Kapitel 03:
02. Tag – Rotes Haar, blauer Schein
Sonntag, der 02.09.2018:
Der erste Morgen in der Ferienwohnung. Welch herrlicher Blick auf den Hafen. Einmalig. Nach einem ausgedehnten Frühstück auf dem Balkon konnte es losgehen. Die Stadt in nördliche Richtung verlassend – an der Klosterhalbinsel vorbei – die hellenistische Nekropole konnte ich nicht finden, fuhr ich in Richtung Rogačić, um den alten U-Boot-Bunker in Augenschein zu nehmen. Oft hatte ich ihn auf Bildern gesehen; da war er. Ich hatte zuvor noch einen Einheimischen gefragt, ob es denn hier wirklich nach Rogačić ging. Er schaute mich nur fragend an. Nach ein paar Sekunden machte es dann Klick – „Aah, Ro-gaaah-čić!“ (man betont wohl die zweite Silbe) – er nickte.
In der Ferienwohnung
Herrlicher Ausblick vom Balkon
Gemütliches Frühstück
Ich muss zugeben, ich hatte mir den Zugang zum Bunker einfacher vorgestellt. Der Schotterweg wird immer unwegsamer und zieht sich den Hügel hinauf – für den Mazda unbefahrbar. Na gut, ich parkte und lief. Ein Biker-Ehepaar machte in der Morgensonne ihre Yoga-Übungen und ließ sich durch mich nicht stören. Grob abschätzend, wo der Bunker sich befinden musste, lief ich quer durch die Macchia und anderes Gebüsch, was mir meine Waden nicht dankten, und kam einfach nicht durch. Shit. Nichts zu machen. Später sah ich dann, dass man den Schotterweg einfach nur bis zur Hügelspitze folgen musste. Dort oben war die alte militärische Anlage, von der dann wiederum ein Pfad zum Bunker hinab führte. Doch wenn man unten parkt, hinaufläuft, zum Bunker hinuntergeht, ihn sich anschaut, und dann alles wieder zurück; da braucht man locker eine Stunde. Nein, der Blick vom anderen Ufer aus musste genügen.
U-Boot-Bunker Rogačić
In der Bucht bei Rogačić
So sehen unzufriedene Waden aus!
Dann erblickte mein sich freuendes Auge aber den Turm Bentich. Das Gegenstück dazu, die Festung Wellington, liegt auf der gegenüberliegenden Buchtseite und konnte eventuell später noch in Augenschein genommen werden. Natürlich lief ich hinauf und stellte fest, dass nur die Hälfte des Turms erhalten ist.
Turm Bentich
Nicht mehr viel übrig
Nun ging es auf nach Komiža, dem zweiten, wichtigen Ort auf Vis. Ich freute mich. Mal schauen, ob denn die Bootstour stattfinden würde. Von oberhalb der Bucht hat man bereits einen tollen Blick auf die Stadt. Und ich muss es vorweg nehmen. Sie ist noch schöner als Vis. Man glaubt wirklich nicht, wie schnell man von Vis aus in Komiža ist. Da merkt man, wie klein die Insel ist. Ich parkte im oberen Stadtteil auf einem großen Parkplatz unter Bäumen und lief die Gassen hinab direkt ins Zentrum der Promenade. Der Komiža-Tower nebst Kastell strahlte mich direkt an, und ich strahlte zurück. Hier war's ja schön. Love at first sight! Und da war auch schon der kleine Stand der Blue Cave Agency.
Blick auf den Komiža-Tower
Natürlich fand die Tour statt. Das Wetter war ja auch herrlich! Zuerst wollte ich noch meinen im Auto zurückgelassenen Rucksack holen; aber nicht, dass die auf einmal ohne mich fuhren. Nee – nix, ich blieb doch lieber da. Die vorsorglich sich unter meinem Short befindliche Badehose musste nun als Ausrüstung genügen. Nach ein paar Minuten kam das Boot und füllte sich dann mit Ausflugswilligen.
Sofort fielen mir eine Dame mit rotem Haar und ihr Freund (eigentlich nur sie) auf, die auch zugestiegen waren. Alsbald kamen wir ins Gespräch, da ihr aufgefallen war, dass ich meine spärlichen Kroatisch-Kenntnisse nutzte a la „Dobar dan“ oder „Hvala lijepa“. Sie schmunzelte und wollte wissen, ob ich denn auch noch mehr kroatische Worte kannte. Ich muss zugeben, allzu viel fiel mir auf Anhieb nicht ein, obwohl man im Laufe der Jahre natürlich Einiges aufgeschnappt hat. Sie lachte ob der doch etwas geringen Kenntnisse, freute sich aber, dass ich überhaupt ein bisschen was wusste. Sie kam aus Rovinj, was der eindeutige Beweis dafür ist, dass Dalmatien schöner ist als Istrien. Wenn schon eine Dame aus dem imposanten Rovinj extra nach Dalmatien fährt, das muss schon was bedeuten! Ist natürlich nicht vollkommen ernst gemeint. Sie wollte eben mal was Anderes sehen. Sie arbeitete und wohnte in Rovinj, und um überhaupt mal ein bissel Urlaub zu haben, sind sie und ihr Freund eben mal rausgefahren nach Vis, was sich als ihre Lieblingsinsel entpuppte. Sie wunderte sich, als ich Ihr von meinem 17-tägigen Urlaub erzählte, dass ich so lange Urlaub in Kroatien machen konnte.
Raus aus dem Hafen!
Wir fuhren aus dem Hafen hinaus, bis wir ihn sicher hinter uns gelassen hatten, und der Fahrer drückte seinen Hebel ganz nach vorn. Plötzlich preschten und sprangen wir über die Wellen, und die Rothaarige schrie vor Freude und Überraschung. Ist natürlich auch immer wieder schön sowas. Wir steuerten auf die Bucht Mezuporat zu. Mezuporat ist ein kleines Dorf auf Biševo, an dessen Anlegestelle es nun mit kleinen Booten weiterging. Eine Gruppe nach der Anderen musste sich anstellen und konnte dann umsteigen. Sicherheitshalber machte ich noch ein Foto von unserem Fahrer. Man weiß ja nie.
Mezuporat
In der Bucht...
Zwischen kleinen Felsen ging es an einer Spitze vorbei; und wir steuerten auf eine Felswand zu. Nun ja, hier konnte es ja wohl kaum sein. Wo war denn nun die Modra Špilja? Ach, da vorn war ein kleines Loch über dem Wasser in der Wand. Da würden wir ja wohl kaum reinfahren können. Doch was sollte das? Unser Fahrer steuerte doch wirklich auf dieses halbe Meter hohe Loch zu. Auf ein Zeichen mussten sich alle so tief ducken wie möglich, und rein ging’s, in das Loch. Unglaublich. Nach einigen Metern konnten wir uns wieder erheben. Das Innere war doch viel größer als gedacht. Nun stakte uns der Bootfahrer mit einer langen Stange durch das Höhleninnere und begann auch Einiges zu erklären. Wir bogen innerhalb der Höhle um eine Ecke und dann…
In der Grotte
Also, so ein starkes, blaues Licht, einen so extremen, blauen und auch großflächigen Schein hätte ich nicht erwartet. Ich liebe Cres und die Blaue Grotte in der Nähe von Lubenice, aber das hier war spektakulärer! Durch ein mehrere Meter unterhalb der Wasseroberfläche gelegenes Loch dringt das Licht der Sonne in die Höhle, die einheimische Fischer schon lange kennen. Bereits in grauer Vorzeit suchten sie im Innern Schutz vor Unwetter. Mit uns waren noch mehrere Boote hier, und wir durchfuhren alle Ecken. Durchaus sehenswert.
Hier ist Einiges los!
Blau!
Im Anschluss wurde sich wieder geduckt, und am kleinen Mezuporat-Hafen stiegen wir wieder in das große Boot. Nun fuhren wir auf die andere Seite Biševos und hielten zuerst unter einer großen Felswand, die uns unser Fahrer zeigen wollte. Dann war Baden in der Sandbucht Porat angesagt. Die Bucht ist recht schön und verfügt zudem über eine kleine Strandbar und eine weitere Konoba. Eine Handvoll Häuser stehen sogar hier.
Unter der Felswand
Sandbucht Porat
Poller mit Boot
In der Bucht steht das Haus von Martin Bogdanović, der hier Wein anbaute. Als seine Hacke brach, entschied er sich, nach Amerika zu gehen, wo er in San Diego Fischer wurde. Er gründete seine eigene Firma. Auf hoher See musste er den Fisch jedoch vorerst kühlen. Martin Bogdanović soll der erste Mann gewesen sein, der zerkleinertes Eis zur Kühlung der Fische einsetzte. So wurde aus einem kleinen Fischer von Biševo einer der wichtigsten Männer der amerikanischen Fischfanggeschichte.
Strandidylle mit Booten
Die weitere Strandkonoba
Da ich nur meine Badehose zum Baden hatte, legte ich mich nach dem Schwimmen einfach in den Sand. Auch die Rothaarige mit ihrem Freund hatte sich ein schönes Plätzchen zum Sonnenbaden gesucht. In der Strandbar – Bambusstreifen hingen atmosphärisch von der Decke – trank ich ein Bier und nahm eine leckere Makrele zu mir. Nach und nach kamen viele zum Baden hier zurückgelassene Touristen in die Bar zum Essen. Anschließend untersuchte ich noch ein wenig das Gebiet hinter der Bucht, indem ich einfach dem kleinen Weg aus der Siedlung heraus ins Inselinnere folgte. Viele alte und kaputte Autos waren hier hinten am Waldrand abgestellt – so macht man das nun mal in Kroatien mit nicht mehr gebrauchten Fahrzeugen. Die Familie der Barbesitzer hatte auch ihr eigenes Haus hier.
Leckere Makrele
Kunstvolles Accessoire
Letztendlich wartete ich in der Nähe der anderen Konoba auf unseren Fahrer, als eine Dame mit einer riesigen Schüssel Pommes zu ihrer Familie auf deren Boot unterwegs war. Sicher für die Kinder, dachte ich. Die essen nun mal am liebsten Pommes. Die Rothaarige und ihr Freund gesellten sich zu mir, und auf ihre Fragen hin erzählte ich noch, was ich in den folgenden Tagen noch so vorhatte. Dann kam unser Fahrer. Er wusste, dass ich Deutscher war und berichtete, dass er für zwei Jahre bereits im Ruhrpott in Deutschland gearbeitet hatte. Aus seinen Gestiken zu urteilen, stand es ihm jedoch bis zum Hals – zu viel Bürokratie, alles sei verboten; dies finge ja schon dabei an, wenn er Holz zum Heizen machen wollte. Also kam er zurück und wohnte nun in Komiža.
Zu sechst – 5 Kroaten und ein Deutscher – traten wir den Rückweg an und verließen die Bucht. Alles was ich dabei hatte, hatte ich ja entweder umhängen oder in den großen Taschen meiner kurzen Cargohose. Doch meine Sonnenbrille konnte ich nicht fühlen. Eben an Land hatte ich sie noch auf – oben auf den Kopf gestülpt – das wusste ich genau, doch jetzt.... Ob sie runtergefallen war? Zum Fahrer sagte ich nur:“ I'm searching for my sunglasses.“ Der Fahrer wendete das Boot und fuhr zurück an den Strand. „Oh no, it's not important“, rief ich nur. Bitte nicht extra wegen mir. „Oh, we have enough time“, war nur seine knappe Antwort. Und dann – warum passiert mir sowas nur immer – fühlte ich das dumme Ding doch seitlich in der Hosentasche. Neeeiiin. Wie peinlich. Ich hielt sie verlegen in die Luft. Sie waren so nett. Niemand war mir böse, und der Fahrer wendete wieder sein Boot. Zum Glück hätten wir ja nun ein Happy End, meinte der Fahrer.
Komiža vom Wasser aus
Auf hoher See hörten wir plötzlich kroatische Lieder im Radio, und meine 5 Mitfahrer sangen alle mit. Für mich klang das wie Peter Maffay auf kroatisch. Als ich den Fahrer fragte, wie es denn komme, dass alle die Musik kannten, nur ich nicht, schmunzelte er. Im herrlichen Komiža legten wir wieder an, ich bedankte mich für die Fahrt und wünschte der rothaarigen Dame noch einen schönen Tag.
Als ich wieder zum Parkplatz kam, offerierte mir der Wächter, nun sofort 120 Kuna zu zahlen. Ich stünde ja bereits über den halben Tag hier, und wenn ich später am Abend stundenweise für den ganzen Tag zahlen würde, wäre es teurer. Ich wollte ja bleiben und zahlte, auch wenn das bestimmt kein Vorteil war. Wer weiß? Vielleicht wollte der Wächter bald nach Hause. Wegen dem weiteren, für den nächsten Tag gebuchten Bootsausflug, hatte ich noch einmal die Agentur Vis Spezial angerufen. Eine Dame versicherte mir, dass entweder der Fahrer des Bootes oder sie mich im Verlauf des Tages zurückrufen würden. Nachdem dies aber wieder einmal ausblieb, entschied ich mich, es am nächsten Tag vor Ort selbst zu versuchen. Vielleicht würde es spontan jemanden geben, mit dem ich fahren konnte. Nun war Komiža-Time – welch prächtiger Ort.
Komiža-Tower
An der Promenade
Ich liebe Komiža!
Das Zentrum
Alte Villen
Zuerst machte ich mich am Komiža-Tower vorbei Richtung Süden auf. Hinter dem Turm, mit dessen Bau die Besiedelung der Bucht begonnen haben soll, befindet sich die kleine Crkva Gospe od Sedam Žalosti. Vor dem Turm erstreckt sich ein großer Wellenbrecher ins Meer hinaus, von dem aus ich einige Fotos schoss. Manche Häuser in Komiža sind direkt ans Wasser gebaut, was mir sehr gut gefällt. Die kleinen Strände Jurkovica und Lučica liegen inmitten des Ortes und werden ebenfalls von alten Steinhäusern umringt. Nach der Kirche Sv. Rok aus dem Jahre 1763 ganz im Süden neigt sich die Bebauung dem Ende zu.
Crkva Gospe od Sedam Žalosti
Idyllische Steinhäuser
Crkva Sv. Rok
Auf dem Rückweg
Über dem Ort thront das Kloster Sv. Nikola, doch bis hinauf war es mir dann doch etwas zu weit, und nun den Parkplatz zu verlassen und erneut zu zahlen, wenn ich später wieder dort parken wollte, erschien mir eher suboptimal. Als ich wieder zurück in der Nähe des Towers war, beschloss ich, eine Pause einzulegen. Das hübsche Bistro Fabrika fesselte mich mit seinen bunten Stühlen. Die Speisekarten erinnerten an Langspielplattencover. Und sie hatten Cocktails! Also erst einmal einen Blue Lagoon. Und da ich noch viel Zeit hatte und mich nicht lösen konnte, genehmigte ich mir noch einen schönen Pina Colada.
Blue Lagoon
Pina Colada
Vom nördlichen Teil der Promenade aus kann man wunderbare Bilder machen, wie ich im Anschluss feststellte. Auch hier fristen wunderbare Gassen ihr Dasein, und es gibt alte Villen und Paläste, die einst reichen Familien gehörten. Ich kam an der allseits bekannten Konoba Jastožera vorbei und wunderte mich, dass kaum Gäste dort waren. Die Konoba war in früheren Zeiten eine Langustenzucht und lockt mit rustikalem Holzgebälk und Sitzplätzen direkt über dem Wasser. Da die Zucht sehr schwierig war, benutzte man die Jastožera später als Lager für die Langusten, die von überall her gebracht wurden. Sie wurde 1883 errichtet, doch erst seit 2002 kann man dort auch zum Essen einkehren und das essen, was noch kurz vorher direkt darunter im Wasser schwamm. Nach einem Umbau vor ein paar Jahren soll sie nun nicht mehr ganz so rustikal aussehen wie zuvor, machte auf mich aber noch immer einen guten und gemütlichen Eindruck.
Blick vom Norden auf das Zentrum
Einfach nur herrlich!
Konoba Jastožera
Am nordwestlichen Ende der Promenade warf ich einen Blick auf die alte Kirche Gospa Gusarica, die Piratenmadonna. Sie birgt die älteste Kirchenorgel Dalmatiens, doch war leider verschlossen. Neben ihr gibt es einen achteckigen Brunnen. Der Legende nach sollen einst Piraten ein altes Madonnenbild aus der Kirche gestohlen haben, es auf offener See über Bord geworfen haben, und es wurde wieder direkt bis vor die Kirche gespült. Daher stammt der sonderbare Beiname des Gotteshauses.
Kirche Gospa Gusarica
Ich entschied mich zum Essen in der direkt neben der Jastožera befindlichen Konoba Bako. Auch diese war spärlich besucht, und ich bekam einen Platz direkt am Wasser. Ob die Zahl der Gäste bereits mit der Nachsaison im Zusammenhang stand? Während des Essens der aufs Haus gebrachten Thunfischpaste, schweifte mein Blick immer wieder zur herrlichen Promenade hinüber. Nach einer durchaus schmackhaften Fischsuppe, brachte man mir meine Languste Buzara, und immer mehr Gäste kamen die Treppe hinab und namen an den Tischen Platz. Dies ging solange, bis jeder Tisch besetzt war. Da war ich vorher einfach zu früh dran. Die Meisten gehen eben erst gegen 20.00 Uhr zum Essen. In der Jastožera war es nun bestimmt genauso voll. Zufrieden und mit vollem Bauch trat ich die Rückfahrt nach Vis an und genoss den Blick von meinem Balkon auf den Hafen.
Hier durfte ich essen!
Languste Buzara
(Besuchte Orte: Komiža)