Kapitel 05:
04. Tag – Aufbruch zur Grünen Insel
Dienstag, der 04.09.2018:
Die einzige Fähre am Vormittag fuhr um 05:30 Uhr. In finsterster Nacht rollte ich also bereits an den Hafen und parkte als Vierter oder Fünfter. Ich war sehr früh, doch scheute ich das Risiko, nicht mehr mitfahren zu können und erst am Nachmittag gen Festland zu kommen. Die Fähre von Vis nach Split mag zwar riesig sein, doch fahren eben ab dem 02.09. nur noch zwei Fähren am Tag, und es war ja möglich, dass diese dann sehr voll werden würden. Ich versuchte, die Zeit dazu zu nutzen, etwas am Hafen umher zu schlendern und schaute schon einmal am Ticketverkaufsschalter, wo auch bereits ein paar andere Urlauber warteten, da er noch nicht geöffnet hatte. Ich kam mit einer blonden Dame ins Gespräch. Es ist immer witzig, wenn man auf Englisch miteinander spricht, bis sich dann mal herausstellt, dass beide Gesprächspartner aus Deutschland kommen. Sie war mit ihrer Familie 10 Tage in Rukavac, was sie als fast zu lang empfand, da in dem kleinen Ort eben nicht allzu viel los war. Sie hatte zwei blonde Töchter. Der Ehemann wanderte mit der Jüngeren der Beiden ebenfalls am Hafen umher. Die Kleine war von den Katzen am Hafen ganz angetan. Nun ging es für die Familie nach Hause.
Auf der Fähre
Sonnenaufgang über Brač
Am Morgen auf See
Auf der Überfahrt konnte ich ein paar hübsche Bilder vom Sonnenaufgang machen. In Split fielen ein paar Regentropfen, die allerdings bald wieder verschwanden. Auf der Autobahn fuhr ich zuerst nach Ploče und dann von der Autobahn ab. Ein kleiner Besuch im Neretva Delta stand an. Fährt man durch Rogotin und überquert auf einer Brücke die Neretva, beschreibt die Straße eine Linkskurve und schmiegt sich ganz nah an den Fluss. Hier kann man sofort abbiegen und fährt auf einer schmalen geteerten Straße in die entgegengesetzte Richtung bis zur Flussmündung. Ist man ganz vorn angelangt, kann man durch das Delta, direkt am kilometerlangen Sandstrand Ušće Neretve in Richtung des Dorfs Blace fahren. In der Ebene ergeben sich einige wunderbare Fotomotive. Die Gegend ist herrlich, und man hat hier die Möglichkeit, etwas in die Landschaft des Deltas einzutauchen, die Umgebung auf sich wirken zu lassen. Bis man bei Lovorje wieder auf die Hauptstraße abbiegt, ergeben sich auch einige schöne Ausblicke von oben auf das Delta herab. Es war eine schöne Sache für mich, da ich zuvor noch nie hier war.
Das Neretva Delta
Weites Land
Die Straße entlang des Ušće Neretve
Am langen Sandstrand
Nicht mehr ganz das Jüngste
Die Anbaufelder
Blick von oben
Das Delta hat eine ganz eigene Atmosphäre
Dann fuhr ich weit, weit das Festland hinab, bis sich die Halbinsel Pelješac ins Meer erstreckt. Und ich musste feststellen, dass die Landschaft hier unten immer schöner und schöner wird. In der Nähe Pelješacs ragen viele kleine Inselchen aus dem Wasser, Hügel ragen in die Höhe, Fischfarmen wechseln sich untereinander ab. Die Landschaft ist ebenso phänomenal wie spektakulär. Und irgendwann kann man nach rechts auf die Halbinsel abbiegen. Das war ein schönes Gefühl! In Neum wollte ich eigentlich Zigaretten kaufen und volltanken, um in den Genuss der etwas günstigeren, bosnischen Preise zu kommen. Bleibt man auf der Autobahn, muss man nicht extra Geld wechseln und kann hier in Euro bezahlen. Doch wie es der Teufel so will, hatte ich die Euros in meinen Koffern. Da jetzt extra drin rumwühlen? Nee, ich fuhr weiter.
Lediglich für die Hin- und Rückreise hatte ich etwas Bargeld in der heimischen Währung mitgenommen. Das restliche Geld hob ich an Geldautomaten ab, was mir viel besser gefiel, als die Suche nach einer Wechselstube mit einem annehmbaren Kurs oder die aufwendige Prozedur in einer Bank. Da ich im Urlaub insgesamt 6 mal Geld abgehoben habe, kam ich nach Abzug der Bankgebühren auch nur auf einen durchschnittlichen Kurs von 7,30 Euro, doch ersparte ich mir jeglichen Stress und hätte den Kurs ja auch dadurch etwas verbessern können, wenn ich nur 3 oder 4 mal abgehoben hätte. Bei der Privredna Banka Zagreb oder der Raiffeisenbank klappte es recht gut, und man konnte noch immer 3.000 oder 3.500 Kuna abheben und trotzdem den vorgeschlagenen, „sicheren“ Wechselkurs ablehnen, was bei manchen Banken ja seit einiger Zeit nicht mehr funktionieren soll. Zweimal ist es jedoch passiert (war es die OTP Banka?), da sagte mir der Automat, dass ich für eine solche Summe nicht genug Kapazität auf dem Bankkonto habe, was natürlich nicht der Wahrheit entsprach, aber das empfand ich nicht als weiter schlimm.
Bald konnte ich einen ersten Blick auf Ston und die beeindruckende Stadtmauer werfen. Wirklich nicht schlecht. Ich staunte. Hier würde ich ja zu einem späteren Zeitpunkt hinkommen. Und dann fuhr ich bei Prapratno den Hang hinab und reihte mich in die Schlange derer ein, die nach Mljet wollten. Erst einmal Pause. Mittlerweile war es Mittag. Ich hatte noch Zeit. Ich schielte schon einmal zum in der Bucht liegenden Sandstrand hinüber, der einen tollen Eindruck machte und gut besucht zu sein schien.
Autoschlange an der Fähre
Da ist sie!
An der Kaffeebar freute ich mich auf ein Sandwich und ein Karlovačko. Sandwiches gab es heute keine. Na toll. Dann musste es das Karlovačko tun. Ein netter Herr schenkte mir eine Zigarette zum Bier. Immerhin. Die Fähre nach Sobra auf Mljet ist verhältnismäßig klein, doch fanden alle Fahrzeuge ihren Platz. Nach 45 Minuten ist man drüben.
An Pelješac entlang
Blick auf Sobra
Mittlerweile war es wieder sehr warm geworden, so dass ich erst einmal mein Dach öffnete. Am Fährhafen fiel mir ein weißer Golf I – Cabrio auf, eines der Fahrzeuge, die beim Mini Brum – Autoverleih zu bekommen sind. Es gab einmal eine Zeit, wo ich sehr gern einen solchen Golf I – Cabrio gehabt hätte, doch war das in grauer Vorzeit. Eine neue Insel lag mir zu Füßen! Klasse Gefühl! In 2017 waren wir ja bereits auf Mljet, doch konnten nur die westlichen Teile des Nationalparks, Babine Kuće, Pristanište, Goveđari und Pomena kennenlernen. Alles andere gedachte ich nun nachzuholen.
Die Sonne strahlte. Vom Fährhafen Sobra fuhr ich gleich bis ganz hinab in den Osten. Und allein das kam einem Genuss allerhöchster Güte gleich. Mljet ist mit ca. 1.100 Einwohnern nur dünn besiedelt. Die Insel des Odysseus ist mit einem Waldanteil von 90 % eine der am stärksten bewaldeten Inseln des gesamten Mittelmeerraums. Dieses Grün ist unvergleichbar. Hier ist die Aleppo-Kiefer weit über die Insel verbreitet und wahrscheinlich eine der häufigsten Baumarten. Der Wald produziert einen ganz besonderen Geruch. Die Insel ist auch viel bergiger, als ich dachte. In Sobra ist man noch auf der nördlichen Seite der Insel. Von der Inselhauptstraße 120 hat man bereits einen wunderschönen Blick auf die bildhübsche Bucht von Prožurska Luka. Danach fährt man zwischen hohen Hügeln auf die andere Seite und hat tief unter sich das Meer der Südküste liegen. Zwischen dem Auto und dem Wasser weit, weit unten ist nicht mehr viel dazwischen. Die Fahrt mit offenem Dach war fantastisch. Dann schlängelt sich die Straße hinab nach Maranovići, wo der Asphalt durch den Ort sehr schmal ist. Es geht tief hinab an Korita vorbei, bis man die kleine Siedlung Saplunara erreicht. Neben Korita war ein kleiner Stand mit einheimischen Produkten aufgebaut. Man konnte sich das Produkt seiner Wahl einfach nehmen und das Geld dort deponieren. Welch ein Vertrauen! Die Landschaft hat mich sehr beeindruckt.
Nur noch Meer! - Aussicht nach Süden in der Nähe von Maranovići
Blick nach Südosten
In Saplunara parkte ich oberhalb des gleichnamigen Sandstrands. Und der war noch schöner, als ich gedacht habe. Feiner Sand erstreckt sich über die ganze, leicht gebogene Bucht, und das Wasser war hier wärmer als auf Vis. Nicht besonders viele Menschen waren hier – unglaublich. Hier im Sand fand ich die bislang größte Entspannung des diesjährigen Urlaubs. In solchen Momenten erhole ich mich.
Sandstrand Saplunara
Einfach nur herrlich hier!
Ich lege mich auf die Decke und strecke alle Viere von mir. Ich schließe die Augen und ziehe die Mütze ins Gesicht, zum Schutz vor der Sonne Strahlen. Und dann herrscht tiefe Entspannung. Ich denke nicht mehr, habe keine Sorgen mehr. Leichter Wind streift über die Körperhaare; die Sonnenstrahlen treffen warm auf die Haut. Ich lausche den Wellen, die in regelmäßigen Abständen am Strand empor kriechen, dem Plätschern von Wassertropfen, durch Kinderhände in die Luft gewirbelt, den Worten der umliegenden Badegäste. Hier unterhält sich ein Ehepaar, dort rufen sich Kinder etwas zu, die vielleicht einem Ballspiel nachgehen, da hinten bellt ein Hund. Ich selbst habe mit diesen Dingen nichts zu tun, nehme sie leicht in mich auf und muss mich dennoch nicht damit auseinandersetzen. Ich bin einfach nur. Aus solchen Augenblicken hole ich die größte Entspannung.
Einfach nur ausruhen!
Nur noch Rauschen!
Stille
Vom Strand Saplunara führt ein Feldweg bis ganz zur südöstlichsten Spitze der Insel. Hier wollte ich nun hin. Der Weg war zwar mal wieder länger als gedacht, doch die Natur entschädigte mich. Am Ziel angekommen, wunderte ich mich, da hier einige PKW’s parkten. Mit meinem Auto wäre ich hier niemals hingekommen. Neben einem Privatgrundstück führt der Weg hinab zur Lagune Blaće. Fast kreisrund liegt sie innerhalb der eigentlichen Küstenlinie und ist unbeschreiblich. Optisch ist sie noch wertvoller als der Saplunara-Strand, doch hatte ich bereits im Vorfeld gelesen, dass sie zum Schwimmen nicht besonders gut geeignet ist. Das Wasser ist leider ein wenig zu flach. Aber schaut man sie sich an, kommt man aus dem Staunen nicht mehr raus.
Auf dem Weg zur Lagune
Das herrliche Grün!
Lagune Blaće
Flach, aber fantastisch!
Blick nach Süden
Nun hatte ich noch Zeit, zurück nach Korita zu fahren. Ich stellte das Auto am Ortseingang ab. Korita machte von Anfang an einen richtig alten und authentischen Eindruck. Jedes einzelne Haus scheint eine Geschichte zu erzählen zu haben. Die Bewohner, die ich zu Gesicht bekam, starrten mich an, als hätten sie noch nie zuvor einen Ausländer gesehen. Lediglich ältere Menschen scheinen hier noch in ihren Häusern zu wohnen. Eine alte Mühle ist jederzeit geöffnet und mitsamt Mühlstein und anderen Geräten so eine Art kleines Museum. Ganz oben am Ortsende kamen zwei Einheimische auf mich zu. Ich fürchte, einer der Beiden war geistig nicht ganz gesund. Dieser lief auf mich zu und machte mir klar, dass ich von seinem Hühnerstall keine Fotos machen dürfe. Inmitten der engen Gassen steht ein alter Verteidigungsturm, der Toreta. Eine der Gassen ist die Goldschmiedgasse, eine andere die Fassbindergasse. Hier stehen neu angebrachte Schilder, die den Touristen darauf hinweisen. Oberhalb des Ortes befindet sich die kleine Crkva Sv. Marija. Von hier führt ein Wanderpfad zur Kirche Sv. Ilija, die man auch ganz oben am Hang erblicken kann. Es sieht nicht weit aus; auf einem Wegweiser steht „500 m“. Aber man weiß ja, was dies in diesem unwegsamen Gelände bedeuten kann. Ich ließ es lieber. Korita hat mir wirklich gut gefallen.
Die Mühle in Korita
Das Innere der Mühle
Eine Reuse der Insel Mljet
Goldschmiedgasse
Verteidigungsturm Toreta
Gasse in Korita
Dann fuhr ich zurück nach Sobra. Der Ort selbst ist ca. einen Kilometer vom Fährhafen entfernt, bietet aber nichts wirklich Sehenswertes. Es ist eher einer Aneinanderreihung einzelner Häuser mit darunter liegender, am Wasser verlaufender Straße. Ältere Häuser vermisst man hier jedoch; es sind ausschließlich Wohn- und Ferienhäuser. Ich wanderte an der Konoba Riva vorbei und stellte fest, dass es hier zumindest einen kleinen Studenac-Supermarkt gibt. Ich hatte hier relativ schnell alles gesehen.
Blick auf die herrliche Bucht von Prožurska Luka
Das beschauliche Sobra
In Sobra ist die Bucht die Sehenswürdigkeit
Nun wurde es Zeit, die Ferienwohnung zu beziehen. Also ging’s zurück nach Saplunara in die Nähe des herrlichen Strandes. Da ich die richtige Hausnummer nicht gleich finden konnte, fragte ich einen an der Straße stehenden Mann. Er sagte, ich stünde direkt davor. Er war der Bruder meiner Vermieterin und wohne in Kanada, sei also selbst nur Gast, wie er betonte. Seine Schwester war gerade mit dem Hund unterwegs, doch wollte er mir schon einmal mein Apartment zeigen. Er schloss auf und holte mir ein Tablett mit Weintrauben und ein Bier. Nun könne ich mich ja beschäftigen, bis seine Schwester kommen würde, meinte er. Witzig und nett! Einen „Moonshine“ wollte er mit mir noch trinken. Ich konnte mit dem Begriff wenig anfangen, doch erklärte er mir, dass es sich um Schnaps handelte. Ich sagte nicht nein. Offenbar war er Fußballfan und wollte wissen, aus welcher deutschen Stadt ich kommen würde. Mit Kassel konnte er nichts anfangen. Die spielen ja nicht in der Bundesliga. „Near Frankfurt“ ließ ihn dann aber verstehen. Nun gut, er ging; ich wartete und trank das Bier. Doch sie kam nicht. Da der Bruder noch immer in der Nähe war, erklärte ich ihm, ich würde schon einmal im Studenac-Markt fast gegenüber einkaufen. „Okay“, meinte er, „but don’t buy too much beer“. Hehe.
Weintrauben und Bier
Als ich wiederkam war sie da, Paula, eine ca. 20 Jahre alte, sehr hübsche Blondine. Aha. Sie erklärte mir, welche Schalter ich auf keinen Fall drücken dürfte, da ich ansonsten kein warmes Wasser hätte, und auch sonst alles weitere.
Im Anschluss zog ich mich um und machte mich zu Fuß zur Konoba Stermasi auf. Hier hatte ich extra Ziegenpeka für mich bestellt und war gespannt, wie sie schmecken würde. Ein kleiner Marsch war es dann aber doch, einen Hügel hinauf und etwas durch den Wald.
Dann lag sie vor mir – die Konoba Stermasi. Das Gasthaus hat einen sehr guten Ruf, auch wenn dessen Standort etwas abgelegen ist. Leider musste ich dann feststellen, dass man meine Bestellung vergessen hatte. Die Besitzer sprechen sehr gut Deutsch. Der Chef erinnerte sich aber an mich, musste jedoch feststellen, dass meine Reservierung nicht im Buch festgehalten war. Leider hieß das, dass ich auf die Ziegenpeka, auf die ich mich sehr gefreut hatte, verzichten musste. Man entschuldigte sich und schlug vor, meinen Besuch auf den nächsten Tag zu verschieben, was ich aber nicht wollte. Dann richtete man einen kleinen Zusatztisch für mich her. Die Mutter des Chefs machte mir den Vorschlag, doch von dem Thunfisch-Carpaccio zu probieren. Der Fisch sei heute reingekommen, und alle Gäste seien ganz wild darauf. Dieser Vorschlag gefiel mir. Dazu bestellte ich noch eine Fischsuppe und hausgemachte Makkaroni. Ein Bier und eine kleine Karaffe Wein rundeten das Mahl ab, was auf diese Art und Weise also noch gerettet wurde. Ich muss sagen, am Ende war ich dann doch weitestgehend zufrieden, vor allem, weil mir dann der Preis der Getränke zur Wiedergutmachung nicht berechnet wurde.
Thunfisch-Carpaccio
Fischsuppe
Hausgemachte Makkaroni
Die Ferienwohnung war klein und recht einfach. Ich hatte sie mir ein wenig besser vorgestellt. Am Meisten störte mich, dass der Blick in die Saplunara-Bucht nur seitlich vom Haus möglich war und auch noch ein Baum einen Großteil versperrte. Ich war der Meinung, eine andere Terrasse mit ungetrübtem Ausblick zu bekommen. Aber gut, das Ganze war ja schließlich nur für 2 Übernachtungen, also zu verschmerzen. Den in Euro veranschlagten Preis zahlte ich in Kuna, was Paula dazu nutzte, einen für sie günstigen Kurs zu berechnen. Der Betrag wurde fast mit 7,6 multipliziert. Ich überlegte mir jedoch, dass das auch nur einen Unterschied von 2-3 € ausmachte, weswegen ich schwieg. Auf der Terrasse versendete ich Nachrichten an Freunde, während am Nebenhaus eine Großfamilie mit vielen Kindern den Abend ausklingen ließ. Die Bettwäsche duftete wohlriechend und wiegte mich in den verdienten Schlaf.
(Besuchte Orte: Korita, Sobra)