Hallo,
hier mal ein n i c h t von Emotionen aufgeladener Bericht, sonder ganz sachlich!
[h=1]Kroatiens EU-Beitritt ist der richtige Schritt[/h] Nach und nach beschreiten die ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken den Weg nach Europa. Zuerst waren 2004 die Slowenen dran, und noch bevor mit Serbien auch nur die Beitrittsverhandlungen begonnen haben, ist Kroatien nun als 28. Staat Mitglied der EU. So bekommt die Europäische Union schmucke Städtchen mit vernezianischer oder österreichischer Vergangenheit, eine lange mediterrane Küste, aber auch noch immer nicht ganz abgeklungenen Nationalismus aus den Kriegsjahren, postkommunistische Korruption und aktuell maue Wirtschaftsdaten.
Ein Kommentar von Ralf Borchard, Korrespondent im ARD-Hörfunkstudio Südosteuropa in Wien
Muss das sein, Kroatien als neues EU-Mitglied, gerade jetzt, in der Krise? Wird Kroatien Europas nächstes Sorgenkind? Das fragen sich viele EU-Bürger, vor allem auch in Deutschland. Die Erinnerung an die Griechenland-Krise ist frisch, die Einsicht, dass Rumänien und Bulgarien 2007 zu früh aufgenommen wurden, ist auch in Brüssel weit verbreitet. Trotzdem: Es ist gut, dass Kroatien EU-Mitglied wird. Der Schritt ist richtig.
Ja, Kroatien steckt tief in der Wirtschaftskrise. Aber EU-Schlusslicht ist es keineswegs. Kroatien hat auch nur gut vier Millionen Einwohner, das sind weniger als ein Prozent der EU-Bevölkerung. Und Kandidat für den EU-Rettungsschirm kann es vorerst gar nicht werden, denn der ist Euro-Ländern vorbehalten, und den Euro wird Kroatien frühestens in fünf bis acht Jahren einführen.
Natürlich hat Kroatien auch mit Blick auf Korruptionsbekämpfung, Bürokratie-Abbau, Vergangenheitsbewältigung noch nicht genug getan. Aber: Kroatien wurde länger und strenger geprüft als alle EU-Beitrittskandidaten zuvor. Das Land hat sich enorm verändert, erheblich angestrengt, um auf den Weg zu kommen.
Das ist der entscheidende Punkt: An Kroatien zeigt sich, dass die EU weiter die Kraft hat, ganze Länder zu transformieren. Das gilt auch für die anderen Länder des Westbalkans, die noch nicht EU-Mitglied sind, aber es langfristig werden wollen: Serbien etwa. Fast alles, was in diesen Ländern an Reformen passiert - auch in Montenegro, Mazedonien, Albanien, Kosovo -, passiert aufgrund der EU-Perspektive. Hier ist Europa noch Hoffnungsanker, hier hat die EU noch wirklich Wert.
Der Beitritt Kroatiens hat enorme Symbolkraft in der Region. Die anderen Westbalkan-Länder sehen: wenn man sich anstrengt, kann es klappen mit dem EU-Beitritt. Und Europa hat eine Verpflichtung. Während der Kriege der 90er-Jahre hat die EU auf dem Balkan weitgehend versagt. Jetzt wird die Chance wahrgenommen, den nach wie vor zerbrechlichen Frieden unter dem Dach Europas zu sichern. Damit kehrt die EU auch zu ihrer Ursprungsidee zurück, der Friedenssicherung, einst vor allem zwischen Deutschland und Frankreich, heute in Südosteuropa. Es ist gut, gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise, in der die EU fast nur noch schlechtgeredet wird, sich an diese Ursprungsidee zu erinnern.
Auf dieser Basis lässt sich auch realistisch in die Zukunft schauen: Kroatien wird Jahre brauchen, um aus der Krise zu kommen, wie die EU insgesamt. Brüssel muss weiter Druck ausüben, damit die Reformen in Kroatien weitergehen. Das wollen auch viele Kroaten, die ihrer eigenen Regierung wenig Vertrauen schenken. In Zagreb ist - bei aller Skepsis, die auch vorhanden ist - in diesen Tagen etwas Erfrischendes zu spüren: Es gibt noch Leute, junge Kroaten zum Beispiel, die auf Europa hoffen. Und die sagen: Die EU ist das Beste, was uns passieren kann.
Liebe Grüße
Herbert