Gratulation Hannes,
der Straßengucker von Tante Google kennt sich halt aus in Liznjan. Er kennt auch die Bucht Puntice wo der Fischereihafen liegt. Rätsel gelöst. Ralf hat scheinbar gut geschlafen direkt davor. Vermutlich bist du auf der Bank vor dem Metallherz gelegen, wo die Liebesschlösser angebracht werden und hast von früheren Zeiten geträumt.
Hier nun das Gebäude in voller Größe. Um ein für alle mal mit der Mär von der Fischfabrik oder der ehemaligen Bootswerft aufzuräumen erzähle ich euch eine kleine Geschichte.
Vor vielen Jahrzehnten herrschte der Kalte Krieg. Jugoslawien unter Tito war irgendwie dazwischen. Zum Ostblock gehörte man auch nicht, zum Westen erst recht nicht. Blolckfrei nannte man sich selbst. Deshalb konnte man mit beiden Seiten aber Geschäfte machen. Die damalige CSSR lieferte Maschinen und Stahl. Jugoslawien konnte dem nichts werthaltiges entgegenhalten. Dringend benötigte Devisen hatte keiner der beiden Staaten. Somit mußten die beiden Staaten ein Barter- oder Kompensationsgeschäft abschließen. Was das ist erklärt euch viel besser als ich Wikipedia:
"Mit dem Begriff
Kompensationsgeschäft (englisch:
offset oder auch:
offset agreement) werden in der Wirtschaft Handelsabschlüsse bezeichnet, bei denen eine
Ware nicht ausschließlich mit
Geld bezahlt werden muss, sondern im Zuge eines Gegengeschäfts ganz oder teilweise mit einer anderen Ware oder
Dienstleistung beglichen wird. Kompensationsgeschäfte sind heute hauptsächlich im Import-Export-Geschäft üblich, wenn die Geschäftspartner oder Partnerländer finanzschwach bzw.
devisenschwach sind. Eine Variante solcher Tauschgeschäfte im Inland über einen multilateralen Pool wird auch als
Barter-Handel (en: barter transaction) bezeichnet. Weitere typische Begriffe sind Countergeschäft oder Verbundgeschäft.
Kompensationsgeschäfte werden oft im
Außenhandel abgewickelt, um
Devisenprobleme zu vermeiden bzw. die
Handelsbilanz ausgeglichen zu halten. Im Idealfall werden dabei Waren mit demselben Wert ins Ausland exportiert wie im Gegenzug von dort importiert werden. Die Wirtschafts- und Handelsministerien unterstützen und vermitteln oft solche Kompensationsgeschäfte, die auch mit dem Begriff Bartergeschäfte (Tauschgeschäft Ware gegen Ware) definiert werden.
Dabei können viele verschiedene Unternehmen beteiligt sein, die im grenzüberschreitenden Warenverkehr im Rahmen eines Kompensationsgeschäfts ihre Waren austauschen. Es geht dabei jedoch nicht um den geldlosen Tauschhandel, sondern es werden der Einfachheit halber alle Transaktionen zwischen den verschiedenen Beteiligten durchaus in Geldeswert beglichen. Letztlich soll aber der Geldrückfluss aus dem Verkauf und der Lieferung von Waren ins Ausland an bestimmte Unternehmen den Ankauf von Waren dieser Unternehmen kompensieren.
Kompensationsgeschäfte mit devisenschwachen Ländern können neue Märkte erschließen. Diese Länder sind dann in der Lage, z. B. Industrieprodukte zu importieren und im Gegenzug Rohstoffe zu exportieren. Neben den damit verbundenen Chancen gibt es natürlich auch Risiken, z. B. bei fallenden Rohstoffpreisen oder bei der Vermarktung der im Kompensationsweg erhaltenen Waren. Daher gibt es auch auf Kompensationsgeschäfte spezialisierte Handelsunternehmen."
Titos Jugoslawien "bezahlte" lange Jahre lang mit "Urlaub". Wie auch im ehemaligen Paradies der Arbeiter und Bauern, genannt "DDR" durften damals die Werktätigen von CSSR-Betrieben gemeinsam ihren Urlaub in Jugoslawien verbringen. In Liznjan wurde hierzu jeden Sommer ein Zeltlager im Pinienwald, der zur Halbinsel Marlera führt aufgebaut. In diesem Wald stehen heute noch die Reste des Sanitärgebäudes. Ein weiteres Sanitärgebäude gab es unterhalb des alten KuK Gutshofes, welchen ich euch auch schon mal in einem Bericht vorgestellt habe.
http://www.adriaforum.com/kroatien/...of-aus-Österreichisch-ungarischer-zeit.77138/
Die "nackten Werktätigen" badeten an der Marlera, die "textilen" rund um die Bucht Puntice. Neben dieser Bucht errichtete man dieses Restaurant um alle verköstigen zu können. Praktisch war das ganze dehalb, weil alle gemeinsam Urlaub machten und toll überwacht werden konnten. Die Staatssicherheit war auch im Urlaub immer dabei. Direkt daneben befand sich die Kaserne der jugoslawischen Volksarmee auf der Marlera Halbinsel. Schließlich war Liznjan auch weit genug weg von der Grenze nach Italien. Nicht, daß möglicherweise ein Werktätiger auf so dumme Gedanken wie Flucht nach Italien und damit in den Westen kommen könnte.
Heute lebt in diesem Gebäude ein alter Mann, der sich mit der Reparatur von Booten irgendwie über Wasser hält. Seit diesem Jahr wird auch an Surfboards herumgeschraubt. Wem Haus und Grund gehören, kann ich euch nicht sagen.
So schaut das Gebäude von der Straße aus.
Vielen Dank fürs mitmachen bei diesem Rätsel sagt Jürgen. Vielleicht hat euch dieser kleine Exkurs in die jüngere Geschichte gefallen.