine Meinung und nur mit der rosaroten Brille sollte man auch nicht durchs Leben laufen. Ich befürchte eben nur, dass gerade viel kaputtgemacht wird in Bezug auf die EU und das aus Ängsten hier ein Sündenbock gemacht wird, der auch für die Fehler der einzelenen Staaten herhalten muss. In manchen Bereichen könnte eine stärkere EU durchaus wirtschaftliches Schindluder verhindern und die Mitglieder weniger erpressbar durch die Wirtschaft machen.
Gruß Michael
@Jürgen: Ich weiß, ich muss gerade ein wenig einseitig klingen, das ist nicht meine Absicht. Ich sehe nur nicht in allem nur das schlechtmöglichste Ergebnis und ein wenig positives Denken würde auch Wolli manchmal nicht schaden
Ich finde du siehst die ganze Sache sehr ausgewogen