Hohe Preise und leere Betten: Kroatiens Tourismus steckt in der Krise
Nach Jahren ständigen Wachstums machen Kroatiens Fremdenverkehrsgewerbe in diesem Sommer rückläufige Gästezahlen zu schaffen. Es sind nicht nur die wiedererstarkten Konkurrenten der östlichen Mittelmeeranrainer und die Wetterkapriolen, die an der Adria für lange Gesichter sorgen: Viele Probleme sind hausgemacht.
Von unserem Korrespondenten Thomas Roser, Belgrad
Zumindest Kroatiens Tourismus-Minister Gari Cappelli sieht noch keine Wolken am sich verdüsternden Adria-Himmel. Spanien und Portugal mache ein noch stärkerer Gästeschwund zu schaffen, versichert der 58-jährige Würdenträger der konservativen Regierungspartei HDZ: „Wir halten uns noch sehr gut.“
Monatliche Gäste- und Übernachtungszahlen gibt sein Ministerium in diesem Sommer wohlweislich nicht mehr preis. Doch nicht nur halbleere Strände und Inselfähren, sondern auch die relativ große Zahl freier Apartments mitten in der Hochsaison künden im Küstenstaat vom Ende des jahrelangen Wachstums der Tourismusbranche.
Medien, die Einblick in die Statistiken von „eVisitor“ nehmen konnten, berichteten, dass in den ersten zwölf Juli-Tagen die Gästezahl um 6,2 und in den Privatapartments gar um 9,4 Prozent geschrumpft sei. „Jetzt ist es amtlich: Die Saison hat schlecht begonnen“, titelt die Zeitung Slobodna Dalmacija in Split: „Platzt unser touristischer Traum?“ Von einer „Saison der Ernüchterung“ und dem „Zusammenbruch des Touristen-Eldorados“ schreibt die Novi List in Rijeka: Alles weise darauf hin, dass der Sektor in diesem Sommer ein Minus einfahre.
Schlechte Qualität
Nicht zuletzt die Probleme der türkischen und nordafrikanischen Konkurrenz hatten Kroatiens Gastronomen in den letzten Jahren stetig steigende Zuwachsraten beschert. So spülten im letzten Jahr 19,7 Millionen Touristen mit 106 Millionen Übernachtungen dem Sektor einen Rekordumsatz von rund zwölf Milliarden Euro in die Kassen: Die Einnahmen aus dem Tourismus machen mittlerweile fast ein Fünftel von Kroatiens Bruttoinlandsprodukt aus.
In Erwartung weiterer Zuwächse hat sich die Zahl der Gästebetten in den Ferienwohnungen in diesem Jahr um weitere 40.000 erhöht, nachdem sie bereits 2018 um 60.000 zugelegt hatte. Doch das Angebot übertrifft inzwischen die Nachfrage. Die Zeiten der stetig steigenden Gästezahlen und Preise scheinen in Kroatien vorerst vorbei.
Überteuerte Parkplätze und Strandliegen
Die Schönheit von Kroatiens Inselwelt und zerklüfteter Küste ist unbestritten. Aber es sind nicht nur die wiedererstarkten Konkurrenten in der Türkei, Griechenland und Ägypten und die Wetterkapriolen in diesem Sommer, die an Kroatiens Adria in diesem Sommer für lange Gesichter sorgen: Viele Probleme des Sektors sind auch hausgemacht.
Hotels und besser ausgestattete Apartments weisen zwar weiter gute Auslastungsraten und teilweise selbst Zuwächse auf. Doch vor allem bei den Ein- bis Drei-Sterne-Ferienwohnungen entspricht das kräftig gekletterte Preisniveau oft nicht mehr der gebotenen Qualität. Über 100 Euro pro Nacht für Studios, die noch zu jugoslawischen Zeiten eingerichtet worden waren: Vor allem ältere Ferienwohnungen, in die schon seit Jahren nichts mehr investiert worden ist, sind immer weniger gefragt. „Sonne, Meer, Möbel aus Jugoslawien und hohe Preise – das geht nicht mehr“, titelt nüchtern das Newsportal index.hr.
Zu Klagen über überteuerte Parkplätze und Strandliegen gesellen sich schwarze Schafe, die Kroatiens Ruf nachhaltig trüben. Die Kunde, dass Strandpächter auf der Insel Krk und der Halbinsel Peljesac saftige Schatten- oder Palmenzuschläge für im Schatten aufgestellte Strandliegen verlangen, sorgte in Kroatien genauso für einen Sturm der Entrüstung wie Berichte über Vermieter, die auf die negative Bewertung ihrer Apartments im Web mit Beschimpfungen und Drohungen gegenüber den enttäuschten Gäste reagieren.
Exodus der Arbeitskräfte
Den Gastronomen wiederum machen die Folgen des anhaltenden Exodus der Arbeitskräfte aus Kroatien zu schaffen. Saisonkräfte sind teurer geworden – und oft nur noch im Ausland zu finden. Die Klage der Branche über die hohe Abgabenlast hat Zagreb nun erhört: Mitte Juli kündigte die Regierung die Reduzierung der Mehrwertsteuer für Gastronomie-Betriebe von 25 auf 13 Prozent an.
Doch auch die Folgen des Booms der letzten Jahre fallen auf Kroatien nun wie ein später Bumerang zurück. Die sich mehrenden Berichte über Messerstechereien und gewalttätige Ausschreitungen in den Tourismuszentren zeugen davon, dass die dünne Personaldecke der Polizei in der Hochsaison der wachsenden Kriminalität kaum gewachsen ist.
Auch der Ausbau der Kanalisation hat mit der gestiegenen Bettenzahl nicht immer Schritt gehalten: Bei Regen überlaufende Fäkaliengruben machen nicht nur den Austernzüchtern in der Bucht von Mali Ston zu schaffen. Die Folgen des Kreuzfahrttourismus haben manchmal auch ganz normale Badetouristen zu tragen: Vor den Augen von entgeisterten Anwohnern und Touristen entleerte vergangene Woche ein Kreuzfahrtriese in Sichtweite des populären Strands „Zlatni Rat“ auf der Insel Brac die Fäkalien der schwimmenden Bettenburg ins Meer.
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