Es braucht sicher schon handfeste Gründe nach einem Pflegeplatz und guter Gesundheitspolitik/Struktur in einem Land wie Kroatien Ausschau zu halten. Fehlende soziale Kontakte/Bindungen, Sprachbarrieren, gute ärztliche Behandlungsmethoden mit hohen wissenschaftlichen/ärztlichen Niveau sind wohl weitere zu beachtende Aspekte bei einer solchen Entscheidung.
Die eigene Pflegestufe muss ebenfalls beachtet werden sonst gleitet die Begleitung ins höhere Alter in ein reines abzufertigendes finanzielles Problem hinab.
Hallo Forum!
Ich verfolge diese interessante Diskussion und möchte nochmal auf das Zitierte von Burki zurückkommen. Wenn der ältere Mensch zunehmend die Kontrolle über sich und sein Bewusstsein verliert, können nach meiner Erfahrung
soziale und vor allem emotionale Bindungen sehr entscheidend sein für das Wohlbefinden des Pflegebedürftigen.
Wie wird das für Deutsche in Kroatien aussehen?
Ich pflege meinen dementen Vater, Pflegestufe 3, seit längerem und merke sehr deutlich, wie er diese Pflege gerne annimmt, sofern man dies so ausdrücken kann. Zwar kommt der Pflegedienst bei uns 5x/Tag, allerdings muss man sich hier vor zu großen Erwartungen hüten. Die Pflege gelingt nur dann einigermaßen und im Ansatz gut, wenn man den Pflegebedürftigen selbstverständlich als
Individuum respektiert und in allen Situationen so behandelt, dass er seine
Würde nicht verliert, auch wenn er schon wieder hilfloses Kind geworden ist.
Einige unserer Pfleger tun dies auch, andere – zu viele – haben erkennbar keine Einstellung zu ihrem Beruf und zu den Menschen, mit und an denen sie arbeiten. Sie sind ihnen egal, es interessiert sie nicht, ob mein Vater schief im Rollstuhl hängt und gleich herausfällt oder nicht, nachdem sie ihn gerade hineingesetzt haben (technische Hilfen wie Patientenlifter etc. vorhanden). Auch wenn man die Bezahlung der Pfleger sehr zu Recht kritisiert, manchmal ist die Hilfe durch den Pflegedienst gerade eben noch „besser als nichts“.
In Deutschland.
So bin ich immer in der Pflicht und springe ein, korrigiere, spreche Dinge an usw usw. Ohne persönliche Aufsicht wäre die Pflege ein Desaster bei uns.
So wäre aus meiner Sicht zu überlegen bzw. zu eruieren, welche Pflegementalität und überhaupt welches Menschenbild man in dieser Hinsicht in Kroatien zu erwarten hätte. Obwohl ich nun schon oft dort war, traue ich mir da überhaupt kein Urteil zu. Der Pflegeaufwand kann sehr gewaltig werden.
Weiter oben wurde auch schon darauf hingewiesen, dass in Zukunft wohl die
Familie wieder mehr Bedeutung bekommen wird.
Ich glaube das auch, und ich möchte sagen, dass ich als Sohn dies in Ordnung finde, wenngleich eine deutlich bessere finanzielle Unterstützung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen natürlich wünschenswert wäre. Ist ja auch nicht unbedingt ein Widerspruch.
Wenn es mit der Pflege in Kroatien nicht klappt, sind vielleicht doch die eigenen Kinder in Reichweite und auch willens, das Notwendige – ich finde auch: das ethisch Gebotene – zu tun. Dafür werden vielleicht Gespräche in den Familien notwendig sein. Da meine drei Geschwister nichts für meinen Vater tun und ich alleine mit der Arbeit bin, weiß ich natürlich sehr wohl, dass es - realiter - alles andere als selbstverständlich ist, dass "alle mit anpacken", wenn es eng wird.
Und es muss wohl auch generell ein gesellschaftliches Umdenken geben. Es ist für mich befremdlich, dass ich in unserem Stadtteil (etliche 1000 Einwohner) – von zwei weiteren Ausnahmen abgesehen – der einzige bin, der täglich draußen den Rollstuhl mit dem Angehörigen schiebt. Ich sehe allerdings viele Leute draußen mit ihrem Vierbeiner. Bei aller Tier- und auch Hundeliebe (darum geht es hier ja nicht): Hier stimmt doch auch in Deutschland etwas nicht? Wo sind die vielen hundert oder tausend Alten unseres Stadtteils von morgens bis abends? Es tun sich Einblicke in gruselige Wahrheiten auf, die im Alltag für die meisten unsichtbar sind.
Bei den in diesem Strang erwähnten demographischen Entwicklungen in Kroatien drängt sich natürlich die Frage auf, wie man in unserem geliebten Urlaubsland mit dem Problem umgeht, welche finanziellen und menschlichen Ressourcen man für die eigenen und für die zugereisten Alten vorhalten kann.
So scheint mir die Frage der Pflege in Kroatien nicht nur eine finanzielle zu sein, sondern sozusagen auch – vielleicht vor allem – eine emotional-familiär-menschliche.
Manche Dinge kann man nicht kaufen. Dazu gehört die zugewandte Pflege mit und durch die Familie oder die enge Begleitung derselben.
Die würdige Pflege und Betreuung (ein weiteres Feld!) meines Vaters erfordert, dass ich (teilzeitbeschäftigt) Leistungen im Wert von mehreren tausend Euro/Monat erbringe und Tag und Nacht im Einsatz bin. Vielen anderen geht das auch so.
Trotzdem habe ich noch keine Minute bedauert, die ich pflegerisch und in der Betreuung „investiert“ habe, und an jedem Abend konnte ich bisher trotz sehr hoher Dauerbelastung sagen: „Es war ein guter Tag“.
Ich wünsche Euch allen natürlich bleibende Gesundheit hier und in Kroatien, und im anderen Fall allererst „liebe Kinder“, die Euch etwas von dem gerne zurückgeben, was Ihr ihnen Gutes getan habt!
Gruß vom
Eisenbahner