Kapitel 14:
10. Tag – Auf zur Inselmitte
Montag, der 10.09.2018:
Heute blieb ich erst einmal lange liegen, badete und frühstückte ganz gemächlich. Was war es schön hier in Lumbarda! Mit der Hilfe der Einwohner suchte ich noch zwei in den Gassen gut versteckte Kirchen im westlichen Teil des Ortes auf, die mir bis dahin entgangen waren. Doch eine davon war mir beim Fahren durch den Ort von Weitem aufgefallen. In einer Werkstatt bat ich um Hilfe. Eine Australierin, die jedoch regelmäßig im Sommer in Lumbarda weilt, ging sogar ein Stück des Weges mit mir. Schön, wenn man so freundlich unterstützt wird.
Für heute hatte ich eine kleine Wanderung geplant. Von Brdo, einem Ortsteil Žrnovos, sollte es in das Naturschutzgebiet Kočje mit Dolomitenfelsen aus der Kreidezeit gehen. Ebenso gibt es dort die immer wasserführende Mulde Vilin. Also machte ich mich auf nach Brdo und begann mit einem kleinen Streifzug durch den kleinen Ort. Einige Anwohner waren vor ihren alten Häusern in den Gärten am Arbeiten. Das Auto ließ ich unter einem Baum stehen, schnallte mir den Rucksack auf und marschierte zum Naturschutzgebiet. An einer Linkskurve ging auch ein kleinerer Weg geradeaus. Hier wies kein Schild in die richtige Richtung. Ich folgte dem größeren Weg nach links, was sich als richtig erwies. Dann passierte ich die letzten Grundstücke. Der Weg ist auf der linken Seite mit Steinmauern gesäumt. Rechts blickte ich auf den Pelješki-Kanal und die darüber liegenden Berge des mächtigen Sv. Ilija-Massivs.
Morgens in Brdo
Wohnhäuser in Brdo
Wegweiser zum Naturschutzgebiet Kočje
Die Wanderung beginnt...
Blick zum Pelješki-Kanal
Dieser kleine Marsch war gefühlt die erste Wanderung des Urlaubs. Ich war gut gelaunt und strahlte mit der Sonne um die Wette. Zum ersten Mal war ich auf Korčula mitten in der Natur, und das ist für mich immer etwas Besonderes. Vor mir erschien das Schild des Naturschutzgebiets und wies darauf hin, dass der Weg nach links zu den Dolomitenfelsen abzweigen würde. Der Weg wurde zum schmalen Pfad. Es wurde steiniger. Und dann sah ich die ersten Felsen. Ich muss sagen, sie waren höher als ich dachte. Als ich um die erste Felswand herum war, entdeckte ich auf der Rückseite ein kleines Becken, in dem Wasser stand. Das war die Mulde Vilin, die ich also bereits gefunden hatte. Das Wasser sah relativ sauber aus, doch davon getrunken hätte ich nur im Notfall. Das ganze Ausmaß eines wahren Felsenlabyrinths zeigte sich danach erst - riesige Felsen, viele Pfade, sehenswerte Hohlräume zwischen den Felsblöcken, schmale Durchlässe zwischen hohen Wänden, durch die sich das Sonnenlicht zwängte. Die Dolomitenfelsen sind weitaus spektakulärer, als ich es für möglich gehalten hätte, doch um hier herumspazieren zu können, sind gute Wanderschuhe auf jeden Fall Pflicht. Manche der Pfade führen sogar über einige der Felsen. Man kann sich hier hinten sehr gut verlaufen. An manchen Punkten, an denen der Weg sich gabelte, ließ ich meinen Rucksack liegen, da ich sowieso vorhatte, den anderen Weg ebenfalls zu gehen und auf diese Weise nicht dauernd den Ballast mit mir rumschleppen musste. Doch ich musste mich wirklich anstrengen, um dann den Rucksack immer wiederzufinden. Und ich trank, trank, trank. Gut, dass ich genug Mineralwasser dabei hatte.
Bei den Dolomitenfelsen angekommen
Mulde Vilin
Herrlicher Wald
Beeindruckende Größe
Hoch hinaus
Das Gebiet war beeindruckender, als ich dachte
Wundersame Löcher
Im Anschluss versuchte ich noch, den „Märchenwald“ Vilino Korito mit knorrigen Steineichen und zwei Quellen zu finden, doch bleibt dieser wohl für immer vor meinen Augen verborgen. Gut, schließlich ist es ein Märchenwald. Er wird sich versteckt oder mich durch eine Illusion abgelenkt haben. Der Weg, der der richtige hätte sein sollen, führte lediglich auf eine Wiese mit Trockensteinmauern und Schafen. Doch das Hauptziel hatte ich ja bereits erreicht. Nach ca. 2 Stunden erreichte ich wieder mein Auto in Brdo.
Auf dem Rückweg
Wunderbarer Morgen
Kapelle in Brdo
Es war Mittag. Jetzt hatte ich mir eine Abkühlung verdient und fuhr zurück nach Lumbarda. Irgendwie verspürte ich plötzlich die Lust auf ein Eis, was bei mir eher selten vorkommt. Damit man das nicht falsch versteht: Ich esse gern Eis. Doch kommt es dazu eher selten, da ich dann meist doch etwas Anderes vorziehe. Vor dem Hauptplatz in Lumbarda ist eine Eisdiele. Jedenfalls hängt ein Bild mit einem großen Eis an der Wand. Ich fragte nach, doch was war hier los? Eis bekäme man erst am Nachmittag. Häh, wie bitte? Dann fragte ich an der Marina in einem Café. Ich hatte es mir nun in den Kopf gesetzt. Und zwar nicht ein einfaches Eis, nein, ein richtiger Eisbecher sollte her. Das Schild mit dem Hinweis „Sladoled“ war nicht zu übersehen. Nein, Eis hätten sie hier nicht. Es war kaum zu glauben. Nach 50 weiteren Metern kam noch eine weitere Eisdiele. Hier lagen kleine Karten mit Eisbechern auf den Tischen. Ängstlich fragte ich den Herrn hinter dem Tresen, ob sie denn Eisbecher hätten. Er nickte. Puh. Endlich eine Eisdiele, die auch Eis hatte. Ich bestellte einen Früchtebecher für nur 40 Kuna. Klasse. Hier würde ich später noch mal hinkommen, nahm ich mir vor. Wenigstens eine Eisdiele, auf die auch Verlass war.
Endlich ein Eisbecher
So, nun folgte der 2. Teil der Abkühlung. Es ging zum Sandstrand Bilin Žal. Ähnlich wie der auf der anderen Inselseite gegenüberliegende Sandstrand Vela Pržina ist der Bilin Žal ein langer, leicht gebogener, gut besuchter Strand. Ein schöner Platz zum Entspannen. Viele junge Damen sonnten sich auf Liegestühlen. An der Strandbar, die „Konoba Bilin Žal“ heißt, hatte ich gesehen, wie ein Junge doch tatsächlich Girice aß, oder wie man hier sagte: Mala Riba. Sie ließen mich nicht los. Also sprang ich ins Wasser, schwamm eine Runde und bestellte mir als kleinen Mittagssnack eine Portion dieser kleinen Fischchen zusammen mit Brot und einem Bier. Herrlich. Welch ein Genuss. Währenddessen versuchte ich, meinen Rucksack und meine Decke im Blick zu behalten, die ich ein Stück weit entfernt am Strand zurückgelassen hatte. Zufrieden ließ ich mich anschließend auf die Decke fallen und ruhte mich aus. Der Strand Bilin Žal ist durchaus schön und zusammen mit der kleinen Konoba, die sogar Girice anbieten ein echter Tipp, und ich schwamm auch noch eine weitere Runde, doch würde ich dennoch den Vela Pržina vorziehen, wenn ich mich für einen der beiden entscheiden müsste.
Konoba Bilin Žal
Sandstrand Bilin Žal
Am Strand
Girice
Bereit zu neuen Taten fuhr ich zurück zur Inselmitte nach Čara. Der Ort ist vor allem bekannt für seine Weinherstellung. Unterhalb des Dorfs sieht man ein großes Firmengebäude. Hierher kommt also der Pošip Čara! Auch wenn man nach Zavalatica möchte, muss man hier durch. Das sollte auf mich ja später auch zutreffen, aber erst später. Am Dorfplatz herrschte reges Treiben. Hier befinden sich die Post, ein Kiosk und die wichtigste Kirche Sv. Petar. Auffallend ist neben der großen, alten Zypresse am Vorplatz, dass der Uhrturm freistehend, also nicht mit der Kirche verbunden ist. Čara bietet ein paar hübsche, kleine Gassen. Hier befinde ich mich ja stets in meinem Element. Der älteste Teil des Ortes befindet sich oberhalb der Kirche. Auch ein hübsches Kastell aus dem 17. Jahrhundert schaut hier auf den Ort hinab. Verlässt man den Ort Richtung Zavalatica, begegnet man noch der Madonna von Čara – Feld – Kirche. Besonders ist hier, dass bereits vor der Kirche Holzbänke zum Sitzen, Knien und Beten sind. Sowas kennt man normalerweise nur von innerhalb der Kirchen. Ob das so gut ist, dass die Bänke stets Wind und Wetter ausgesetzt sind? Über was ich mir alles Gedanken mache! Insgesamt war ich vom „großen Weinort Čara“ etwas enttäuscht. So groß ist es dann gar nicht. Ich weiß auch nicht, was ich für Vorstellungen hatte. Sieht man es objektiv, ist das Dorf wahrscheinlich gar nicht so übel.
Kirche Sv. Petar
Freistehender Uhrturm
Die Gassen in Čara
Alte Steinhäuser
Kastell aus dem 17. Jahrhundert
Madonna von Čara – Feld – Kirche
Zavalatica ist schön, sehr schön. Es muss gegen halb fünf Uhr nachmittags gewesen sein, als ich hier eintraf. Ein richtig, hübscher, kleiner Küstenort. Vielleicht ähnlich wie Brna. In der Mitte des kleinen Hafens steht eine markante Palme. Der Dorfplatz ist mal richtig, richtig klein. Einige Kinder fuhren mit ihren Fahrrädern auf und ab. Hier befindet sich das Kastell Kanavelić, ein klassisches Steinhaus eines der wichtigsten kroatischen Dichter. Doch bleiben wir ehrlich. Ich fand es nicht. Nun, man kann nicht alles haben. Und immer und immer wieder einen Einheimischen um Hilfe fragen mag man auch nicht. Doch macht auch nichts. Die idyllische Atmosphäre des kleinen Ortes, der sich zu beiden Seiten der kleinen, runden Bucht erstreckt, spürte ich trotzdem. Am Ende des Ortes ragt noch eine lange Mole in die Bucht hinein, die ich selbstverständlich ablief. Manche Stellen der Bucht sind lediglich über rauhe Felsen und eher privat erscheinende, kleine Betonplateaus erreichbar. An der Mole musste ich über einen kleinen Jungen schmunzeln, der laufend eine leere Plastikflasche gegen die Mauer bolzte oder warf. Dann fand er immer wieder einen Grund, sich schreiend kopfüber in das Wasser zu stürzen, um wieder an Land zu klettern und das Ganze wiederholte. So sind Kinder eben. Aber ob ich wirklich auch so war? Hinter der Mole ragten ebenfalls Felsen in die Bucht, auf denen man sich während eines sonnigen Nachmittags herrlich sonnen könnte. Zavalatica bleibt bei mir in schöner Erinnerung.
Zavalatica
Der kleine Hafen
Hier findet man noch etwas Ruhe
Ferienhäuser
Blick vom Hafeninneren
Nun freute ich mich auf Pupnat. Erinnert der Name des Ortes auch an eher unschöne Flatulenzerscheinungen, ist der Ort dafür umso schöner. Pupnat ist der höchstgelegenste Ort der Insel, und man fährt oft daran vorbei, wenn man von Korčula ins Inselinnere möchte. Ich parkte inmitten des Dorfs, das durch sehr viele alte und auch verfallene Häuser besticht. Hier spürt man definitiv noch das alte Leben. Im Studenac-Lebensmittelgeschäft kaufte ich mir etwas zu trinken und noch ein paar Kleinigkeiten. Und ich tat mich mit der Verständigung etwas schwer, da man hier weder Englisch noch Deutsch sprach. Der Laden hatte zwei ältere Angestellte und eine junge, hübsche Dame um die 30 mit braunem, glattem Haar. Mit ihr hatte ich es etwas leichter. Sie war sehr nett, lächelte außerordentlich liebenswürdig und gab mir, was ich wollte. Eine Hübsche.
Ich gab mir Mühe, alle Gassen zu durchwandern, um mir ein authentisches Bild des Ortes zu machen. Gerade im oberen Bereich stehen etliche Häuser, in denen niemand mehr wohnen kann. Denkt man! Ein Haus fiel mir besonders auf. Das Fenster war kaputt, und die „Haustür“ bestand eigentlich nur noch aus einem bisschen Innenfutter, welches mit einer Plane überzogen war. Aber! Ein Wäscheständer mit Kleidung stand vor dem Fenster. Hier wohnte jemand. Es ist kaum zu fassen, unter welchen Umständen manche Einheimische leben. Andere alte Gebäude werden langsam durch die Natur zurückerobert, und das Grün wuchert aus den alten Fensterlöchern. In einem anderen Haus war in der unteren Etage alles zerbrochen. Nur noch loser Bretter und Unrat waren darin zu sehen. Total zerfallen. Vor der oberen Etage thronte aber eine Satelliten-Antenne. Das Fenster war geöffnet und zwei Pflanzen standen auf dem Fensterbrett. Auch hier wohnte jemand trotz des desaströsen Zustands der unteren Etage. Manche der zahlreichen Steinhäuser sind in einem recht guten Zustand und haben bunte Türen. Die stattliche Pfarrkirche der Schneemadonna steht an einem zentralen Platz inmitten des Dorfs. Vor der Kirche befindet sich ein alter Mühlstein.
Der Ort hat noch viele alte Gebäude
Die alten Häuser in Pupnat
Impression aus Pupnat
Pfarrkirche der Schneemadonna
Hinter der Kirche
Plötzlich folgte mir ein hellbrauner Hund. Zuerst saß er mitten in einer Gasse, und ich war mir nicht sicher, ob er mich ohne Weiteres vorbei lassen würde. Ich tat ganz desinteressiert und schaute in eine andere Richtung, so als nahm ich ihn gar nicht war. Das funktionierte, aber kam er dann hinter mir her. Doch war er offenbar von liebem Gemüt und recht zutraulich. Wohin ich auch ging, plötzlich hatte ich einen Hund. Wechselte ich die Richtung, wollte auch er plötzlich in diese. Manche, die uns so sahen, mochten gedacht haben, er gehöre zu mir, was er irgendwie auch tat. An der Post befindet sich ein alter Brunnen. Hier wälzte er sich schließlich im Gras und schien mit einigen Bienen zu kämpfen. Diese Gelegenheit nutzte ich und schlich mich langsam davon, ich fieser Typ. Ich kam schlussendlich zu dem Fazit, dass mir Pupnat außerordentlich gut gefiel.
Inmitten des Ortes
Mein Begleiter
Am Dorfbrunnen
Als das Tageslicht sich langsam zurückzog und ängstlich der Dämmerung wich, begab ich mich in die relativ bekannte Konoba Mate, wo ich einen Tisch bestellt hatte. Ich bekam eine Platte mit Ziegenkäse und Honig als Vorspeise und anschließend eine Schale mit Lammfleisch, Kartoffeln und Erbsen. Die Vorspeise war lecker; das Lamm war so lala.
Lamm-Schale
Bevor ich mich auf meine Terrasse in Lumbarda zurückzog, tätigte ich einen Großeinkauf im Tommy-Markt über der Marina in Korčula und kam mit vier großen Tüten zurück zu meinem Auto. Wenn man hier im Wert eines gewissen Betrages eingekauft hatte, musste man für das Parken im Parkhaus nichts zahlen. Diesen Betrag hatte ich natürlich locker übertroffen.
(Besuchte Orte: Brdo, Čara, Zavalatica, Pupnat)