Hohe Arbeitslosigkeit in Kroatien

Christl

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Die höchste Arbeitslosigkeit seit fünfeinhalb Jahren lastet auf Kroatiens Wirtschaftsentwicklung. Selbst Staatspräsident Ivo Josipović zeigte sich angesichts der fast 320.000 Arbeitslosen Ende 2010 besorgt.
Auch die wirtschaftliche Erholung verläuft nur schleppend. Im dritten Quartal 2010 ist Kroatien aus der Rezession mit einem BIP-Zuwachs von 0,2 Prozent im Jahresvergleich gekommen.

Bis März 350.000 Arbeitslose erwartet
Das Wirtschaftsprogramm der Regierung habe noch nicht die gewünschte Wirkung gezeigt, kritisierte Josipović, berichteten kroatische Medien. Für das Gesamtjahr 2010 wird noch mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 1,7 Prozent im Jahresvergleich gerechnet, 2011 soll es wieder leicht bergauf mit der kroatischen Wirtschaft gehen.

Es wird ein Wachstum von 1,5 bis 2 Prozent prognostiziert. Eine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt erwartet Danijel Nestić vom Ökonomischen Institut in Zagreb erst 2012, heißt es in der Wirtschaftszeitung "Poslovni dnevnik". Bis März wird mit bis zu 350.000 Arbeitslosen gerechnet.

Viele Arbeitslose und keine Lohnzahlungen
Ein Problem sind befristete Arbeitsverhältnisse, die sich auch auf das Arbeitslosengeld auswirken. Mindestens neun Monate muss das Arbeitsverhältnis bestanden haben, damit man vom kroatischen Arbeitsamt Zahlungen bekommt.

Doch nicht nur die Arbeitslosen, sondern auch viele Beschäftigte stehen unter Druck: Etwa 70.000 Arbeiter bekommen schon seit Monaten keine Löhne ausbezahlt. Dies ist für Josipović "inakzeptabel". Dazu kommt, dass in dem 4,5 Millionen Einwohner zählenden Land nur rund 1,4 Millionen in Beschäftigung stehen.

Investitionen in Straßenbau gestoppt
Außerdem ist Investitionsklima in Kroatien seit Beginn der Krise deutlich abgekühlt ist. Ein neuer Vizepremier mit dem Portfolio Investitionen soll sich nun darum verstärkt kümmern. Domagoj Milošević wurde noch im alten Jahr in diese Position bestellt.

Für Investitionen, etwa in der Baubranche, heißt es unterdessen weiter warten. Laut dem staatlichen Sender "HTV" wurden im vergangenen Jahr große Investitionen etwa im Brücken-, Straßen- und Wohnungsbau im Ausmaß von 20 Mrd. Kuna (2,70 Mrd. Euro) gestoppt.

Ratingagentur rügt kroatische Regierung
Mehr als 36.000 Bauarbeiter, ein Drittel der in der Baubranche Beschäftigten, wurden seit Ausbruch der Krise gekündigt. Auch erwarten Experten eine Erholung erst 2012. Die Ratingagentur Dun & Bradstreet (D&B) kritisiert in ihrer aktuellen Länderanalyse zu Kroatien, dass das Budget für 2011 unter dem Einfluss der Parlamentswahlen (Ende 2011) entstanden sei.

Die Regierung habe sich zu keiner restriktiven Steuerpolitik und Durchführung von Strukturreformen durchringen können, um das Investitionsklima zu verbessern, berichteten Medien.

Korruptionsbekämpfung lähmt Wirtschaft
Dazu komme, dass durch den intensivierten Kampf gegen die Korruption auf höchster Ebene offenbar auch die öffentlichen Aufträge zurückgegangen sind.

Niemand traue sich nun, Entscheidungen zu treffen, sagte etwa Stjepan Car vom kroatischen Elektronikkonzern Končar.

Wirtschaftskammerpräsident Nadan Vidošević sprach sogar von einer Psychose der allgemeinen Angst.

Quelle ORF news
 

claus-juergen

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Korruptionsbekämpfung lähmt Wirtschaft
Dazu komme, dass durch den intensivierten Kampf gegen die Korruption auf höchster Ebene offenbar auch die öffentlichen Aufträge zurückgegangen sind. Quelle ORF news

hallo christl,

interessante zahlen. bedeutet die oben zitierte aussage im umkehrschluß, daß die korruption nicht bekämpft werden soll, weil dies dann die wirtschaft ankurbelt?

ich glaube eher, daß die entscheidungsträger verunsichert sind, weil es nicht mehr so weitergehen kann wie bisher, daß eine hand die andere wäscht. es ist mittlerweile eine weltweit anerkannte tatsache, daß korruption für die wirtschaftliche entwicklung eines landes hinderlich ist und nicht umgekehrt.

grüsse

jürgen
 
F

Frank1

Guest
Und genau wegen dieser miserablen Wirtschaftszahlen muß das Land dringend in die Europäische Union! Da kommen Geld und Investitionen und damit auch Arbeitsplätze ins Land. Verweise hier aber auf die Diskussionen in dem strang "EU-Beitritt".

LG Frank
 
J

JoJo40

Guest
...
ich glaube eher, daß die entscheidungsträger verunsichert sind, weil es nicht mehr so weitergehen kann wie bisher, daß eine hand die andere wäscht. es ist mittlerweile eine weltweit anerkannte tatsache, daß korruption für die wirtschaftliche entwicklung eines landes hinderlich ist und nicht umgekehrt.

grüsse

jürgen

Hallo Jürgen

Auch "eine Hand wäscht die Andere" oder "ohne Bakschisch läuft Nichts" , sind Formen der Marktwirtschaft.

Wahrscheinlich sogar die Formen, deren Bestand sich am weitesten (Vergangenheit) zurück verfolgen lässt. Also können sie sie doch so schlecht gar nicht sein, oder ? :roll:

Im Umkehrschluss könnte ich sogar sagen, dass Korruption förderlich ist, wenn wir z.B. Deutschland betrachten.
http://www.dabei-ev.de/?q=node/66
Hier wächst die Wirtschaft, ebenso die Korruption :sad: - :rolleyes:

Klar ist, dass Korruption das Wirtschaftswachstum eines Landes behindert, aber langfristige Studien haben gezeigt, dass dieser Faktor nicht so groß ist wie angenommen.
In Deutschland z.B. nur 1 zu 1,25 ...

Andere Punkte sind, dass es zu verminderten Steuereinnahmen kommt, mit dem Effekt geringerer Infrastruktur und dadurch reduziertem Wachstum. Insgesamt gesehen verschlechtert sich durch zunehmende Korruption die Qualität der staatlichen Institutionen, und ebenso wird auch das Gerichts- und Justizsystem in der Qualität, Effizienz und Effektivität leiden.

Man kann leider dieses Übel nicht in kürzester Zeit von 100 auf 10 herunterfahren, denn auch hier müssen erst mal neue Strukturen geschaffen und gefestigt werden.
Große (Bau)-Firmen wie BB oder Hochtief z.B. haben für Auslandsaufträge immer noch einen großen Posten "Bestechungsgelder" in ihren offiziellen Steuererklärungen.

Eine starke Bekämpfung der Korruption wird also erst mal zu Problemen führen. Die Qualität einer Regierung kann man vielleicht daran messen, wie schnell sie diese "Korruptionsbekämpfung" ins Positive umwandeln kann. (siehe Ungarn im Vergleich mit Estland ...)

Gruß Jürgen
 
M

mariesa

Guest
Hier nochmal das Neueste zu den Arbeitslosenzahlen in Kroatien:

25. Januar 2011. 08:17
Quelle: Croatian Times

Kroatien verliert 141,000 Jobs in zwei Jahren

Kroatien verlor 141,000 Jobs in den letzten zwei Jahren, zeigt der neueste Überblick
des Central Bureau of Statistic

Die Zahl entspricht der Einwohnerzahl der kompletten Stadt Osijek.

In den letzten zwei Jahren verlor das Land ungefähr dieselbe Anzahl von Jobs, die in den vorherigen sieben, von 2002-2008 geschaffen worden waren, als die Wirtschaft um durchschnittliche fünf Prozent jedes Jahr wuchs.

Mit einem Wachstum von gerade ein bis zwei Prozent, wie in den nächsten Jahren vorausgesagt, würde Kroatien 14 Jahre brauchen, um diese Verluste zu ersetzen.

Die Arbeitslosigkeitsrate beträgt 18.8 Prozent, einer der höchsten in den letzten sieben Jahren.

In den letzten zwei Jahren hatte die produzierende Industrie die höchste Zahl von Arbeitsplatzverlusten (67,000 oder 21 Prozent), gefolgt vom Handel (58,000 r 22.7 Prozent) und Immobilien (32,000 oder 22.2 Prozent). Datoteka


http://www.balkans.com/open-news.php?uniquenumber=90578
 
M

mariesa

Guest
Zuletzt waren es 18,8% jetzt schon 19,6% Arbeitslose in Kroatien:

[FONT=Trebuchet MS,Tahoma,Verdana,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif][SIZE=-1](c) Pester Lloyd /[/SIZE][/FONT][FONT=Trebuchet MS,Tahoma,Verdana,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif][SIZE=-1]08 - 2011 [/SIZE][/FONT][FONT=Trebuchet MS,Tahoma,Verdana,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif][SIZE=-1]KROATIEN[/SIZE][/FONT][FONT=Trebuchet MS,Tahoma,Verdana,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif][SIZE=-1]24.02.2011[/SIZE][/FONT]

[FONT=Trebuchet MS,Tahoma,Verdana,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif]Arbeitslosigkeit in Kroatien nimmt weiter zu[/FONT] [FONT=Trebuchet MS,Tahoma,Verdana,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif]Im Januar ist die Arbeitslosigkeitsrate in Kroatien auf 19.6% gestiegen. Dabei handelt es sich um den höchsten Wert seit Mai 2003. Die Onlinezeitung „Croatian Times“ meldete, dass die kroatische Arbeitsagentur (HZZ) im Januar 334.378 unbeschäftigte Personen registrierte, 14.500 oder 4.5% mehr gegenüber dem letzten Dezember. Der Chefökonom der Splitbank, Zdeslav Santic, ist von diesen Zahlen nicht überrascht: „Das entspricht den Erwartungen, und im ersten Jahresdrittel könnte die Arbeitslosigkeitsrate sogar auf 20.5% steigen.“ Das wäre der höchste je erreichte Wert in Kroatien. Santic plädierte dafür, die hohe Arbeitslosigkeit als sowohl soziales als auch wirtschaftliches Problem aufzufassen. Die Aussichten auf ein stärkeres Wirtschaftswachstum, das zu mehr Beschäftigung führen könnte, seien allerdings schlecht, zumindest in mittelfristiger Perspektive.
[/FONT]
[FONT=Trebuchet MS,Tahoma,Verdana,Arial,Helvetica,Sans-serif,sans-serif]
[/FONT]
 
F

Frank1

Guest
Mag sein Michael. Auf der anderen Seite arbeitet bestimmt der ein oder andere schwarz und das gleicht sich dann vielleicht wieder aus.

LG Frank
 
J

JoJo40

Guest
Hohe Arbeitslosigkeit hat ja immer einen Grund.
Nur in Kroatien ist mir der nicht so richtig klar. Angeblich wird investiert, es wird gebaut, der Tourismusfaktor steigt an … und doch kommt die Wirtschaft nicht in Schwung.

Auch die neuen Zahlen des deutschen Exports von 2010 kann ich nicht deuten.

Nur die Zahlen für Süd/Ost Europa:
Die größten Steigerungen gab es 2010 in die Ukraine (+24,5 Prozent), nach Russland (+28 Prozent), in die Slowakei (+34 Prozent) und nach Aserbaidschan (+70 Prozent).

Schwächer wurde der deutsche Export nach Kasachstan (+4), Serbien (+3,5 Prozent) und als Schlusslicht Kroatien (-10 Prozent).

Woran liegt es, dass Kroatien den allgemeinen Wirtschaftsaufschwung nicht effektiv nutzen kann ?
 
U

Ursie

Guest
Hallo JOJO,
ist jetzt Kroatien eine Kopie von Spanien.
Touristen ja im Land, Immobilien Ruinen gross an der Zahl , Abreitslosenrate 20 Prozent und Risko vom Kollaps aufgrund von Schulden imminent.
Viele Gruesse von Ursie
 
F

Franto

Guest
Hohe Arbeitslosigkeit hat ja immer einen Grund.
Nur in Kroatien ist mir der nicht so richtig klar. Angeblich wird investiert, es wird gebaut, der Tourismusfaktor steigt an … und doch kommt die Wirtschaft nicht in Schwung.

Auch die neuen Zahlen des deutschen Exports von 2010 kann ich nicht deuten.

Nur die Zahlen für Süd/Ost Europa:
Die größten Steigerungen gab es 2010 in die Ukraine (+24,5 Prozent), nach Russland (+28 Prozent), in die Slowakei (+34 Prozent) und nach Aserbaidschan (+70 Prozent).

Schwächer wurde der deutsche Export nach Kasachstan (+4), Serbien (+3,5 Prozent) und als Schlusslicht Kroatien (-10 Prozent).

Woran liegt es, dass Kroatien den allgemeinen Wirtschaftsaufschwung nicht effektiv nutzen kann ?

Hallo Jürgen,

natürlich hat die hohe Arbeitslosigkeit in Kroatien, wie du weißt, nicht nur "einen Grund", sondern ein ganzes Bündel - und darin wiederum zum Teil in sich widerspechende. Es ist wie mit den aktuellen Auslandsinvestitionen - und in welche Brachen dieser (nicht) erfolgten.

Die Zuwachs- bzw. Verlustraten für 2010 müssen allerdingst unter einem längerfristigen Aspekt gesehen werden: Nach Kroatien flossen zwischen 1995 und 2009 beträchtliche Investitionen aus dem Ausland - was man ganz einfach an Hand auch der nichtstaalichen Auslandsverschuldung (!) nachvollziehen kann. Die Frage nun aber ist, in welche Branchen diese Investitionen geflossen sind. Hauptsächlich in den Tourismus, Handel und die Finanzdienstleistungen i.w.S., teilweise in den Bausektor und damit verbundene Vorleistungen (Zement- und Ziegelindustrie) kaum jedoch in Bereiche der exportfähigen Sachgüterindustrie, die am ehestens Ganzjahres-Arbeitsplätze - im Gegensatz zum Tourismus - schaffte.

Die Frage ist schließlich, was können potenzielle Investoren - EU-Beitritt her oder hin - im Angesicht des EU- und weltweiten Wettbewerbs besseres an Return-on-investment erwarten als in anderen EU-Staaten? Mit der rasanten Zunahme der Auslandsverschuldung des Landes seit 1995 etwa im Vergleich zur Slowakei oder Slowenien (alles VOR deren EU-Beitritt) kommen da arge Unsicherheiten auch hinsichtlich der innenpolitische Stabilität des Landes auf, weil die Zinsen für die öffentlichen Schulden rasant steigen und auch die potenziellen neuen Investoren sich eine "Risikoprämie" bei jeder Neuinvestition mit einkalkulieren werden. Negatives Beispiel heute bereits das lange überschätzte Ungarn.

Ich beteilige mich nicht in einem anderen Thread hier betreffend der Werften - aber das ist unter Fachleuten des Marktes unstreitig: Mit Ausnahme der Uljanik in Pula (ich hatte sie vor einigen Jahren besucht) sind alle anderen zu schließen. Es gibt nichts, was die produzieren und mangels technischer Kapazitäten selbst im EU-Raum produzieren könnten, das andere nicht besser und kostengünstiger können. Sie waren Anno Tito weitgehend auf politisch generierte Exporte in die berühmten "neutralistischen Staaten" der Dritten Welt und schlichten Tauschhandel ausgerichtet - und dieser Markt ist für sie nicht mehr existent. So wenig wie der russische für die Leninwerft in Danzig - oder die einst stolze in Korneuburg für die sowjetische Flussschiffahrt:)

Ähnlich die Landwirtschaft. Die ist weitgehend kleinbäuerlich strukturiert und nicht einmal die Kommunisten getrauten sich, hier an den - politisch traditionell seit Jahrhunderten aufgeladenen - Eigentumsverhältnissen etwas zu ändern. Wer etwa die tschechische und sogar die polnische zum Vergleich anführt vergisst halt, dass dort die effizientesten landwirtschaftlichen Betriebe auf den den deutschen Besitzern und preußischen Gutslatifundien enteigneten Gütern entstanden und betrieben werden! In Kroatien würde jede Regierung sofort zum Teufel gejagt, würde sie an der wirtschaftlich ineffizienten Landwirtschaftsstruktur auch nur das Geringste anrühren. Da spielen tiefst verwurzelte Emotionen hinein und mit - und dazu innerstaatlich die "serbische Frage"...
 
U

Ursie

Guest
Hall Franto,
vielen Dank für deinen Beitrag # 12.
Deine Erklärungen stimmen exakt und auch deine Ausführungen ,was im geschichtlichen Hintergrund geschah und damit sich die hohe Arbeitslosenzahl erklären lässt.
Und die Werften und die Handelshäfen- Zukunft in einem speziellen Thread zu diskutieren ist sehr gut.
Viele Gruesse von
Ursie
 
J

JoJo40

Guest
Hallo Jürgen,

Die Zuwachs- bzw. Verlustraten für 2010 müssen allerdingst unter einem längerfristigen Aspekt gesehen werden: Nach Kroatien flossen zwischen 1995 und 2009 beträchtliche Investitionen aus dem Ausland - was man ganz einfach an Hand auch der nichtstaalichen Auslandsverschuldung (!) nachvollziehen kann. Die Frage nun aber ist, in welche Branchen diese Investitionen geflossen sind. Hauptsächlich in den Tourismus, Handel und die Finanzdienstleistungen i.w.S., teilweise in den Bausektor und damit verbundene Vorleistungen (Zement- und Ziegelindustrie) kaum jedoch in Bereiche der exportfähigen Sachgüterindustrie, die am ehestens Ganzjahres-Arbeitsplätze - im Gegensatz zum Tourismus - schaffte.

Hallo Franto, hallo Ursie,

dass die "Vergangenheitsbewältigung" in HR immer noch eine (zu) große Rolle spielt ist richtig.

Aber ich wollte eigentlich vordergründig wissen, warum fasst der allgemeine Wirtschaftsaufschwung - egal wie man ihn bewertet - in Kroatien so schlecht Fuß ?

Selbst Ungarn hatte in 2010 einen leichten Aufschwung zu verzeichnen, im Import und Export Sektor immerhin ein Plus von rd. 20 % – und HR schreibt Minus Zahlen.

Mir ist klar, dass diese Zahlen in Ungarn kein Garant für einen tatsächlichen Aufschwung sind, und da ganz andere Faktoren mitspielen, aber sie zeigen mir, es bewegt sich wenigstens etwas !

In HR habe ich in den letzten Jahren das Gefühl, das eine Stagnation in sämtlichen Wirtschaftszweigen vorherrscht.
Ausser den Rekord-Ausslandsschulden - die steigen kräftig, hier habe ich aber das Gefühl, dass sie dazu eingesetzt werden Löcher zu stopfen, oder den Konsum zu finanzieren, anstatt für Investitionen.

Warum dies ?

Warten alle auf die EU und deren Gelder ?
Haben die Kroaten Angst einschneidende, aber wichtige Maßnahmen (z.B. bei den Werften oder in der Landwirtschaft) zu entscheiden ?
Warten sie hier auf Vorschriften der EU um event. die Verantwortung abzuwälzen ?


Kann es sein, dass die Justiz Reformen, die Bekämpfung der Korruption und die Bewältigung der nahen (Kriegs-) Vergangenheit dem kleinen Land zu viel Kraft kosten, und dadurch wichtige Entscheidungen in der Wirtschaft nicht vollzogen werden ?

Oder sind die entsprechenden Politiker / Wirtschaftsverantwortlichen dazu nicht in der Lage ?

Was nutzt es HR, wenn sie 2014 in die EU kommen, sich aber bis dahin die Wirtschaft über Jahre nicht positiv bewegt hat ?

Besteht die Möglichkeit. dass die „alten EU Staaten“ irgendwann sagen:
„Wer Kroatien kennt, lernt Griechenland schätzen ?“

Ich kann vielleicht Kroatien „von außen“ nach den verschiedenen üblichen Kriterien beurteilen, aber warum es im Inneren so „klemmt“, da fehlen mir Insiderkenntnisse. :sad:
 
F

Franto

Guest
Ich kann vielleicht Kroatien „von außen“ nach den verschiedenen üblichen Kriterien beurteilen, aber warum es im Inneren so „klemmt“, da fehlen mir Insiderkenntnisse. :sad:

Servus Jürgen,

dir fehlen nicht "Insiderkenntnisse" :) sondern, es ist eben die Vielfalt der Probleme, die den Transformationsprozess in Kroatien hemmen. Gerade deshalb ist es ja nachgerade so gefährlich, wenn die kroatische "politische Klasse" samz Außenstehenden ihrer Bevölkerung vorgaukeln, mit einem EU-Beitritt würden schon Milch und Honig, äh unbegrenzt Gelder für tolle Investitionen und noch mehr Sozialausgaben fließen! *)
Außenpolitisch, wenn natürlich offiziell verleugnet, wird der EU-Beitritt - ich habe das hier lseit Jahren immer wieder geschrieben - durch "historische Altlasten" bzw. Vorurteile besonders in Westeuropa behindert und verzögert! Man will das Land eben nicht vor dem einst "befreundeten" Serbien in die EU zulassen. Denn von den objektiven Konditionen wäre CRO sicher ein besserer Kandidat wie BG und RO gewesen!.

Schon heute gibt es keine formalen nennenswerten Probleme, wenn aus der EU irgend ein Unternehmen in Kroatien investieren wollte. Außer jene bekannten bürokratischen Behinderungen - die aber nicht in gesetzlichen Bestimmungen sondern ausschließlich in der Verwaltungspraxis (Stichwort: Kleinkorruption und "Beziehungsgeflechte" alter Seilschaften) bestehen. Und die verschwänden auch nicht bei einem EU-Beitritt so schnell - wie man ja auch von anderen langjährigen EU-Mitgliedstaaten von Griechenland bis Spanien und Italien weiß! Dass sie bei Kroatien immer wieder so genau "beobachtet" und bei Bedarf hoch geschaukelt werden hat seinen Grund in den von mir zitierten "außenpolitischen Umständen".

_________

*) So locker wie bei den letzten EU-"Erweiterungen" ex 2004/08 werden die dann "neuen" EU Staaten auch nicht mehr an die große Geldkatze aus den EU-Nettozahler-Staaten kommen. Schon zu viele hängen heute an den Zitzen "aus Brüssel", in Wahrheit den paar Nettozahler-Ländern. Darum werden jetzt auch alle möglichen neuen Ideen ventiliert, im Wege einer zusätzlichen, verschleierten "solidarischen" Euro-"Transferunion" auf diesem Wege besonders die Deutschen abzumelken, um es drastisch zu sagen! Beispiel: Dem aus der Kommunistenzeit in DE und AT stark verschuldet gewesenen Polen wurden diese Multimilliarden DM/Dollar Schulden an Deutschland wie Österreich im besonderen klammheimlich gestrichen. Denn Polen "erwartete", dass sich die Deutschen für die Zustimmung zur Wiedervereinigung ihnen gegenüber genau so großzügig zeigten wie bei der Eingliederung der Ex-DDR in "den Geltungsbereich des Grundgesetzes" . Nur sagten und sagen das die befaßten deutschen (wie auch österreichischen) PolitikerInnen in "historischer" ;-) political correctness nicht ihren Bevölkerungen.
 
F

Franto

Guest
Weil es hier dazu passt eine Meldung von heute, 7. März 2011 in ORF Online. Diese bestätigt nur die wachsenden innenpolitischen Spannungen in Kroatien angesichts der wenig erbaulichen gesamtwirtschatlichen Situation. Wobei es völlig egal ist, ob die gegenwärtige HDZ-Regierung an der Macht bleibt oder bei einer Neuwahl eine linke wendekommunistische wieder (!) an die Regierung kommt: Damit verschwindet die Korruption ebenso wenig wie plötzlich halb bankrotte Firmen jene Gelder hätten, um ihre Arbeitskräfte pünktlich zu bezahlen. Allenfalls wird durch palliative Staatssubventionen marode Firmen und Aufblähung des "sozialen" Staatsapparats zwecks "Arbeitsplatzschaffung" die Inflationsrate steigen und die mMn längst nicht mehr haltbare "harte" Kuna-Politik aufgegeben werden müssen.

Zitat:
» Erneut Demo gegen Regierung in Zagreb.
Mehrere Tausend Menschen haben gestern in der kroatischen Hauptstadt Zagreb den Rücktritt der Regierung von Ministerpräsidentin Jadranka Kosor gefordert. Die Demonstranten zogen zum Regierungssitz, wo sie ein großes Polizeiaufgebot zur Umkehr zwang, wie die kroatische Nachrichtenagentur HINA meldete.

Die Menschen trugen Plakate mit Aufschriften wie „Wir wollen Arbeit“ oder „Ich liebe Kroatien, Nein zur EU“. Die Regierung des Balkanlandes strebt eine EU-Mitgliedschaft im kommenden Jahr an.

Von Finanzkrise schwer getroffen
Die Demonstranten werfen der Regierung Korruption und Missmanagement während der Finanzkrise vor, von der Kroatien hart getroffen wurde. Die Wirtschaft schrumpfte 2010 um 1,4 Prozent, die Arbeitslosenrate erreichte im Jänner 19,6 Prozent. Nach Gewerkschaftsangaben bekommen rund 70.000 Beschäftigte ihr Gehalt nicht ausgezahlt.

Seit Ende Februar wird in Kroatien fast alle zwei Tage gegen die Regierung und für Neuwahlen demonstriert. Laut einer Sonntagabend veröffentlichten Umfrage unterstützen 70 Prozent der Kroaten die Protestbewegung gegen die Führung in Zagreb.«

Zitat Ende.
 

Titanius Anglesmith

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Na da wird die (noch) aktuelle Regierung wohl sehnsüchtig den Sommer herbeisehnen nach dem Motto "durchhalten, Hauptsache durchhalten"....
 
J

JoJo40

Guest
Sehr viel Geld von der kroatischen Nationalbank für Investitionen !

Wer heute die Schlagzeilen der großen kroatischen Zeitungen anschaut, sieht dass in HR gehandelt werden soll (muß !) .
Es sollen 6,5 Milliarden Kuna (850 Millionen Euro) kurzfristig in Investitionen gesteckt werden.
Dies hat der Chef der Notenbank, Zeljko Rohatinski, angekündigt.

Das Geld soll hauptsächlich in das verarbeitende Gewerbe und den Tourismus investiert werden,
um damit den Export von Waren oder die Einnahmen von Fremdwährungen zu vergrößern.

Dies alles benötigt HR dringend, um die Auslandsschulden zu verringern, außerdem sollen 20 – 30.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Er will auch kontrollieren, wie das Geld genutzt wird – und sicher stellen, dass es überhaupt genutzt wird, und Geld für Investitionen nicht wie bisher des öfteren ungenutzt auf der Bank liegen bleibt und dem „Inhaber“ großen Summen allein an Zinsen einbringt – aber ohne einen Arbeitsplatz zu schaffen.

  • wie er aber die 6,5 Mrd Kuna finanzieren will, habe ich nicht ganz verstanden – ich denke mal durch größere Schulden im Ausland – außerdem will er an der "Zinsschraube" drehen ...
Rohatinski wird übrigens von sehr vielen Kroaten als Retter aus der jetzigen Krise angesehen.
 
F

Frank1

Guest
Wäre auch nicht schlecht, wenn man in dieser wichtigen Position einen Top-Mann hätte.
Und wenn er mal nicht weiter weiß, kann er sich Ratschläge bei uns holen. Die gibts sogar gratis.:versteck:

LG Frank
 

Christl

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Bayern + Istrien
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Senkung der Mindest-Devisenreserven
Die kroatische Nationalbank (HNB) senkt die vorgeschriebenen Mindest-Devisenreserven der Banken von 20 auf 17 Prozent der Fremdwährungseinlagen. Damit macht sie 6,3 Mrd. Kuna (850 Mio. Euro) frei, die die Banken an zusätzlichen Firmenkrediten vergeben können.

Das Geld soll vor allem exportorientierten Firmen und dem Tourismus zur Verfügung gestellt werden, wie Notenbank-Gouverneur Željko Rohatinski gestern erklärte.

Regierung begrüßt Nationalbank-Maßnahmen
Der Arbeitgeberverband HUP geht davon aus, dass durch die Maßnahme 20.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden können.

Die Finanzierungsmodelle der kroatischen Regierung hätten nicht die erhoffte Wirkung gezeigt, sagte Rohatinski in einer Aussendung. Die von der Notenbank dafür zur Verfügung gestellten Mittel in der Höhe von 2 Mrd. Kuna seien nicht einmal zur Hälfte in Anspruch genommen worden.

Die Regierung zeigte sich von Rohatinskis Vorstoß überrascht, begrüßte aber die Entscheidung. Der Zentralbank-Gouverneur hatte nur mit den führenden Banken und Industriellen verhandelt, die Regierung aber in die vorbereitenden Gespräche nicht eingebunden.
 
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